Weiße Hunde und digitale Trugbilder: Nika Kupyrovas erste große Ausstellung im Lentos Linz
LINZ. Was ist echt, was nur Schein? Die Künstlerin Nika Kupyrova stellt mit ihrer Ausstellung „Simulacra“ im Lentos Kunstmuseum Linz genau diese Frage – und verwischt dabei gezielt die Grenzen zwischen Realität und Illusion, Natur und Technik. Die Schau ist bis Sonntag, 17. August 2025, zu sehen.
In ihrer ersten musealen Einzelausstellung zeigt die mit dem Kardinal-König-Kunstpreis ausgezeichnete Künstlerin Nika Kupyrova eine ungewöhnliche Mischung aus digitalen Fundstücken, Alltagsobjekten und klassischen Bildmotiven. Kupyrova verarbeitet Screenshots, Emojis, Tierfotos und andere Bilder aus dem Internet und überführt sie in vielschichtig erfahrbare, greifbare Kunstwerke – oft gemeinsam mit ihrer Mutter, der klassisch ausgebildeten Malerin Irina Kupyrova.
Ein zentrales Werk der Ausstellung sind vier großformatige Tafeln mit weißen Hunden, deren Bildvorlagen ursprünglich online kursierten. Ihre Dateinamen wie „C696879b62f37ed3d7f7d0204c0d49b8.jpg“ wurden bewusst als Titel der Kunstwerke beibehalten. Kupyrova kombiniert die Darstellungen mit Materialien wie Muscheln, Wackelaugen und skurrilen Objekten – etwa einem Abguss einer Schuhlöffelhand.
Diese Assemblagen greifen ironisch auf Bildwelten des Naturalismus und des Horror-Genres zurück. Die weißen Hunde erscheinen als Marker eines veränderten Bewusstseinszustands – ähnlich dem Übergang zwischen Realität und Simulation. In dieser Schwellenwelt lösen sich die Grenzen zwischen Organischem und Künstlichem auf.
Zwischen Popkultur und technologischem Unbehagen
„Ich verbringe viel Zeit im Internet, was verdeutlicht, von wo viele der Ideen für die Ausstellung Simulacra stammen“, sagt Kupyrova. „Ein Aspekt von viel Bildschirmzeit ist, dass das scheinbar Spielerische der popkulturellen Interpretationen, denen ich im Internet begegne, mit einer bedrängenden Angst über den Zustand der Welt und einem tiefen technologischen Unbehagen einhergeht.“
Diese Ambivalenz durchzieht auch weitere Werke der Ausstellung: etwa eine Metallskulptur in Form eines stilisierten Auges, die an die griechische Göttin der Morgenröte erinnert und sinnbildlich für ein Erwachen aus dem Halbschlaf steht. Auch die daneben positionierte Wandtapete mit Sonnenuntergang verweist auf einen Übergangszustand.
Das für die Ausstellung titelgebende Video „Simulacra“ vereint die Themen der Schau: Zwei animierte Avatare – Gestalten zwischen Mythos, Code und Körper – bewegen sich durch eine dystopische digitale Welt, begleitet von einem unheimlich wirkenden Klangteppich der Musikerin Ai fen.
Keine KI-Bilder, sondern spürbare Materialität
Mit Simulacra lädt das Lentos zu einer Expedition in ein komplexes Referenzsystem ein – von antiken Mythen über Internetmemes bis hin zum Posthumanismus. Die Grenzen zwischen dem, was als real oder fiktiv wahrgenommen wird, verschieben sich ständig. Ein Phänomen, das sich aktuell an durch Deep-Learning-Modelle generierten Bildern zeigt.
„Kupyrova verweigert sich bewusst dem Einsatz KI-generierter Bilder“, erklärt Lentos-Direktorin Hemma Schmutz. „In einer Welt, in der visuelle Reize inflationär sind, fragt die Künstlerin nach dem Status des Originals, nach Wahrnehmung und Bedeutung in einer von Simulation durchdrungenen Gegenwart.“
Die Ausstellung „Nika Kupyrova. Simulacra“ ist bis Sonntag, 17. August 2025, im Lentos Kunstmuseum Linz zu sehen. Begleitend gibt es ein Rahmenprogramm mit Künstlergespräch und Führungen. Mehr Informationen dazu online unter www.lentos.at/ausstellungen/nika-kupyrova
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