"Luftgselchter" bekommt Konkurrenz im Strudengau: Waldhausener Mumien können ab 6. September in neu gestalteter Gruft besichtigt werden
WALDHAUSEN. In der Gruft unterhalb des ehemaligen Chorherrenstiftes Waldhausen befinden sich drei (Teil)Mumien, die bislang nicht öffentlich zugänglich waren. Am 6. September um 14 Uhr werden die Waldhausener Mumien in der Stiftskirche der Öffentlichkeit präsentiert.

Für ihre naturwissenschaftlich- medizinische Untersuchung konnten der Münchner Pathologe und Mumienexperte Prof. Andreas Nerlich und die Rechtsmediziner Dr. Peter Hofer und Prof. Oliver Peschel (letzterer bekannt als Konservierungsbeauftragter für die Eismumie „Ötzi“) gewonnen werden. Dieses Team war bereits 2017/2018 für die Befundung der Mumie aus St. Thomas am Blasenstein, dem sogenannten „Luftgselchten Pfarrer“, zuständig. Die Mumien aus Waldhausen sind nicht ganz so gut erhalten wie die prominente Mumie aus St. Thomas, da während der NS-Zeit die Gruft verwüstet wurde. Erste naturwissenschaftliche Untersuchungen durch Dr. Bernhard Mayer (Wien) im Jahr 2001 konnten die Ursache für die Mumifizierung nicht klären. Da zwischen den Mumien aus Waldhausen und dem Mann aus St. Thomas, der Konventsangehöriger im Stift Waldhausen war, Ähnlichkeiten bestehen, wurden die Ergebnisse mit Spannung erwartet.
Sterblich Überreste in München unter die Lupe genommen
Am 7. Juni 2019 erfolgte die Überstellung der sterblichen Überreste nach München. Dies gestaltete sich nicht ganz einfach, da der ursprüngliche Gruftzugang vermauert worden war und die Mumien daher durch ein kleines „Kellerfenster“ geborgen werden mussten. Computertomographie, Radiokarbondatierung, chemische und mikrobiologische Analysen etc. ermöglichen Kenntnisse über Alter, Herkunft, Lebensgewohnheiten und Krankengeschichte. Bei den Bestatteten handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Pröpste des 17. Jahrhunderts. Sie genossen zwar eine gute Nahrungsversorgung, waren aber dennoch nicht unbedingt bei bester Gesundheit. Unter anderem litten sie an Arteriosklerose bzw. Lungentuberkulose. Bei der Interpretation der medizinischen Befunde verdichtet sich daraus das Bild jenes Menschen, der einst mit diesem Leib sein Leben zugebracht hat. Das tote Individuum wird im Sinne der „Memoria“ wieder als Mensch mit seiner Würde greifbar.
Neu gestaltete Gruft als künftige Ruhestätte
Nach ihrer Rückkehr wurden die Mumien in einem neu gestalteten Teil der Kirchengruft beigesetzt und können nun besichtigt werden (Eintritt per Münzautomat zwei Euro). Bei der Präsentation wurde behutsam vorgegangen, denn die Darstellung eines toten Körpers sollte ja gerade dem Bewusstmachen und der Wissensförderung zu den meist so unbeliebten Themen Tod und Vergänglichkeit dienen. Die Unterstützung der Münchner Wissenschaftler bei der Befundung sowie den begleitenden konservatorischen Maßnahmen an den Mumien bedeutet ein großes Entgegenkommen für die Pfarre Waldhausen. Ermöglicht wird dies durch die finanzielle Unterstützung des Vereins „Archäomedizin – Förderverein für interdisziplinäre Paläopathologie e. V.“ in München. Begleitet wurden die Maßnahmen durch das Kunstreferat/Diözesankonervatorat der Diözese Linz.
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