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„Wenn jemand nicht arbeiten will, der hat jetzt keine gute Zeit bei uns

Rosina Pixner, 11.07.2023 08:44

BEZIRK RIED. Der Fachkräftemangel ist weiterhin auf hohem Niveau. Es gibt viele offene Stellen, die nicht besetzt werden können. Andererseits ist die Zahl der geringfügig Beschäftigten nach wie vor hoch. Arbeitsminister Kocher hat mit einem Erlass, wonach es strengere Regeln für Arbeitslose mit geringfügigem Zuverdienst geben soll, reagiert und nimmt das Arbeitsmarktservice in die Pflicht. Tips sprach darüber mit Klaus Jagereder, Bezirksstellenleiter des Arbeitsmarktservice Ried.

AMS-Chef Klaus Jagereder (Foto: Tips/Pixner)
AMS-Chef Klaus Jagereder (Foto: Tips/Pixner)

Monatelang haben ÖVP und Grüne an einer Reform des Arbeitslosengeldes verhandelt und sich nicht einigen können. Arbeitsminister Martin Kocher (VP) hat darauf mit einem Erlass reagiert und seine Zielvorstellungen für das Arbeitsmarktservice formuliert. Das Hauptaugenmerk soll auf die Vermittlung von Vollzeitstellen gelegt werden, ausgenommen davon sind Personen, die Kinderbetreuungspflichten haben oder andere Gründe für geringere Arbeitszeiten. Eine überregionale Vermittlung soll laut Kocher ebenfalls möglich sein. Das heißt ein Wechsel von Ost- nach Westösterreich, aber auch die Vermittlung von Personen aus der Europäischen Union.

Vermittlung von Vollzeitstellen schon lange Usus

Dass es einen erheblichen Unterschied zwischen den Ballungsräumen und dem ländlichen Raum gibt, das erklärt der Rieder AMS-Chef Klaus Jagereder. „Aus einem geringfügigen Arbeitsverhältnis eine Ganztagsstelle zu machen, ist für uns nichts Neues. Das beste Einkommen, das ich erzielen kann, ist eine Vollbeschäftigung. Wir haben in Oberösterreich derzeit Vollbeschäftigung.“

2.500 offene Stellen, 780 arbeitslos gemeldete Personen

Die Arbeitslosenrate im Bezirk Ried liegt aktuell bei 2,7 Prozent. „Das heißt, wir haben 2.500 offene Stellen und 780 Arbeitslose. Wieso sollte ich dann jemand woanders hinschicken?“, sagt Jagereder.

Geringfügigkeitsgrenze 500 Euro

„Aufgrund des weiterhin bestehenden Arbeits- und Fachkräftemangels und des hohen Niveaus an offenen Stellen soll die Vermittlung Arbeitsloser auf vollversicherungspflichtige Stellen durch das AMS intensiviert und zukünftig noch verbindlicher gestaltet werden“, verkündete Arbeitsminister Kocher. Firmen, die auffällig viele arbeitslose Geringfügige beschäftigen, sollen ebenfalls strenger kontrolliert werden. Der Zuverdienst bei geringfügiger Beschäftigung liegt bei rund 500 Euro. Kocher meint, dass dies viele davon abhalte, ihre Arbeitsstunden aufzustocken. Zudem zeigten Analysen, dass Personen, die während ihrer Arbeitslosigkeit eine geringfügige Beschäftigung aufnehmen, länger arbeitslos bleiben und später im neuen Job weniger verdienen.

Geringfügigkeit versus Kinderbetreuung

Verständnis hat Jagereder, wenn beispielsweise eine alleinerziehende Mutter geringfügig arbeiten geht. „Wir haben die Kinderbetreuung nicht so gut wie in nordischen Ländern geregelt. Wir sind auch in der Ausbildung und in der Entlohnung nicht gleich. Manche Mütter können nur geringfügig arbeiten gehen. Wir versuchen allerdings, neue Wege zu finden, beispielsweise mit dem Frauenberufszentrum. Es besteht zudem ein großer Unterschied, ob jemand nicht mehr arbeiten kann oder eben nicht will. Wenn jemand nicht arbeiten will, der hat jetzt keine gute Zeit bei uns. Wer sich heute arbeitslos meldet, für den haben wir binnen drei bis fünf Tagen ein adäquates Stellenangebot.“

Nächsten Jahre werden herausfordernd

Eine überregionale Vermittlung bringt laut Jagereder ebenso nur dann was, wenn das die Person auch will. Die nächsten vier bis fünf Jahre werden für Unternehmen herausfordernd. Denn im Vergleich zu den offenen Stellen ist die Bevölkerungszahl in den letzten Jahren nicht gewachsen. Es werden in den nächsten Jahren nochmals 5.000 Stellen dazukommen. „Hier müssen wir die Rahmenbedingungen für Wohnen, Leben und Kultur schaffen. Die Leute müssen sagen ,Ja, da möchte ich gern hin‘. Zudem müssen kleine Unternehmen darüber nachdenken, ob unternehmerischer Erfolg nur durch personelles Wachstum möglich ist.“


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