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Christian Müller-Guttenbrunn: "Die Rückführung von Rohstoffen muss ganzheitlich gedacht werden"

Michaela Aichinger, 13.11.2023 09:32

AMSTETTEN. Das Amstettner Familienunternehmen Müller-Guttenbrunn ist seit Jahrzehnten im Sekundär-Rohstoff-Handel tätig. Aktuell wünscht sich der Konzern „mehr Freiraum und weniger Politik“.

Entsorgte Laufwerke (Foto: Michel Cedric)
  1 / 2   Entsorgte Laufwerke (Foto: Michel Cedric)

Seit 1954 werden trennt die Müller-Guttenbrunn Group (MGG) ausgehend von Amstetten Altautos, Elektro, Eisen- oder Metallschrott sowie Kunststoff in Hightech-Anlagen in die einzelnen Rohstoffe, rezykliert diese und verlängert damit ihre Lebenszeit.

Neues Standbein ist die Wiederverwertung von Photovoltaik-Paneelen. In Summe werden 850.000 Tonnen Material jährlich wiederaufbereitet und rückgeführt. Das entspricht einer CO2-Einsparung von einer Million Tonnen oder der Jahresemission einer Kleinstadt mit rund 130.000 Einwohnern, wie es in einer Aussendung des Konzerns heißt.

Ganzheitliche Denkweise

Geschäftsführer Christian Müller-Guttenbrunn: „Die Rückführung von Rohstoffen muss ganzheitlich gedacht werden. Wer neue Technologien plant, muss bereits zu Beginn die End-of-Life-Lösung denken. Schon am Anfang bei Entwicklung, Design und Produktion eines Produkts sollte klar sein, was einmal in der Wiederverwertung damit passiert. Wir sind als Branche deshalb überlebensnotwendig.“

„Akkus von E-Bikes sind brandgefährlich“

Müller-Guttenbrunn glaubt nicht, dass sich unter dem „Deckmantel des Green Deals“ viele neue Geschäftsfelder auftun werden. Denn bislang sei auch politisch „nur an die Entwicklung“ gedacht worden. „Akkus von E-Bikes machen uns beispielsweise große Sorgen. Diese Li-Ion-Akkus landen im Mischschrott, sind aber brandgefährlich. Jederzeit könnte in den Verwertungsbetrieben deshalb ein Brand ausbrechen. Diese Akkus müssen vorher gesammelt und getrennt werden, dürfen erst gar nicht in den Mischschrott gelangen.“

„Die betroffene Wirtschaft wird politisch nicht eingebunden“

Helfen würde laut Müller-Guttenbrunn, wenn politische Regeln für die Kreislaufwirtschaft unter Einbeziehung der betroffenen Unternehmen geplant werden. Nicht nur die Wege der Verwertung der Rohstoffe seien wichtig für eine gute Zukunft. Es seien auch möglichst kurze Wege für ökologisch und ökonomisch gute Fußabdrücke.

Ein Hemmschuh sind für Müller-Guttenbrunn dabei neue, „zu kurz gedachte“ Regelungen wie jene für Abfalltransporte auf der Schiene. „Der erlaubte Weg mit dem Lkw wird jedes Jahr kürzer. 2025 sind es nur noch 100 Kilometer. Alle längeren Fahrten müssten dann mit der Bahn erfolgen, dieser fehlen aber die Kapazitäten. Der Transport passiert weiter auf der Straße, muss vorher jedoch schriftlich abgesprochen werden. Hier wurde ein neues Bürokratie-Monster geschaffen. Die Politik meint vieles gut, denkt aber zu kompliziert und oft nicht praxistauglich“, meint Müller-Guttenbrunn.

Allein in den drei MGG-Niederlassungen in Österreich seien pro Standort über 2.000 behördliche Bescheid-Auflagen zu beachten, „ohne elektronisches Backup und drei Mitarbeitern wäre das nicht mehr zu überblicken“, so Müller-Guttenbrunn.

Kreislaufwirtschaft als Schlüssel

Sekundärrohstoffhändler kümmern sich von Holz über Papier, Eisenschrott, Metalle und Glas bis hin zu Kunststoffen und Altreifen. Der Fachausschuss in der Wirtschaftskammer Österreich ist die Stimme von 800 solcher Betriebe, die Kreislaufwirtschaft tagtäglich leben.

Ohne dieses Angebot würde die heimische Industrie seit Jahrzehnten viel stärker auf Primärrohstoffe zurückgreifen und auf professionelle, hochwertige Wiederverwertung von Rohstoffen verzichten. Der Bedarf steigt durch gestiegenes Umweltbewusstsein stetig.

Kritische Rohstoffe (Lithium, Kobalt, Nickel oder Kupfer) werden für Elektrogeräte, die Halbleiterindustrie, E-Motoren oder Katalysatoren benötigt. Die Metalle sind aber nicht unbegrenzt verfügbar. Die Rückführung dieser und aller anderen Rohstoffe ist wichtiger denn je.

Die Europäische Union hat mit dem Critical Raw Materials Act 2023 ein Paket auf den Weg gebracht, das die Position jener Unternehmen und Interessensverbände stärkt, die sich für Kreislaufwirtschaft einsetzen. Alternativen, die Ressourcen schonen, sind sprichwörtlich Gold wert. „Wir sind auf einem guten Weg. Recycling und Kreislaufwirtschaft wird immer mehr wertgeschätzt, wir machen das aber schon so lange, da gab es die Begriffe offiziell noch gar nicht“, sagt Müller-Guttenbrunn abschließend.


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