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Bezirk Amstetten: Mangel an Nutztierärzten steht im Raum - Update (18. Dezember)

Michaela Aichinger, 11.12.2023 19:03

BEZIRK AMSTETTEN. Es gibt immer weniger Tierärzte für Nutztiere. Die flächendeckende Versorgung mit Großtierpraktikern ist in manchen Regionen stark gefährdet. Auch im Bezirk Amstetten gibt es laut Johannes Mayer, Berater für Tierhaltung an der Bezirksbauernkammer Amstetten, Engpässe. Dem widersprechen Tierärzte der Region.

Besonders für Milchviehhalter wäre es wichtig, zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Großtierpraktiker erreichen zu können. (Foto: Gina Bromá/stock.adobe.com)
Besonders für Milchviehhalter wäre es wichtig, zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Großtierpraktiker erreichen zu können. (Foto: Gina Bromá/stock.adobe.com)

„Wir brauchen dringend eine Zukunftsstrategie für die tierärztliche Versorgung in unserem Land. Das ist wichtig für das Tierwohl und auch für den Erhalt einer zukunftsfähigen Landwirtschaft“, fordert Andrea Wagner, Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.

Die tierärztliche Grundversorgung sei für die bäuerlichen Betriebe unerlässlich. Um Tiergesundheit und Tierschutz in der Landwirtschaft sicherstellen zu können, brauche es genügend Tierärzte.

Pensionierungen und fehlender Nachwuchs

Der Fachkräftemangel mache aber auch vor den Veterinärmedizinern nicht halt. In den letzten Jahren habe sich der Mangel an Tierärzten für Nutztiere zunehmend verschärft. Aufgrund von Pensionierungen und fehlendem Nachwuchs sei eine künftige flächendeckende tiermedizinische Versorgung akut gefährdet.

Wagner: „Das Berufsbild ist offenbar nicht mehr attraktiv. Nur die Minderheit der jungen Absolventen möchte in die Sparte der Nutztierpraxis einsteigen und sich auf landwirtschaftliche Tiere wie Rinder, Schweine oder Schafe spezialisieren.“

Im Bezirk derzeit zehn Nutztierpraktiker

Einen Mangel an veterinärmedizinischem Nachwuchs sieht auch Johannes Mayer, Berater für Tierhaltung an der Bezirksbauernkammer Amstetten. Er beschreibt die Lage in der Region: „Im Bezirk Amstetten gibt es derzeit zehn Nutztierpraktiker – inklusive Waidhofen/Ybbs sind es 13. Davon arbeiten etwa sieben in Tierarztpraxen mit mehreren Medizinern, die anderen sind Einzelkämpfer. Nun muss man aber bedenken, dass der Bezirk Amstetten bezogen auf die Anzahl an Nutztieren österreichweit der viertstärkste Bezirk ist. So haben wir etwa im Bezirk Amstetten inklusive Waidhofen/Ybbs mehr Milchkühe als im ganzen Bundesland Vorarlberg; Wir haben also viele Betriebe – da sind dann 13 Tierärzte nicht mehr so viel. Man kann sagen: Arbeit gibt es in unserem Bezirk sicher genug!“

„Bei uns gibt es ebenfalls Engpässe“

Mit rund 600 Milchviehhaltern, rund 300 Schweinehaltern, rund 50 Schafe- und Ziegenhaltern, mit mindestens 50 Geflügelhaltern in relevanter Größe (also nicht für den Eigenbedarf) und mit rund 170 Pferdebetrieben sei die Dichte an Viehhaltern in der Region sehr groß.

„Natürlich gibt es in Niederösterreich Gegenden, wo die Lage bezüglich nutztierärztlicher Versorgung krasser ist – etwa im Waldviertel. Aber bei uns gibt es ebenfalls Engpässe, etwa wenn man an das Ybbstal denkt, wo auch die Anfahrtswege länger sind“, erläutert Mayer.

Früher habe es in einer Gemeinde einen Tierarzt gegeben, der eben das Gemeindegebiet betreut habe. Jetzt müssten Tierärzte oft das ganze Mostviertel abfahren.

„Herausforderung, junge Tierärzte zu finden“

Mayer: „Das heißt, es ist derzeit auch nicht garantiert, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Nutztierarzt zu den Betrieben kommt – was aber sehr wichtig wäre, wenn man etwa an Rinderhaltung denkt.“ Es sei einfach eine Herausforderung, junge Tierärzte zu finden, die im Nutztierbereich arbeiten wollen, wo man zum Beispiel Sonntagnacht zu einem Einsatz ausrücken muss.

Zudem treffe das Thema Pensionierung auch den Bezirk: „Die Nutztierärzte in Neuhofen, Euratsfeld und Neustadtl stehen alle vor der Pensionierung – das ist ein Problem. Gleichzeitig entscheiden sich viele junge Tierärzte für den Kleintierbereich – das alles zusammen könnte zukünftig zu einem Mangel führen“, so Mayer.

Tierarzt Mag. Nikolaus Dourakas: „Wir haben im Mostviertel kein Problem“

Wie der Neustadtler Großtierpraktiker Mag. Nikolaus Dourakas berichtet, sei das Thema der Pensionierungen im Bezirk entgegen Mayers Darstellung jedoch kein derart drängendes. In den vergangenen Jahren habe es nur eine Pensionierung gegeben. Gleichzeitig seien jedoch vier neue Tierärzte dazugekommen. Dourakas: „Wir haben im Mostviertel also kein Problem, sondern vielmehr eine gute Versorgungslage. Besonders wir langjährigen Nutztierpraktiker sind rund um die Uhr erreichbar!“

Kurz- und langfristige Maßnahmen in Niederösterreich

Laut Landwirtschaftskammer Niederösterreich brauche es im ganzen Bundesland jedenfalls kurzfristige wie auch langfristige Maßnahmen zur Sicherstellung einer guten tierärztlichen Versorgung auf dem Land. Die Kammer fordert einerseits eine längere Dienstausübungsmöglichkeit von Beschautierärzten, um die größte Not in diesem Bereich zu lindern.

Andererseits seien Maßnahmen zu setzen, die den Zugang zum veterinärmedizinischen Studium für österreichische Studenten wieder erleichtern und die Attraktivität des Tierarztstudiums im Bereich der Nutztierpraxis entsprechend erhöhen.

Kontingent an Studienplätzen

Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich fordert daher, dass an der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein Kontingent an Studienplätzen für jene reserviert werden soll, die den Beruf als Nutztierarzt ergreifen wollen und sich verpflichten, nach Studienabschluss in einer Bedarfsregion als Großtierpraktiker tätig zu sein.

Zudem sei die Einführung eines Stipendiums für Studierende, die eine Nutztierpraxis anstreben, sinnvoll: Dies soll junge Menschen aus den Bundesländern unterstützen und motivieren, sich später wieder im eigenen Bundesland niederzulassen.

Niederlassungsprämie

Die Landwirtschaftskammer fordert zudem die Einführung einer Niederlassungsprämie für Nutztierärzte in Gemeinden, in denen die tierärztliche Nutztierversorgung nicht gewährleistet ist. Auch Modelle zur finanziellen Unterstützung bei langen Anfahrtswegstrecken mit demnach hohen Fahrtkosten seien anzudenken.

Weiters solle das Modell der Gemeinschaftspraxis forciert und Gründungen finanziell unterstützt werden. Dies soll dazu beitragen, Wochenend- und Nachtdienste auf mehrere Tierärzte aufzuteilen. Zudem ist der Tierarztberuf „weiblich“. Gemeinschaftspraxen sollen insbesondere Tierärztinnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern.


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