GRÜNAU. Der Kognitionsbiologe und Verhaltensforscher Thomas Bugnyar erforscht die Intelligenz von Vögeln. Beim „2. Biologicum Almtal“ spricht er über „Rabenpolitik. Verständnis und Nutzen von sozialen Beziehungen“.
Tips: Wie sind die Raben so schlau geworden?
Thomas Bugnyar: Das ist genau das, was uns interessiert. Von verschiedenen gängigen Hypothesen bevorzuge ich die sogenannte „Soziale Intelligenz Hypothese“, nämlich dass die Grundlage der Klugheit von Raben in ihrem komplexen Sozialleben zu finden ist: Es geht hier darum, Artgenossen einschätzen zu können (z.B. ob sie als Kooperationspartner taugen oder man sich vor ihnen in Acht nehmen muss), Freundschaften zu schließen und Allianzen mit bestimmten Individuen aufzubauen (die sich im weiteren gegenseitig helfen) und gleichzeitig die Beziehungen anderer Raben zu durchschauen bzw. sogar zu manipulieren (z.B. mögliche starke Allianzen von Gegenspielen zu verhindern).
Tips: Mit welchen Methoden haben Sie herausgefunden, dass die Raben schlau sind?
Bugnyar: Wir benutzen eine Kombination von Verhaltensbeobachtungen (vorwiegend an wilden Raben in ihrem natürlichen Lebensraum) und Experimente (vorwiegend an handaufgezogenen Vögeln in unseren Großvolieren). Die Beobachtungen erlauben uns korrelativ festzustellen, unter welchen Bedingungen interessante Verhaltensweisen und Leistungen überhaupt auftreten. Bei den Experimenten geht es darum, unsere konkreten Ideen mittels Wahlentscheidungen oder Diskriminationsleistungen zu testen. Dafür lassen wir die Raben am Touchscreen-Computer und an Versuchsapparaten arbeiten oder konfrontieren sie mit sozialen und/oder über Playback simulierten Situationen.
Tips: Fördern soziale Beziehungen die Intelligenz?
Bugnyar: Ja. Genau das besagt die Hypothese, und unsere bisherigen Ergebnisse unterstützen diese Vorhersage.
Tips: Kann man diese Erkenntnisse auf Menschen anwenden?
Bugnyar: Bis zu einem gewissen Grad ja. Auch für uns Menschen ist es zentral, Freundschaften und Allianzen zu schmieden; wie wir dabei vorgehen ähnelt sehr dem, was Raben machen. Wir können an Raben somit die Grundzüge unserer sozialen Taktiken studieren, testen inwieweit dazu höhere kognitive Vorgänge nötig sind und letztlich über die evolutiven Zwänge/Selektionsdrücke, die zu solchen Fähigkeiten führen, Auskunft geben.
Das Biologicum Almtal findet heuer bereits zum zweiten Mal statt. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Kurt Kotrschal befasst es sich mit den zentralen Themen der modernen Biologie. Aktuelles Thema ist die „Biopsychologie des Verstandes“.
Termin: Donnerstag, 8. bis Sonntag, 11. Oktober, Pfarrhof GrünauProgramm und Anmeldung: www.biologicum-almtal.at
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