"Wir sind bereit": Die Kultur will, darf aber immer noch nicht
LINZ. Der Posthof startet eine neue Openair-Bühne am Posthof-Gelände um möglichst bald, aber coronasicher, Konzert- und Kulturgenuss zu ermöglichen. Bürgermeister Klaus Luger und die Kulturvertreter nutzten die Gelegenheit der Präsentation für den Appell, umgehend dort Kultur wieder zuzulassen, wo dies möglich ist. Das Testen müsse sich auch lohnen, fordert Luger. Gleichzeitig ist die Motivation, endlich wieder durchstarten zu können, riesig.

Auch wenn die Kulturbranche nach wie vor nicht exakt wisse, wie die Bedingungen im Mai oder darüber hinaus sein werden, „wollen wir ein klares Statement und Ziel abgeben: Wir wollen wieder öffnen, wir wollen den Menschen ein Bedürfnis - und Kultur ist ein Bedürfnis – erfüllen“, so Luger. Der ebenfalls klare Appell des Linzer Bürgermeisters an die Bundesregierung: „Dort, wo die Infrastrukturen passen, wo Covid-Pläne vorhanden sind, wo es keinen Druck auf die Spitäler oder Intensivstationen gibt, muss umgehend eine Öffnung ermöglicht werden. Dort darf man nicht wieder bis Mai oder Mitte Mai zuwarten. Ich sage das als Linzer Bürgermeister sehr bewusst. Wir haben Gott sei Dank im Gegensatz zu anderen Regionen seit einigen Wochen eine stabile Situation was Corona betrifft.“ Die Liva-Häuser mit Posthof und Brucknerhaus würden sich zutrauen, Veranstaltungen unter Auflagen wieder durchzuführen. Es gehe nicht um 1.200 oder mehr Besucher, „aber wir können für 400, 500 Menschen wieder Kultur ermöglichen. Und wir wären bereit dazu, sind einsatzbereit und wir könnten jederzeit starten.“
„Test-Disziplin muss sich lohnen“
Luger beschränkt sich dabei nicht nur auf die Kultur, auch der Besuch eines Fußballspiels, in der Gastronomie – mit Tests – müsse, wo möglich erlaubt werden. „Wir sind keine Hasardeure. Diese Covid-Schutzmaßnahmen – wo so unheimlich viel Arbeit dahintersteckt – würden es uns ermöglichen, wieder zu öffnen. Und ich glaube, die Disziplin, die die Menschen beim Testen haben, muss ich lohnen. Derzeit lohnt es sich nur, wenn man zur Massage oder zum Friseur geht. Und für sonst nichts. Deswegen wird es wichtig sein, dass man – solange der Impfstoff nicht ausreichend da ist - wirklich testen gehen. Wenn man das macht, und sich dann aber kein Symphoniekonzert anhören darf, das verstehen immer weniger Menschen“, so Luger.
„Erstaunt über Kulturnation Österreich“
„Wir staunen immer wieder, dass man in einer Kulturnation wie Österreich nicht etwas differenzierter hineingehen kann in die Thematik Kultur, wo wir uns ja weltweit präsentieren als Kulturnation. Wenn man für eine Oper wie 'Parsifal' täglich mit 400 bis 500 Personen proben kann, verstehe ich persönlich nicht, warum man nicht im Brucknerhaus in Linz nicht für 150 Personen und 4, 5, 6 Musiker öffnen kann“, bezieht sich Dietmar Kerschbaurm, Künstlerischer Leiter der Liva und Brucknerhaus-Intendant auf die aktuelle Wiener Staatsopern-Produktion, die via Stream Premiere feiert. „Wir sind bereit, wir haben unser Konzept, wir hatten auch im September ein erfolgreiches Brucknerfest, und wir hatten bis dato in der geöffneten Zeit keinen einzigen Covid-Fall“, so Kerschbaum.
Florian Ritt: „Kulturbranche ist erfinderisch“
Auch Florian Ritt, Quetschist und Sänger der Band folkshilfe sieht „verrückte Zeiten, in denen es schwierig ist, einen gemeinsamen Nenner auch bei Kunstschaffenden zu finden, weil die Situationen so individuell sind.“ Es sei natürlich monetär eine mittlere Katastrophe, die Förderungen würden teilweise nicht greifen. „Und es ist sehr anstrengend auch für unser Management. Das wird gerne vergessen: abgesehen davon, dass wir lustig ausschauen ist es ja eine Wertschöpfung und Unternehmertum“ wo auch Steuern bezahlt würden. „Und wenn man dann etwas bekommt oder auch nicht, passiert das für mich auf einer Basis, die eigentlich nicht verständlich ist und da könnte man ganz viel schimpfen“, so Ritt.
Aber: Wir sehen, die Kulturbranche ist erfinderisch und passt sich an – wo es eigentlich noch gar nichts zum Anpassen gibt, weil man ja nicht wisse, woran man sich anpassen müsse, bezieht er sich auf fehlende Ansagen zu Veranstaltungen.
„Wir spüren wieder ein Kitzeln“
Und so macht der Posthof den Schritt nach vorne und hat eine neue Openair-Bühne geplant, die ab Mai Musikern, Literaten und Kabarettisten endlich wieder Auftrittsmöglichkeiten geben will. Darunter auch der folkshilfe. “Es ist unglaublich schön ein kleiner Teil davon zu sein und zu wissen – es passiert wieder etwas, man kann optimistisch in den Sommer schauen“, so Ritt.
Posthof-Leiter Gernot Kremser unterstreicht: „Wir haben darüber nachgedacht: Was können wir in dieser schwierigen Situation überhaupt machen - und es ist etwas entstanden. Das ganze Posthof-Team ist so positiv aufgeregt, wir spüren wieder einen Kitzel, es tut sich was.“
Das FrischLuft-Bühnen-Konzept ist flexibel und dynamisch aufgebaut, bis zu 900 Leute hätten Platz, geplant wird mit 500. „Jetzt schauen wir, was uns die Regierung sagt, was wir machen dürfen. Wir behaupten jetzt einfach wir spielen ab 21. Mai für 500 Leute – mit Abstand, mit dem Posthof-Covid-Präventionskonzept, alle müssen sicher sein. Wir bauen auf ein sehr gutes, ausgeklügeltes Konzept, mit sehr viel Selbstvertrauen ins eigene Tun.“
„Wieder Hoffnung geben“
„Es ist nicht selbstverständlich, nicht den Kopf sinken zu lassen, dem Schicksal der Welt zu hadern – sondern zu schauen, was machbar ist. Das ist der eigene Anspruch auch unter Corona-Bedingungen – und die werden wir noch einige Zeit haben“, dankt Luger den Beteiligten für die Initiative.
Kerschbaum: „Wir fahren auf Sicht, aber wir haben Hoffnung, wir geben eine Perspektive – wir setzten an und sagen: Das wollen wir und warten nicht nur ab, sondern wir arbeiten darauf hin. Wir geben hier ein Ziel vor. Momentan sind alle so verunsichert. Wir können davonlaufen, wir können stehen bleiben, oder wir gehen. Ich gehe lieber einen falschen Weg als das ich stehen bleibe. Schön ist es, wenn wir den richtigen Weg gehen. Das ist unser Ansatz, den wir von der Liva haben. Wir haben gesagt wir wollen etwas tun, einen Akzent setzten, Dynamik und wieder Hoffnung geben in dieser Stadt“, blickt der Liva-Chef motiviert in die Zukunft.
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