"Ich will mich nicht kaputt machen": Anschober tritt zurück - Update (12.45 Uhr)
WIEN/STEYREGG. Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) tritt zurück – aus gesundheitlichen Gründen, wie er am Dienstag in einer persönlichen Erklärung bekannt gab. Anschober befand sich zuletzt im Krankenstand. Sichtlich berührt verkündete der 60-jährige Steyregger seinen Rückzug, er wolle sich nicht kaputt machen. UPDATE: Der Wiener Wolfgang Mückstein, Allgemeinmediziner, Parteimitglied der Grünen und Mandatar der Wiener Ärztekammer, wird neuer Gesundheitsminister.

„Ich habe vor gut 15 Monaten eine schöne, herausfordernde Tätigkeit übernommen, habe meine Funktion mit wirklich größter Freude begonnen. Es ist nicht nur ein Gesundheitsministerium, sondern auch ein starkes Sozialministerium, ein Konsumentenschutzministerium, ein Ministerium für eine Pflegereform, für Ernährungssicherheit und für Tierschutz“, so Anschober.
Über Nacht habe sich aber das Leben aller massivst verändert, das Ministerium sei über Nacht zur Steuerungszentrale gegen die Pandemie geworden. Weder die EU noch irgendein Mitgliedsstaat seien auf die Pandemie vorbereitet gewesen, „das muss man selbstkritisch zur Kenntnis nehmen.“
„Erhebliche Mühlen“
Es seien auch „erhebliche Mühlen entstanden, um den Konsens zu schaffen zwischen Verantwortung und Zeitdruck“, durchaus habe es einen Schuss Populismus und einen Schuss Parteitaktik gegeben, der zu spüren war. „In einer Pandemie ist niemand fehlerlos – es ist Neuland, das wir beschritten haben und jeden Tag wieder beschreiten. Dennoch glaube ich, dass trotz Fehler sehr, sehr vieles richtig gemacht worden ist in diesem Land.“
Die Aggressivität habe zugenommen, von einem kleinen Teil der Menschen, Anschober habe Morddrohungen bekommen, stand seit November unter Polizeischutz, „auch mir nahestehende Personen wurden bedroht.“ Durch den Polizeischutz sei ihm aber auch eine Quelle seiner Energie genommen worden – unbefangene Gespräche in der U-Bahn, im Zug, auf der Straße.
„Seit einigen Wochen nicht mehr fit“
„Ich habe in diesen 14 Monaten versucht, wirklich alles zu geben, mit aller Kraft Verantwortung übernommen, als einer von vielen mitgearbeitet. Ich habe seit 14 Monaten quasi durchgearbeitet und habe mich dabei ganz offensichtlich überarbeitet“, so Anschober in seiner Erklärung.
„Seit einigen wenigen Wochen bin ich nicht mehr voll fit, mir ist teils die Kraft ausgegangen, mit zunehmenden Kreislaufproblemen, steigenden Blutdruckwerten. Mein Grundzugang ist: Für eine Erkrankung braucht sich niemand schämen. Als ich vor neun Jahren ein Burnout hatte, war es für mich völlig selbstverständlich, offen damit umzugehen.“
Aber: Es sei jetzt kein Burnout. „Ich weiß ganz genau, wie sich das anfühlt, da würde ich nicht hier stehen, da hat man die Kraft nicht mehr dazu. Ich bin überarbeitet und ausgepowert. Das ist es. Ich habe mit meinen Ärzten gesprochen – die haben mir Schonung und Auszeit geraten. In jedem Beruf müsste dies möglich sein, aber wir sind in keiner normalen Situation, ich bin daher in den letzten Tagen zu folgendem Entschluss gekommen. Erstens: Die Republik braucht einen Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit ist, das bin ich derzeit nicht. Zweitens: Diese Pandemie, die macht keine Pause, daher kann auch ein Gesundheitsminister keine Pause machen und Auszeit nehmen. Drittens: Ein Gesundheitsminister ist für die Gesundheit da, auch für die eigene. Ich kenne mich seit 60 Jahren, ich weiß: Auch wenn ich nur 50, 60, 70 Prozent Fitness habe, ich will 100 Prozent Leistung bringen – das geht auf Dauer nicht. Ganz klar formuliert: Ich will mich nicht kaputt machen.“
„Werde meine Funktion niederlegen“
„Ich habe mich deswegen in Absprache mit meinen Ärzten dazu entschieden, meine Funktion als Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz niederzulegen. Ich habe den Bundespräsidenten gebeten, mich mit kommendem Montag von meiner Amtstätigkeit zu entbinden, dann wird voraussichtlich auch mein Nachfolger angelobt“, so Anschober.
Bis dahin werde ihn Vizekanzler Werner Kogler vertreten.
Jetzt wolle er eine gute Übergabe sicherstellen, sich die nächsten Wochen auf seine Gesundheit konzentrieren. Noch habe er keine konkreten Pläne, „aber ich werde, sobald ich wieder fit bin, mein Wissen aus fast 18 Regierungsjahren weitergeben.“ Auch wolle er einen Roman schreiben, so Anschober.
Mit Tränen kämpfend
Ein sichtlich gerührter und mit den Tränen kämpfender Anschober bedankte sich zum Abschluss seiner Ansprache „bei meiner wirklich großartigen Partnerin, mit der ich in letzten Monaten so richtig zusammengewachsen bin“, bei seiner hervorragenden Kabinettschefin und seinem tollen Team, bei der Grünen Regierungsfraktion und bei jenen, die ihn unterstützt haben. „Ich sage auf Wiedersehen“.
UPDATE: Mückstein folgt Anschober als Gesundheitsminister nach
Wenige Stunden nach dem Rücktritt von Gesundheitsminister Rudolf Anschober gab Vizekanzler Werner Kogler nun dessen Nachfolger bekannt. Wolfgang Mückstein wird künftig das Amt des Gesundheitsministers bekleiden. „Ein Mann aus der Praxis“, so Kogler. Mückstein praktiziert in Wien als Allgemeinmediziner, ist Parteimitglied der Grünen und Mandatar der Wiener Ärztekammer. Details auf www.tips.at/n/531441
Anschober seit 1990 in der Politik
Das grüne Urgestein Rudi Anschober war von 1986 bis 1990 Sprecher der Grün Alternative OÖ, zog 1990 in den Nationalrat ein. Zuvor war er als Volksschullehrer und Journalist tätig. Ab 1997 wurde er Landtagsabgeordneter in OÖ und Klubobmann der Grünen in OÖ, war auch Landessprecher der Grünen OÖ. Von 2003 bis 2020 war der 60-Jährige Landesrat in Oberösterreich, im Jänner 2020 wurde er in der türkis-grünen Bundesregierung als Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz angelobt.
Hier zu lesen: Politische Reaktionen auf Anschobers Rücktritt.
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13.04.2021 12:08
An Menschenfreund
Lieber Menschenfreund, du bist der Idiot
13.04.2021 10:36
Ich will mich nicht kaputt machen lassen ...
Danke, du Idiot. Wir auch nicht! Hunderttausende sind bereits kaputt und haben in den vergangen fünfzehn Monaten kein oppulentes Salair dafür erhalten, dass sie sich zur Aushilfe eines weltweiten Verbrechens von unvorstellbarem Ausmaß gemacht haben. Fahr' zur Hölle, nimm den Kurz mit und kommt nie wieder!