Kaplan Kenneth wünscht sich mehr Schwung und Leben in der Kirche
FREISTADT. Liebenswürdig, humorvoll, gesellig, herzlich, bemüht: So erlebt die Pfarrbevölkerung von Rainbach, Sandl, Windhaag, Grünbach und Leopoldschlag Kaplan Kenneth Ttyaaba aus Uganda. Zu seinem Ein-Jahres-Jubiläum als Kaplan in der Region bat „Tips“ den 36-Jährigen zum Interview. In schon recht passablem Deutsch erklärt er, wie er mehr Schwung in die Kirche bringen möchte.
Tips: Erzählen Sie bitte ein bisschen von sich und ihrer Heimat Uganda.
Kenneth Ttyaaba: Ich bin 36 Jahre alt, komme aus Uganda in Ost-Afrika, meine Muttersprache ist Luganda und ich habe drei Brüder und fünf Schwestern – ich bin das vierte, also ein Sandwichkind (lacht). Alle Geschwister sind gebildet, sind zur Schule gegangen. Das ist aber in meinem Land nicht selbstverständlich. Viele Kinder können nicht zur Schule gehen, weil es den Familien an Geld fehlt. Das Leben ist sehr einfach, meine Eltern haben eine kleine Landwirtschaft: ein Schwein, eine Ziege, zwei Kühe und ein paar Hühner. Alles, was auf den Tisch kommt, wird im Garten selbst angebaut und geerntet. Es gibt weder Strom noch Leitungswasser. Im Sommer war ich auf Urlaub in Uganda, da habe ich das Wasser aus einer ein Kilometer entfernten Quelle am Kopf nach Hause getragen. Trinken kann man das Wasser aber nur, wenn es zuvor abgekocht wurde.
„Meine Mutter ist sehr stolz auf mich“
Wie ergab es sich, dass sie Priester geworden sind?
Bereits in der Grundschule wusste ich, dass ich Priester werden will. Ich habe unseren Pfarrer immer bewundert. Meine Familie ist auch sehr gläubig, meine Mutter geht jeden Tag in die Kirche. Ihr war es immer wichtig, dass ihre Kinder eine bessere Zukunft haben und eine gute Ausbildung. Sie ist überglücklich und stolz, dass ich Priester geworden bin. Möglich gemacht hat das ein Freund der Familie aus Holland mit einem Stipendium – ich hatte Glück.
„Ich hatte Sorge, ob mich die Menschen hier akzeptieren werden“
Wie sieht ihr bisheriger beruflicher Werdegang aus?
Nach dem Priesterseminar bin ich 2009 zum Priester geweiht worden und habe sechs Jahre lang in Uganda gearbeitet. Eines Tages fragte mich der Bischof, ob ich mir vorstellen könne, nach Europa zu gehen, da es dort an Priestern mangele. Ich hatte zuerst Angst, da ich die Sprache nicht konnte, und auch Sorge, wie es mir als Afrikaner in einem fremden, europäischen Land gehen wird, ob mich die Menschen akzeptieren werden. Aber mein Bischof sagte, ich müsse Vertrauen haben, und so bin ich nach Österreich gekommen.
Die deutsche Sprache als große Herausforderung
Welchen ersten Eindruck hatten Sie von Österreich?
Die Kultur, die Menschen, die Sprache, die Infrastruktur – alles hier ist total anders als in Uganda. Beeindruckt hat mich, wie sich im Straßenverkehr alle an die Regeln halten. In Uganda würde kein österreichischer Autolenker fahren können, dazu braucht es sehr viel Mut (lacht). Die deutsche Sprache ist eine große Herausforderung für mich, aber die Leute sind alle sehr hilfsbereit und es ist eine Ehre für mich, hier als Kaplan arbeiten zu dürfen. Mein Deutsch wird mit jedem Tag besser, ich halte jeden Tag in einer der Gemeinden einen Gottesdienst und habe auch schon Begräbnisse, Taufen und Hochzeiten geleitet. In Pfarrer Anton Stellnberger habe ich einen wunderbaren Chef und in Ronald Mutagubya einen guten Mitbruder (Kooperator in der Pfarre Freistadt und Mitbewohner im Pfarrhof, ebenfalls aus Uganda, Anm.). Ich habe einen guten Beruf, eine schöne Wohnung, bin gesund – ich bin zufrieden mit meinem Leben. Die Angst, die ich am Anfang hatte, habe ich jetzt nicht mehr.
„In Uganda wird in der Kirche gesungen und getanzt. In Österreich fehlt die Lebendigkeit, die Leute sind so steif.“
Kann man die Kirche in Österreich mit jener in Uganda vergleichen?
In Uganda ist der Gottesdienst viel lebendiger, immer mit Chor und Organist. Es wird gesungen und getanzt, die Kirche ist stets voll und der Gottesdienst kann auch mal zwei Stunden dauern. In Österreich dagegen sind die Leute in der Kirche etwas steif, die Lebendigkeit fehlt mir im Gottesdienst schon ein wenig. Aber ich bin trotzdem von jenen beeindruckt, die kommen, denn sie lieben die Kirche und schätzen mich als Priester. Ich habe auch schon öfter junge Leute um ihre Meinung zur Kirche gefragt und sie sagen, die Kirche ist langweilig, es ist immer das selbe, viele Pfarrer sind alt.
„Ich möchte mehr Leute in das Haus Gottes bringen“
Ihre Wünsche für die Zukunft?
Ich wünsche mir in Österreich eine lebendigere Kirche, ich möchte mehr Leute in das Haus Gottes bringen und die Jugend mehr einbinden. Außerdem möchte ich fließend Deutsch sprechen lernen. Ein Wunsch wäre auch noch, dass mich meine Eltern mal in Österreich besuchen kommen können. Am besten im Winter – sie haben noch nie Schnee gesehen!
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