Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Arbeiterkammer Perg-Bezirksstellenleiter: „Aktuelle Bilanzzahlen zeigen, wie wichtig die Arbeit der Betriebsräte ist“

Markus Hochgatterer, 08.02.2022 10:00

BEZIRK PERG. Um ihre rund 28.000 Mitglieder in unterschiedlichen Belangen zu unterstützen, hatte das Team der Arbeiterkammer Perg 2021 alle Hände voll zu tun. Bezirksstellenleiter Kurt Punzenberger präsentierte bei einer Video-Pressekonferenz an der Seite des neuen AK-Oberösterreich Präsidenten Andreas Stangl die Zahlen.

Online-Bilanz-Pressekonferenz der AK Perg am 3. Februar 2022 mit Bezirksstellenleiter Dr. Kurt Punzenberger und AK-Präsident Andreas Stangl (Foto: AK OÖ / Wolfgang Spitzbart .)

Im abgelaufenen Jahr wandten sich 5.896 Mitglieder mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die AK Perg. 4.277 der Ratsuchenden nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch. 1.333 kamen persönlich in die Arbeiterkammer, um sich Hilfe und Unterstützung zu holen. Weitere 280 Mitglieder wollten Auskünfte per E-Mail.

Fast 2,1 Millionen Euro Vertretungserfolg

„Bei vielen Arbeitsrechtsproblemen reicht eine Beratung nicht aus. Die AK muss bei den Arbeitgebern intervenieren, und wenn das nichts bewirkt, vor Gericht gehen, um den Arbeitnehmern zu ihrem Recht zu verhelfen“, sagt Punzenberger.

Wo die AK Perg 2021 einschreiten musste

Durch außergerichtliche Interventionen in 91 Fällen wurden 347.744 Euro an vorenthaltenem Entgelt hereingebracht. Durch Rechtsvertretung vor dem Arbeitsgericht mussten in 26 Fällen 93.618 Euro erkämpft werden. Im Jahr 2021 wurden 117 Fälle gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen. Hauptsächliche Gründe der Rechtshilfen und -vertretungen waren Differenzen um die Endabrechnung bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (61), offenes laufendes Entgelt (21) sowie Beanstandungen von fristwidrigen Kündigungen oder unbegründeten Entlassungen (13). Die eingeforderten Beträge reichen von 98 Euro bis zu 84.600 Euro. „Von diesen 117 Fällen stammen 103 aus Betrieben ohne Betriebsrat. Daran erkennt man, wie wichtig eine betriebliche Interessenvertretung für die korrekte Bezahlung der Arbeitnehmer ist“, betont der Perger Bezirksstellenleiter.

Sozialrechtsangelegenheiten als größter finanzieller Brocken

In Sozialrechtsangelegenheiten erstritt die AK Perg im vergangenen Jahr 1.625.762,32 Euro. Dabei ging es hauptsächlich um Pensions- und Rentenansprüche sowie um Pflegegeld. In Summe hat die AK Perg somit im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 2.079.750 Euro erreicht.

Fälle aus der Praxis im Bezirk Perg

Um einen Einblick in Einsatzbereiche der AK-Mitarbeiter zu erlangen, präsentierte Bezirksstellenleiter Kurt Punzenberger auch Fallbeispiele. Etwa folgendes aus dem Bereich Arbeitsrecht, wo 22.000 Euro für eine zu Unrecht entlassene begünstigte behinderte Frau erkämpft wurden. Mehr als 17 Jahre lang war eine Arbeitnehmerin aus dem Bezirk Perg als Ordinationshilfe in einer Arztpraxis beschäftigt. Als begünstigte Behinderte galt für sie ein besonderer Kündigungsschutz. Sie hätte daher nur nach vorheriger Zustimmung des Sozialministeriums Service gekündigt werden können. Dieses Verfahren und wohl auch die Entgeltfortzahlung bis zur Entscheidung des Sozialministeriums Service sowie die gesetzliche Abfertigung von 6 Monatsentgelten wollte sich der Arbeitgeber offenbar ersparen und sprach eine sofortige Entlassung aus. Die Frau ließ sich das aber nicht gefallen und wandte sich an die AK-Perg um Hilfe. Auch die Rechtsexperten der AK Perg kamen zu dem Schluss, dass die vom Arbeitgeber angeführten Gründe keineswegs ausreichten, um eine Entlassung zu rechtfertigen und forderten alle offenen Ansprüche, die durch die ungerechtfertigte Entlassung entstanden waren, für ihre Mandantin ein. Der Arbeitgeber beharrte zunächst darauf, dass die Entlassung zurecht erfolgt sei. Vor einem Gerichtsverfahren scheute er aber dann offenbar doch zurück und bot einen außergerichtlichen Vergleich an. Da das Angebot nur einen Bruchteil der geforderten Summe umfasste, riet die AK der Frau von diesem Vergleich ab. Der Arbeitgeber verbesserte darauf hin sein Vergleichsangebot deutlich. Die Frau nahm es schließlich an und bekam dank AK-Hilfe 22.125 Euro nachgezahlt.

