Komplementärmedizin bei Brustkrebs sehr gefragt, Ärzte warnen aber vor ungewollten Wechselwirkungen
LINZ. Das Bedürfnis von Brustkrebs-Patientinnen nach komplementärmedizinischer Behandlung ist groß, ebenso das Angebot an pflanzlichen Präparaten vom Johanniskraut bis zur Noni-Frucht. Die Einnahme sollte aber unbedingt mit dem Onkologen abgesprochen werden, denn es gibt nicht nur unseriöse Anbieter und gefährliche Produkte, sondern auch unerwünschte Wechselwirkungen.
Die Brustkrebstherapie entwickelt sich schnell. „Es gibt viele Substanzen, die mit den pflanzlichen Mitteln interagieren. Besonders für die neueren Immuntherapeutika gibt es noch kaum aussagekräftige Studien über die Wechselwirkungen“, erklärt Elisabeth Bräutigam, Ärztliche Direktorin im Ordensklinikum Barmherzige Schwestern. Sicher sei, dass bestimmte Pflanzen etwa die Wirkung der Chemotherapie verringern oder die Verstoffwechselung derartig bremsen, sodass die Substanz länger im Körper bleibt, was die Nebenwirkungen erhöht.
Das können vermeintlich harmlose Inhaltsstoffe wie Johanniskraut, Baldrian oder Kurkuma sein. Vitamin C und antioxidative Substanzen können hingegen negativen Einfluss auf die Strahlentherapie haben. „Man kann die Pflanzenpräparate aber nach Beendigung der Therapie einnehmen – dann wirken sie sehr gut“, weiß Bräutigam, die nicht nur Radio-Onkologin, sondern auch Komplementärmedizinerin ist und betont: „Wir versuchen, das Beste aus beiden Welten zu verbinden und den Menschen ganzheitlich zu behandeln.“ Patienten können sich auch bei der Krebshilfe Oberösterreich telefonisch von der Ärztin beraten lassen.
Reduzierende Wirkung
Beim hormonabhängigen Brustkrebs wird etwa eine spezielle antihormonelle Therapie eingesetzt, die Wechselbeschwerden auslöst. „Die Frauen leiden oft sehr darunter und bekommen Phytoöstrogene empfohlen, die normalerweise bei Wechselbeschwerden helfen. Diese Produkte mit Granatapfel oder Soja können aber die Wirkung der Antihormon-Therapie reduzieren – dürfen also nicht eingenommen werden“, erklärt Bräutigam.
Was dagegen uneingeschränkt empfohlen werden kann, ist Bewegungstherapie. „Yoga und Qi Gong haben nachweislich eine gute Wirkung auf die Lebensqualität. Akupunktur hilft bei Müdigkeit und Schlafproblemen.“
Internetmythos Vitamin B17
Derzeit im Trend ist Methadon, ein synthetisch hergestelltes Opioid. „Davon raten wir aber dringend ab, weil es sehr viele Nebenwirkungen hat“, warnt Bräutigam, ebenso wie vor Vitamin B17: „Das Vitamin B17 gibt es gar nicht, das ist ein Internetmythos. Es wird aber als Krebstherapie angeboten und ist lebensgefährlich. Es handelt sich um Blausäure aus Marillen-Kernen, die giftig ist und Herz-Rhythmus-Störungen auslösen kann.“ Auch vor Benzin- und Petroleum-Trinkkuren und der Einnahme von ätherischen Ölen rät sie dringend ab.
Ebenfalls im Trend sind die antioxidativ wirkenden Substanzen aus der Noni-Frucht und der Maqui-Beere. „Diese sind grundsätzlich in Ordnung, man muss aber die Wechselwirkung mit Chemo- und Immuntherapien überprüfen“, sagt Bräutigam. Cannabidiol zeige vor allem gegen Übelkeit und als Appetitanreger gute Wirkung, vorausgesetzt, die Zusammensetzung des Präparats passt.
Bereits ein Klassiker in der onkologischen Komplementärmedizin ist die Misteltherapie. Zahlreiche Studien belegen einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität und eine Verringerung der Müdigkeit nach der Chemotherapie.
Auf alle Fälle empfehlenswert sind auch Bewegungstherapien und die kontrollierte Einnahme von Vitamin D. „Das hat keine Wechselwirkung mit einer Chemotherapie und ist für Brustkrebs-Patientinnen sehr wichtig“, sagt Bräutigam. Eine Ernährungstherapie ist ebenfalls sinnvoll, muss aber individuell auf die Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall oder Nährstoffmangel abgestimmt werden.
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