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Ein Kindergarten ohne Dach und Wände: Projekt Waldwiesel

Margareta Pittl, 20.04.2019 19:55

EMMERSDORF. Sie sind klein, flink und leben im Wald: Die Wiesel. Vor knapp drei Jahren haben sie in einem Hain bei Emmersdorf Mitbewohner bekommen: die Waldkindergruppe Waldwiesel. Zehn junge Mädchen und Burschen verbringen dort ihren Kindergarten-Alltag. Begleitet werden sie dabei von den Pädagogen Teresa Grünauer und Laurenz Garschall. Tips hat die Waldwieselgruppe im Gehölz besucht.

Die Waldwiesel-Pädagogen Teresa Grünauer und Laurenz Garschall vor dem Tipi
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Ein Kindergarten ohne Heizung, Strom, fließend Wasser und Spielzeug – das klingt unvorstellbar. Nicht für Teresa Grünauer und Laurenz Garschall. Die beiden sind Kindergarten- und Waldpädagogen und haben 2016 eine Waldkindergruppe ins Leben gerufen. „Waldwiesel“ nennen sie ihr Projekt. Gut versteckt und abseits von Verkehr und Straßenlärm hat die Gruppe in einem Waldstück der Ortschaft Hain – nomen est omen, könnte man meinen – ihr Lager aufgeschlagen. Ein Tipi bildet das Herzstück und ist der einzige Unterschlupf der Truppe. Egal, ob Regen, Schnee, Wind oder Sonne: Die Waldwiesel sind immer im Freien. „Jedes Wetter hat etwas für sich. Die Kinder sind da ganz offen. Es gibt bei jeder Witterung etwas zu entdecken“, erklärt der Gründer und Leiter von Waldwiesel, Laurenz Garschall. Der Geroldinger hat sich mit dem Projekt gemeinsam mit seiner Emmersdorfer Mitstreiterin Teresa Grünauer einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Die beiden sind seit ihren Ausbildungstagen von der Idee eines Waldkindergartens fasziniert. „Der Wald ist der beste Ort zum Aufwachsen. Es gibt ständig etwas zu entdecken. Die Kinder erleben hier jeden Tag kleine und große Abenteuer“, so Pädagoge Garschall. Davon ist auch seine Kollegin Grünauer überzeugt: „Der Wald entspricht den Bedürfnissen der Kinder. Es gibt hier alles, was es zum Wachsen und Gedeihen braucht. Wenn hier mal etwas verschüttet oder dreckig wird, dann macht das gar nichts. Spielplätze und Hausgärten entsprechen oft einer strikten Anordnung, natürliche Spielräume gehen mehr und mehr verloren“, erklärt Grünauer.

Werkzeug statt Spielzeug

Begonnen hat das Projekt Waldwiesel im Jahr 2016 mit einer Nachmittagsbetreuung, im Herbst 2017 startete man mit sechs Kindern eine Vormittagsbetreuung. Im Herbst 2018 waren es schon zehn Waldwiesel-Kinder, das Maximum wären 15. Jeden Donnerstag wird zudem eine Nachmittagsbetreuung für die Großen, also für Sechs- bis Zehnjährige angeboten. „Bei uns gibt es ganz bewusst kein Spielzeug. Die Kinder sollen so selbstständig und so kreativ wie möglich agieren können und die Umwelt mit allen Sinnen wahrnehmen“, betont Garschall. Was es gibt, sind Werkzeug, Naturbestimmungsbücher, Kreiden, Kostüme, einen großer Wassertank und alles, was der Wald zu bieten hat. Dringende Geschäfte werden im Waldklo – einem Plumpsklo – erledigt. Auf rund zwei Hektar kann sich die Kindergruppe austoben. Der Grundstücksbesitzer stellt den Forst den Waldwieseln kostenlos zur Verfügung. Sollten die Wetterbedingungen für die Kinder zu gefährlich werden, stünde der Pfarrsaal als Ausweichquartier bereit – „gebraucht haben wir den bisher aber noch nie“, berichtet Grünauer.

Fit und ausgeglichen

„Sie sind den ganzen Vormittag an der frischen Luft, bewegen sich viel und der Lärmpegel ist aufgrund der Weitläufigkeit des Geländes sehr niedrig“, erzählt Garschall. Fit und ausgeglichen seien die jungen Waldwiesel deshalb. Und wie kommen Waldkindergartenkinder später in Schulen zurecht? Eine große Umstellung? „Wir wissen von Lehrern, dass sich Kinder von Waldkindergärten gut konzentrieren können, kein Problem mit dem langen Sitzen haben und motorisch sehr geschickt sind. Außerdem sammeln die Kinder wichtige Sinnes- und Bewegungserfahrungen, die sie später, etwa bei Abstraktionen in der Mathematik, brauchen“, erklärt der Geroldinger. Er war vor der Waldwiesel-Gründung viele Jahre in der Kindergruppe Waldfexxx in Egelsee bei Krems als Waldpädagoge tätig.

Aus dem Norden

Österreichweit gibt es rund 30 Waldkindergärten, in Deutschland sind es bereits 2.000. Seine Wurzeln hat das Waldkindergarten-Konzept in Skandinavien – also interessanterweise dort, wo das Wetter noch viel rauer ist. Seit den 1990er Jahren hält das Konzept auch in anderen Gefilden Einzug – zuletzt eben auch in Emmersdorf. „Die Zeit war reif. Die Menschen wünschen sich wieder mehr Natur“, begründet Garschall das Waldwiesel-Projekt. Auf die Frage, wie das Verhältnis zu herkömmlichen Kindergärten sei, betont Garschall, dass es beides brauche. „Wir ergänzen uns“, hält er fest. Am 18. Mai findet übrigens für Eltern und Interessierte ein Info-Tag statt. Wo? Natürlich im Wald in Hain – und das bei jeder Witterung.

Info-Tag für Eltern und Interessenten

18. Mai, 10 bis 12 Uhr

Kontakt

info@waldwiesel.at

02752/20815


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