Ein weiteres Beispiel - diesmal aus dem Bereich Sozialrecht: Ein 60-jähriger Angestellter aus dem Bezirk Perg litt nach einem Schlaganfall an einer massiven Einschränkung des Sichtfeldes auf beiden Augen, starken Kopfschmerzen nach kurzer Zeit beim Lesen und Arbeiten am Computer, Merkschwäche, Schlafstörungen und Angstzuständen. Dennoch wurden sowohl sein Antrag auf berufliche Rehabilitation als auch jener auf eine Berufsunfähigkeitspension abgelehnt. Der verzweifelte schwerkranke Mann wandte sich an die AK-Perg um Hilfe. Die Rechtsexperten/-innen der AK kamen zu dem Schluss, dass der Mann keineswegs arbeitsfähig war und gingen für ihn vor das Arbeits- und Sozialgericht: mit vollem Erfolg. Der Mann erhielt rückwirkend die Berufsunfähigkeitspension.

AK OÖ-Präsident fordert: „Sofortige Entlastung der Beschäftigten in Gesundheit und Pflege!“

Der neue AK Oberösterreich-Präsident Andreas Stangl nutzte bei der Videokonferenz auch die Gelegenheit, auf aktuelle und künftige Herausforderungen einzugehen. Dazu zählt für ihn die sofortige Entlastung der Beschäftigten in Gesundheit und Pflege. Stangl: „Die Corona-Krise hat überdeutlich gemacht, dass alle Beschäftigten in Pflege- und Gesundheitsberufen dringend entlastet werden müssen. Beim Corona-Bonus fordert der AK-Präsident eine sofortige Korrektur. Er wurde viel zu wenigen Beschäftigten zuerkannt - zum Beispiel ging der Rettungsdienst völlig leer aus - und selbst von diesen haben ihn nicht alle erhalten – z.B. bei einem Arbeitgeberwechsel. Die Covid-Prämie muss daher sofort auf alle Beschäftigten ausgeweitet werden.“ Der AK-Präsident fordert weiters, dass sowohl in den Krankenhäusern als auch in der institutionellen und mobilen Pflege das Personal so rasch wie möglich um 20 Prozent aufgestockt wird, verteilt über alle Berufsgruppen. „Alleine bis 2025 fehlen in den Mobilen Diensten und Heimen mit vorsichtiger Schätzung 1.600 Vollzeitstellen: Mehraufgaben und neue Anforderungen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Und in den Krankenhäusern braucht es 6.025 zusätzlicher Dienstposten in der Pflege, nur um Pensionierungen und den Mehrbedarf durch Bevölkerungsentwicklung zu stemmen. Ein Umlegen dieser Zahlen auf einzelne Bezirke ist leider nicht möglich, weil es keine offiziell verfügbaren Daten zu Pflege und Betreuung auf Bezirksebene gibt. Diese werden unter Verschluss gehalten“, kritisiert Stangl.

Sozial gerechter Klimaschutz

Für den neuen AK-Präsidenten ist insbesondere in Oberösterreich auch eine sozial gerechte Klimapolitik ein Gebot der Stunde. Ein starker, aktiver Staat müsse dabei die Führungsrolle einnehmen. „Dazu braucht es eine Industriestrategie, die Infrastruktur, Bildung und Forschung, Arbeitsmarkt und Regionalpolitik in einem Zukunftskonzept vereint. Politik, Arbeitnehmer- und Unternehmensvertretung, Ökonomenen und weitere Experten sollen die Strategie und die konkreten Maßnahmen dazu gemeinsam erarbeiten. CO2-Steuern auf Konsum sind aber sozial ungerecht. Sie belasten die ärmeren Bevölkerungsschichten am stärksten. Besonders belastet werden auch die Pendler. Nur 17,1 Prozent der Arbeitnehmer aus dem Bezirk Perg haben ihren Arbeitsplatz am Wohnort. 30,3 Prozent pendeln im Bezirk und ganze 52,6 Prozent müssen aus dem Bezirk auspendeln. 41,5 Prozent der Perger Pendler müssen dafür hin und retour mindestens 40 km und 25, 4 Prozent mindestens 60 km und 10 Prozent sogar mindestens 100 km zurücklegen. Bei einer mittleren täglichen Wegstrecke von 45 km legen Oberösterreichs Pendler jährlich insgesamt 4,8 Milliarden Kilometer zurück. Somit verursacht der Arbeitsweg für sie beim aktuellen Benzinpreis alleine Spritkosten in Höhe von mindestens 500 Millionen Euro. Im Interesse der Pendler braucht es einen flächendeckenden Ausbau des öffentlichen Verkehrs - vor allem auch in jenen ländlichen und peripheren Regionen, die diesbezüglich bislang vernachlässigt wurden. Park-and-Ride-Anlagen, die den Umstieg auf die Hauptlinien von Bus und Bahn erleichtern, sowie sichere Radwege abseits der Hauptstraßen müssen massiv ausgebaut werden. Vor allem braucht es für den Bezirk Perg zusätzliche direkte Zugsverbindungen auf der Donauuferbahn nach Linz. Solange es für viele Pendler vor allem in ländlichen Regionen für die Fahrt zur Arbeit aber keine öffentliche Alternative zum Privat-PKW gibt, müssen ihnen die Mehrkosten durch die CO2- Steuern für das Pendeln ausgeglichen werden. Der Pendlerbonus aus der jüngsten Steuerreform reicht nicht aus, um die Mehrkosten abzudecken. Daher sollte das Pendlerpauschale in einen kilometerabhängigen Absetzbetrag umgewandelt werden, der einkommensunabhängig wirkt und damit sozial gerechter ist“, so Stangl.


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden