Interview: Theater@Work bringt Lutz Hübners "Blütenträume" in den Linzer Wissensturm
Linz. Die erfolgreiche Linzer Theatergruppe theater@work hat sich als neues Stück „Blütenträume“ von Bestsellerautor Lutz Hübner und Sarah Nemitz ausgesucht. Nicht nur der Wissensturm als außergewöhnlicher Schauplatz, auch das gesellschaftlich aktuelle Thema der Partnersuche alleinstehender, älterer Menschen verspricht, ein besonderer Theatergenuss zu werden. Im Interview erzählt Autor Lutz Hübner, warum sein Stück bei Regisseurin Heidelinde Leutgöb in den allerbesten Händen ist. Premiere: 9. Mai

Tips: Laut Statistik des Deutschen Bühnenvereins sind Sie bereits 1999/2000 zum meistgespielten Dramatiker der Gegenwart auf deutschen Bühnen geworden, was bedeutet das für Sie?
Lutz Hübner: Solche Statistiken spielen für die konkrete Arbeit am Stück keine Rolle. Da stehen für Sarah Nemitz und mich Fragen der Recherche, Form und Figurenerfindung im Vordergrund. Die öffentliche Wahrnehmung eines neuen Stückes steht ganz am Ende eines langen Entwicklungs-prozesses.
Tips: Wie geht es Ihnen dabei, wenn Ihre Theaterstücke auch verfilmt werden? Was wünschen Sie sich für die Linzer Theaterproduktion?
Lutz Hübner: Der Transport eines Stückes in ein anderes Medium heißt, dass die Geschichte den Erfordernissen des neuen Mediums angepasst werden muss. Im Film bedeutet das z.B., mehr über Bilder zu erzählen und in den Szenen und Spielorten mehr springen zu können…Dadurch bekommt man einen neuen, frischen Blick auf die eigenen Stoffe. Für die Blütenträume wünschen uns Sarah und ich, was wir uns eigentlich für alle Stücke wünschen: Die Geschichte ernst nehmen, sie nicht mit äußerlichen Konzepten überfrachten und den Schauspielern Raum geben, weil es ein Schauspielerstück ist. Da ist das Stück in Linz bei Heidi Leutgöb in den besten Händen.
Tips: Im Stück „Blütenträume“, das auch verfilmt wurde, geht es um reife Charaktere, die noch einmal ihr Leben verändern wollen und die große Liebe suchen, und dafür einen VHS-Kurs – in Linz dann direkt im Wissensturm – fürs Online-Flirten besuchen. Wie kamen Sie zu diesem Thema?
Lutz Hübner: Ich glaube, dass solche Hilfsmittel bei der Partnersuche für viele Menschen enorm hilfreich sind und davon abgesehen gab es immer irgendwelche Formen von „Heiratsvermittlung“. Theatertauglich wird so etwas, wenn man untersucht, welche Konsequenzen solche Angebote für das Verhalten des Einzelnen haben. Die Reduktion der Liebessuche auf Begriffe und Gesprächsstrategien gibt ihr einen Warencharakter und da ist es natürlich interessant, durchzuspielen, was das für eine Altersgruppe bedeutet, die aus langer Lebenserfahrung schöpft und andere Begrifflichkeiten hat.
Tips: Warum, glauben Sie, ist die Liebe im Alter noch immer tabuisiert?
Lutz Hübner: Ich würde eher sagen, dass das Begehren im Alter tabuisiert wird. Die Lust auf den anderen und vor allem das sexuelle Begehren. Es ist als Bild und Phantasie an junge Körper gekoppelt, auch bei älteren Menschen. Wie weit das gesellschaftlich bedingt ist oder eine anthropologische Konstante, müsste man näher untersuchen.
Tips: Es geht aber auch um den Generationenkonflikt, der wahrscheinlich immer existieren wird. Wie glauben Sie könnte ein gemeinsames, gutes Miteinander funktionieren?
Lutz Hübner: Schwierig zu beantworten, ohne Phrasen zu bemühen. Das Schlüsselwort ist sicher Respekt: vor der Lebensleistung der Alten und der Veränderungsenergie der Jungen. Im Zusammenleben sind das sicher Konzepte wie Mehrgenerationenhäuser, Nachbarschaftskonzepte, die alle Bewohner nach ihren Fähigkeiten einbeziehen, Modelle, wie das Sandwichphänomen „Pflege der Eltern plus Kinderaufzucht“ für Familien erleichtert werden kann. Kurz gesagt: Man muss gesellschaftliche Solidarität stärken.
Tips: Mit „Frau Müller muss weg“ wurden Sie – vor allem auch mit der Verfilmung – dem breiten Publikum bekannt –, welche Erfahrungen haben Sie selbst mit Lehrern gemacht?
Lutz Hübner: Da müsste man auch über die Erfahrungen mit Eltern sprechen, deren Unterhaltungswert bei Elternabenden den von Lehrern fast noch übersteigt. Konkret ist zu beobachten, dass Schule überfrachtet wird, hoher Erwartungsdruck der Eltern trifft auf ein Kollegium, von dem erwartet wird, vieles zu leisten, was die Politik lösen sollte. Das erzeugt einen Druckraum mit hohem Konfliktpotenzial – ein idealer Ausgangspunkt für Theater.
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