BEZIRK. Das heurige Sommerwetter zeichnet sich vor allem durch seine Wechselhaftigkeit aus. Gewitter stehen damit quasi auf der Tagesordnung, wenngleich der Bezirk - bisher - vor schweren Schadensereignissen verschont bliebt. Tips hat mit dem Seewalchner Meteorologen Christian Brandstätter und dem Bezirksfeuerwehrkommando über die aktuelle Lage und mögliche Schutzmaßnahmen gesprochen.
Aktuell vergeht kein Tag, an dem nicht über Extremwetterereignisse in Österreich oder den Nachbarländern berichtet wird. Dadurch entsteht der Eindruck, dass das Wetter unberechenbarer wird. „Gewitter mit Starkregen, Hagel und Tornados gab es schon immer. Nur hat heute fast jeder ein Handy und somit werden viele Unwetterereignisse festgehalten, die vor 40 Jahren nicht dokumentiert wurden. Aber es stimmt schon, dass aufgrund des Klimawandels die extremen Wetterlagen zunehmen. Da sich die Atmosphäre weiter aufwärmt, steht dieser immer mehr potenzielle Energie für Gewitter bzw. Unwetter zur Verfügung, weil wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann“, erklärt Christian Brandstätter von Meteodata aus Seewalchen.
Eingefahrene Wetterlagen bleiben oft enthalten
Der 63-Jährige interessiert sich seit seiner Kindheit für Meteorologie: „In diesem Jahr ist der Sommer bislang recht stark west- und tiefdruckgeprägt. Kurze Hitzeperioden wechseln sich mit Unwetterlagen ab, die Hochs halten nicht lange durch und recht schnell kommen wieder Tiefdruckgebiete mit Gewittern und Starkregen. Es ist seit mehreren Jahren zu erkennen, dass eine eingefahrene Wetterlage oft über Wochen erhalten bleibt. Aktuelle Prognosen deuten nach einer kurzen Abkühlung mit Regen, bereits die nächste Hitzeperiode im August an, worauf wahrscheinlich wieder Gewitter und Unwetter folgen „
Bezirk hatte bisher noch Glück
Von Großschadensereignissen blieb Vöcklabruck in diesem Jahr noch verschont, lediglich in der Sturmnacht auf den 12. Juli kam es zu über 100 Feuerwehreinsätzen mit mehr als 1000 Einsatzstunden. Hier wurden in vielen Regionen Orkanböen um die 120 km/h, teilweise sogar um die 140 km/h gemessen. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Raum Frankenmarkt und Vöcklabruck. Hauptsächlich waren dabei umgestürzte Bäume oder gefährliche Äste zu entfernen, berichtet das Bezirksfeuerwehrkommando Vöcklabruck. „Wen es genau trifft, kann man nie genau sagen. Bei Gewitterlagen ist es oft so, dass in einem Ort sprichwörtlich die Welt untergeht und ein paar Kilometer weiter ist davon nichts zu spüren. Wenn sich mehrere Gewitter zu sogenannten Gewitterclustern zusammenschließen, dann ist recht flächig die Gefahr vor Unwettern gegeben“, schildert Christian Brandstätter.
Keinesfalls unter Bäume stellen
Aufgrund der Kurzfristigkeit der Ereignisse ist es oft schwierig, im Vorfeld entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Ein Auto ist wie ein faradayscher Käfig, darin ist man vor Blitzschlägen gut geschützt. Ist man draußen unterwegs, wird empfohlen, sich hinzuhocken und die Arme über dem Kopf verschränken oder sich flach auf den Boden zu legen, um nicht vom Blitz getroffen zu werden. Auf keinen Fall sollte man sich unter Bäume stellen - der Spruch „Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen“ kann sonst zur tödlichen Falle werden. Bei einem Sturm können auch vermeintlich gesunde Bäume umstürzen. „Gerade im Sommer, wenn die Bäume voll belaubt sind, bieten diese dem Sturm eine große Angriffsfläche, da können 80 bis 90 km/h schon reichen, damit ein kleiner Baum entwurzelt wird. Bei großen Bäumen braucht es dagegen schon Orkanböen von 120 km/h oder mehr“, so Meteorologe Brandstätter.
Selbstschutz geht vor
Auch zu Hause gibt es einiges zu bedenken. Man sollte während eines Gewitters keine Gegenstände aus Metall berühren, wie zum Beispiel Wasserhähne. Mit baden und duschen sollte ebenfalls gewartet werden, das kann im Fall eines Blitzeinschlags lebensgefährlich sein, wie der OÖ Zivilschutzverband informiert. „In Zeiten, wo Unwetter fast täglich auftreten können, sollte man eigentlich ständig darauf schauen, dass lose Gegenstände, Gartenmöbel, Müllsäcke usw. einigermaßen gesichert sind. In der Akutsituation geht grundsätzlich Selbstschutz vor, Sachwerte sind meist versichert, Menschenleben sind unersetzlich“, rät Bezirksfeuerwehrkommandant Wolfgang Hufnagl.
Trampoline gut verankern
Besonders große Trampoline werden bei schweren Stürmen teilweise zu regelrechten Geschossen, die Schäden an Gebäuden, in Nachbarsgärten oder an Autos verursachen können. Hier rät Bezirksfeuerwehrkommandant Hufnagl: „Im Handel sind Bodenanker bzw. Einschraubhaken verfügbar, daran kann das Trampolin mit Spanngurten niedergezurrt werden. Manche Trampoline haben U-förmige Beine, diese können mit Sandsäcken beschwert werden. Diese Maßnahmen sollten idealerweise sofort beim Aufstellen geschehen und nicht erst bei der Sturmwarnung.“
Unwetterschäden mit Hausverstand beurteilen
Bei entwurzelten Bäumen sollte man zunächst prüfen, ob nicht eine Stromleitung beschädigt wurde oder sogar am Boden liegt - hier besteht Lebensgefahr. Auch bei Wasser im Keller besteht die Gefahr eines Stromschlags, wenn sich dort elektrischen Anlagen befinden. Nach einem Hagel wird empfohlen, Abläufe selber freizuräumen, um kleinräumige Überflutungen zu vermeiden. „Nicht jeder Unwetterschaden ist ein Fall für die Feuerwehr. Wir bitten daher, die Schäden zeitnah zu sichten und zu prüfen, ob tatsächlich Gefahr besteht. Unsere Kräfte arbeiten ehrenamtlich und oft die ganze Nacht durch, obwohl sie am nächsten Tag in die Arbeit müssen. Es wurden schon Feuerwehren mehrere Stunden nach einem Sturm zu verstellten SAT-Schüsseln alarmiert. Auch so mancher 'Baum' über der Straße hat sich letztlich als kleiner Ast herausgestellt, der mit geringem Aufwand selber entfernt werden hätte können“ appelliert Bezirksfeuerwehrkommandant Wolfgang Hufnagl an den Hausverstand.
Wetterextreme werden uns begleiten
Meteorologe Christian Brandstätter wirft einen Blick aufs große Ganze: „Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass uns solche Wetterextreme wie Sturm, Großhagel und Starkregen in den nächsten Jahren weiterhin begleiten. Der Klimawandel ist nun mal Fakt und von heute auf morgen lässt sich das nicht ändern. Wir erleben aktuell die Auswirkungen des CO₂-Ausstoßes vor etwa 20 bis 25 Jahren. Alle Maßnahmen, die wir heute im Sinne des Klimaschutzes treffen, werden daher ebenfalls erst in gut zwei Jahrzehnten fruchten.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden