Stefanie Kropfreiter: „Ich brenne für Kammermusik“
AMSTETTEN. Die aus Amstetten stammende Stefanie Kropfreiter ist eine sehr vielseitige Bratschistin. Sie wird am 5. März mit dem Ballot Quintett zu erleben sein. Tips-Redakteur Norbert Mottas bat sie zum Interview.

Tips: Wenn man dir beim Bratsche-Spielen zusieht, sieht man, dass du und das Instrument eine Einheit bilden. Seit wann spielst du Bratsche?Kropfreiter: Das freut mich, denn es ist mein Ziel, Instrument und Körper „verschmelzen“ zu lassen. Bei uns Instrumentalistinnen gilt es, anders als bei Sängerinnen, einen „Fremdkörper“ bestmöglich zu integrieren. Dies geschieht nicht von heute auf morgen. Ich habe mit sieben Jahren mit der Geige begonnen und mit zirka 14 auf die Bratsche gewechselt. Ich spiele bereits seit einem Vierteljahrhundert ein Streichinstrument, das überrascht mich gerade selbst ein bisschen.
Tips: Sagst du lieber „Bratsche“ oder „Viola“?Kropfreiter: „Bratsche“ verwende ich häufiger, unter anderem weil sich die Berufsbezeichnung Bratschistin davon ableitet. Der Begriff „Violistin“ ist im Deutschen eher ungebräuchlich. Mein Freund bezeichnet mich gerne als „Bratschologin“, aber das ist seine ganz persönliche charmante Kreation als Nicht-Musiker. Ich hoffe, er schwenkt nicht auf „Viologin“ um, das könnte vor allem in jetzigen Zeiten schnell missverstanden werden…
Tips: Du bist fix bei den Vereinigten Bühnen Wien engagiert und spielst Bratsche in den Musicals Cats und Miss Saigon. Was bedeutet so ein fixes Engagement für dich?Kropfreiter: Seit Herbst 2016 war ich im Orchester der Vereinigten Bühnen Wien (VBW) immer wieder mit Zeitverträgen beschäftigt. Ich habe mich dort immer sehr wohl gefühlt, außerdem mag ich das Musical-Genre. Im Juni 2021 gewann ich im Rahmen des Probespiels eine ausgeschriebene Stelle. Ich bin dankbar, dass es geklappt hat. Gerade in Zeiten wie diesen tut so ein „Boost“ gut, man hat eine gewisse Perspektive. Da es eine Teilzeit-Stelle ist, bleibt mir weiterhin Zeit für meine Ensembles. Das ist mir wichtig, ich möchte meine musikalische Vielseitigkeit unbedingt beibehalten.
Tips: Mit dem Ballot Quartett und dem Ballot Quintett spielst du Kammermusik, bist aber auch in Orchestern, wie dem Bruckner Orchester Linz tätig. Macht das für dich einen großen Unterschied?
Kropfreiter: Ein Orchester ist ein riesiger Klangkörper, von dem man ein kleiner Teil ist. Es kann eine beeindruckende, gewaltige Energie entstehen, wenn mitunter 90 Leute „um ihr Leben“ spielen und man mitten drin ist. Das sind wirklich magische Momente. Gleichzeitig brenne ich für die Kammermusik! Im Ballot Quartett und Quintett sind wir vier beziehungsweise fünf Mitwirkende. Das Setting ist viel intimer, die Atmosphäre eine andere. Alles ist reduzierter, der Klang durchsichtiger, transparenter. In der Kammermusik hat man daher mehr Entscheidungsmöglichkeiten und Interpretationsfreiräume. Es gibt keinen Dirigenten, der das Tempo und so weiter, vorgibt. Besonders in der Gruppe der Streichinstrumente ist man im Orchester anonymer. In der Kammermusik kann ich mehr
Tips: Mit dem Ensemble „Divinerinnen“ spielst du eine ganz besondere Art Wiener Musik. Das Ensemble besteht ausschließlich aus Frauen. Darauf wird im Promotion-Video ausdrücklich hingewiesen. Wie siehst du die Positionen der Frauen in der Musikwelt? Besteht ein Unterschied der Positionen der Frauen in der Klassik und in der Unterhaltungsmusik?
Kropfreiter: Die Initiatorin der Divinerinnen hat ein Kollektiv gesucht, das menschlich und vor allem in musikalischer Hinsicht gut harmoniert. In diesem Fall waren wir sieben Frauen. Da die Szene der Wiener und Schrammel-Musik nach wie vor eher männlich dominiert ist, heben wir uns dahingehend ab. Ich arbeite derzeit vorwiegend mit Frauen zusammen, zum Beispiel auch in der Formation Merve. Als ich an den Musikunis studiert habe, war der überwiegende Teil meiner Mit-Studierenden in meinem Umfeld weiblich, daher ist diese Entwicklung für mich ganz natürlich. Im VBW-Orchester wurden die ausgeschriebenen Stellen letztes Jahr überwiegend mit Frauen besetzt, es gibt nun zum Beispiel eine E-Bassistin und eine Schlagzeugerin. Das Wichtigste für mich ist immer die Musik, das Produkt. Zumindest die erste Runde bei Orchester-Probespielen findet hinter einem Vorhang oder einer Wand statt, man ist eine Nummer. Es zählen die musikalische Qualität, die technischen Fertigkeiten.
Tips: Ich sehe dich öfters am Bahnhof mit der Bratsche im Gepäck. Reist du viel, um zu deinen Auftritten zu gelangen und reist du gern?
Kropfreiter: Ich war vergangenen Herbst als Substitutin im Bruckner Orchester Linz engagiert und in meinem Elternhaus in Amstetten „einquartiert“, da ich fast täglich nach Linz gependelt bin. Mein Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ist seit knapp 15 Jahren in Wien, wo auch die Basis meiner Ensembles ist. Wenn ich außerhalb Wiens zu tun habe, fahre ich hauptsächlich mit dem Zug. Momentan wohne ich zirka zwölf Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt, das ist sehr praktisch. Die meisten meiner Auftritte finden in Österreich statt, daran ist aktuell die Pandemie nicht ganz unbeteiligt. Meine letzte, längere Tournee war bereits 2017, es ging in die USA. Ende März steige ich seit Langem wieder einmal ins Flugzeug, für einen Kammermusik-Auftritt in Südfrankreich. Im Oktober bin ich auf Schiermonnikoog eingeladen, einer Insel der Niederlande. Darauf freue ich mich schon.
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