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Volkshilfe OÖ: „Es geht darum, den Volksgarten für alle zu verbessern“

Anna Fessler, 26.09.2023 17:01

LINZ. Bisher wurden bei Nutzungskonflikten in Linzer Parks vor allem Verbote ausgesprochen, die Probleme verlagerten sich. Nun geht die Stadt Linz im Volksgarten einen anderen Weg: Sozialarbeiter der Volkshilfe führen Gespräche mit den verschiedenen Nutzergruppen und erarbeiten gemeinsam mit ihnen Lösungsvorschläge.

Volker Atteneder, Bereichsleiter für Kommunale Integration bei der Volkshilfe OÖ, und Sozialarbeiter Markus Stüger (Foto: Tips/Fessler)
Volker Atteneder, Bereichsleiter für Kommunale Integration bei der Volkshilfe OÖ, und Sozialarbeiter Markus Stüger (Foto: Tips/Fessler)

Dazu ist Markus Stüger, Sozialarbeiter bei der Volkshilfe, seit 1. Juli im Volksgarten unterwegs. Unterstützt wird er dabei von Judith Barisic und Wolfgang Schmiedbauer vom Volkshilfe-Projekt ISAR, die seit 2019 Konflikte im öffentlichen Raum entschärfen. In dieser Form ist das Projekt im Volksgarten ein Novum in Linz, es geht auf einen Antrag der Linzer Volkspartei zurück und wird von der Integrationsstelle des Landes gefördert. Wesentlich beteiligt ist auch der städtische Ordnungsdienst, mit dem die Zusammenarbeit ausgezeichnet funktioniere, sind sich Markus Stüger und Volker Atteneder, Bereichsleiter bei der Volkshilfe OÖ, einig.

Nutzungskonflikte entschärfen

Der gepflegte Park in der Innenstadt ist immer wieder Schauplatz verschiedener Nutzungskonflikte, seitens der Politik wurde vor allem der Bereich rund um die Straßenbahnhaltestelle und die unterschiedlichen Gruppen, die sich dort aufhalten, thematisiert. Volker Atteneder sagt, man könne ein gewisses Vermeidungsverhalten beobachten, manche Leute würden nicht mehr durch den Park gehen. „Es gilt jetzt herauszufinden, was wäre möglich, wie kann man diese Konzentration auf das eine Eck entschärfen“, so Atteneder.

Dabei betonen beide Männer immer wieder, dass es darum gehe, den Park für alle zu verbessern. Viele Konflikte würden sich bereits mit einfachen Maßnahmen beheben lassen. „Was es wenig oder gar nicht gibt, sind einander zugewandte Bänke mit einem Tisch. Die Gruppen in der Nähe der Haltestelle sitzen dadurch ,aufgefädelt‘, möchten aber miteinander reden. Dadurch bilden sich Trauben von Menschen auf dem Radweg – dann entsteht schon ein Problem, nämlich eine Verkehrsbehinderung für Radler und eine Engstelle für Fußgänger. Mit relativ einfachen Mitteln ist dieser Konflikt zu lösen“, so Atteneder weiter.

„Kein Interesse am Konflikt“

Die Grundbereitschaft zur Kooperation sei jedenfalls da, berichtet Stüger: „Die Gruppierungen im Volksgarten haben absolut kein Interesse am Konflikt, das wäre kontraproduktiv für sie selbst. Nur durch Architektur und Infrastruktur sind sie oft dazu gezwungen, diese Konflikte zu produzieren. Am meisten überrascht war ich über die einhellige Aussage, dass ein Zusammentreffen mit dem Kinderspielplatz um jeden Preis vermieden werden muss. Das ist eine überraschende Entwicklung und ich glaube, dass es eine gute Basis für konstruktive Diskussionen ist, die uns in die Zukunft führen kann.“

In den Linzer Parks wurden bisher vor allem (Alkohol-)Verbote ausgesprochen, dort bestehende Probleme verlagerten sich, was Stüger und Atteneder bestätigen, man sei nun beim letzten Park angelangt. „Es gibt Regeln, nach denen sich Gruppen verhalten. Ich würde behaupten, dass die notwendige Infrastruktur Punkt Nummer Eins bei der Auswahl ist, nachdem man sich einen Standort aussucht. Dieser Ort zeichnet sich dadurch aus, dass er öffentlich gut angebunden ist.“, so Stüger. Wäre der Volksgarten keine Option mehr, würden sich die Gruppen den nächsten Ort suchen, der eine ähnliche Infrastruktur bietet, wie etwa den Bahnhofsplatz. „In der Vergangenheit haben Verdrängungsprozesse vom Hessenpark über den Schillerpark hierher stattgefunden, die folgen genau diesen Strukturen.“

Erste Lösungsvorschläge zeichnen sich ab

Wichtig sei auch die Unterscheidung zwischen subjektivem Sicherheitsgefühl und der tatsächlichen Situation, sagt Stüger und nennt ein Beispiel dafür: Von der südlichen Seite kommend ist der Volksgarten am Abend schlecht einsehbar. „Man hört aber Lärm und weiß nicht, in welche Situation man da hineingeht, durch bauliche Maßnahmen wäre das schnell lösbar.“ Damit ist schlicht eine bessere Beleuchtung gemeint. Zudem würden die meisten Konflikte innerhalb der Gruppen auftreten, so der Sozialarbeiter. Er zeigt Richtung Spielplatz: „Den klassischen Nutzungskonflikt sieht man hier, an dieser an sich schön gebauten Anlage, die vor allem dazu dienen soll, dass Kinder im Wasser spielen können. Andere Gruppen, beispielsweise Notreisende, brauchen Wasser aus völlig anderen Gründen. Wenn diese Nutzer kollidieren, entstehen nicht nur Dialoge, sondern leider auch Konflikte.“

Keine Bedürfnisse übersehen

Auch die Großschachspieler im Volksgarten hätten in Gesprächen sehr deutlich Bedürfnisse formuliert, wie etwa den Wunsch, bis später am Abend Schach spielen zu können, was bisher nicht möglich ist, weil die Beleuchtung dann ausgeht. „Auch das sind Probleme, um die man sich kümmern muss. Wichtig in meiner Arbeit ist, dass jede Gruppe mit demselben Zeitwert an Beobachtung und Gesprächen bedacht wird, weil man ansonsten solche Dinge übersieht – und neue Konflikte entstehen“, weiß Stüger.

In einem nächsten Schritt wird die Volkshilfe gemeinsam mit den Nutzergruppen konkrete Handlungsvorschläge erarbeiten und mit den politisch Verantwortlichen abklären, was umgesetzt werden kann. Der Wunsch wäre, dass bereits im Winter mit der Umsetzung gestartet wird und die Volkshilfe im Frühjahr mit den Parkbesuchern weiterarbeiten kann – an einem Volksgarten, in dem sich jeder gerne aufhält.

Zum Hintergrund des Projektes

Polizei, Ordnungsdienst und Sozialarbeiter berichteten übereinstimmend, dass manche Personen den Volksgarten zunehmend meiden würden. Grund dafür sei das Verhalten mancher Parkbesucher in Zusammenhang mit Alkoholkonsum. Der Linzer Stadtsenat beschloss darauf einstimmig, das bestehende Konzept ISAR, bei dem Sozialarbeiter der Volkshilfe mit dem städtischen Ordnungsdienst zusammenarbeiten, auszuweiten. Hinzu kam eine Co-Finanzierung mit Mitteln des landesweiten Projekts „Wohnen im Dialog“ der Integrationsstelle des Landes Oberösterreich. Gemeinsam mit den Nutzergruppen wird nun eine Art „Hausordnung“ für den Volksgarten erarbeitet. Experten des Stadtpolizeikommandos, des Ordnungsdienstes, des Magistrats-Geschäftsbereiches Stadtgrün und Straßenbetreuung sowie die Sozialarbeiter der Volkshilfe entwickeln zudem ein Maßnahmenpaket, welches die Einhaltung und Sanktionierung der Regeln ermöglicht.

Integrations- und Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer sagt dazu: „Gerade in Ballungsräumen müssen wir verhindern, dass Problemviertel und No-Go-Areas entstehen. Daher haben wir gemeinsam mit der Stadt Linz und der Volkshilfe das Projekt 'Wohnen im Dialog' auch im Linzer Volksgarten verwirklicht. Konkret geht es darum, gemeinsam mit den Anrainern und Betroffenen eine Hausordnung und klare Regeln zu schaffen, wie das Zusammenleben dort funktioniert. Die Volkshilfe ist hier ein wichtiger Partner, da es neben Sanktionen durch die Polizei und den Ordnungsdienst – wie z.B. bei Alkohol- und Drogenmissbrauch – immer auch Präventions-Arbeit braucht. Nur so schaffen wir im Volksgarten nachhaltig ein funktionierendes Zusammenleben.“


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