Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Leserartikel Eva Leutgeb, 24.12.2019 07:02

ZWETTL. „Aus Liebe zum Menschen“ lautet das Motto des Roten Kreuzes. Grund genug, um zur Weihnachtszeit stellvertretend für die vielen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter vom Roten Kreuz ihre Tätigkeiten einmal genauer zu beleuchten.

  1 / 2   hinten v. l.: Theresa Maierhofer aus Sallingstadt ist über die Aktion Freiwilliges Sozialjahr zum Roten Kreuz gekommen, Bezirksstellengeschäftsführer Manfred Ehrgott aus Friedersbach; vorne: Stefan Krapfenbauer aus Grafenschlag und Zivildiener Florian Jachs aus der Waldrandsiedlung; Foto: Tips

Seit zirka 1880 gibt es das Rote Kreuz. Zwettl ist mit Gründungsjahr 1882 eine der ältesten Dienststellen. Manfred Ehrgott ist seit 1991 beim Roten Kreuz. „Ich bin noch keinen einzigen Tag ungern zur Arbeit gegangen“, sagt er über seine hauptberufliche Mitarbeit in der Bezirksstelle Zwettl in der Verwaltung und im Fahrdienst. Die Rot-Kreuz-Bezirksstelle Zwettl mit ihren Ortsstellen Arbesbach, Langschlag und Martinsberg, ist mit ihren freiwilligen Helfern rund um die Uhr im Einsatz.Mit 18.500 Einsätzen pro Jahr und 60.000 Kilometern pro Rettungswagen ist das Rote Kreuz in Zwettl fleißig unterwegs. Zurzeit gibt es 544 Freiwillige im Bezirk. Das sind viele. „Allerdings machen diese weniger Stunden, weil die Leute heute im Berufsleben so gefordert sind, dass sie nicht die ganze Nacht beim Roten Kreuz sein und am nächsten Tag arbeiten können. Das muss man heute einem Chef einmal erklären, dass man die ganze Nacht nicht anders unterwegs war. Und für Freiwillige ist es zunehmend schwieriger, die sitzen den ganzen Tag im Auto. Wir haben zurzeit acht berufliche Zivildiener, die untertags unterwegs sind. Freiwillige sind weniger als früher, weil es heute so gut wie keine Hausfrauen mehr gibt und weniger Bauern. Als Bauer kann man es sich noch eher einteilen, alle anderen sind berufstätig und junge Pensionisten gibt es nicht so viel“, sagt Manfred Ehrgott. Dienstältester ist aktuell Josef Schiller mit 60 Jahren. Im Bereich Freiwillige sind es mehr. Rosa Reiter zum Beispiel hat ihr 60-jähriges Dienstjubiläum.Geburten sind ein Highlight“In den 30 Jahren habe ich erst ­einmal eine Hausgeburt erlebt.

Geburten sind Highlights

Das wird weniger, weil ja die Mütter engmaschiger betreut werden. Es gibt in den Einsätzen nie zwei ­gleiche Sachen. Man muss sich jedes Mal neu einstellen. Da ist es egal ob es eine Geburt ist oder etwas anderes“, so der Geschäftsführer der Rot-Kreuz-Stelle Zwettl. Das schönste Rotkreuzerlebnis war für ihn im Jahr 2015 der Flüchtlingseinsatz in Nickelsdorf, wo er Einsatzleiter war. „Es war ein genialer Einsatz, der wie am Schnürchen gelaufen ist und sehr emotional. Was ich nie vergessen werde, ist ein 40-jähriger Mann, der zwei kleine Buben mitgehabt hat. Die Buben haben Bananen gesehen und sich sofort darauf gestürzt. Das kann man sich bei uns ja gar nicht vorstellen“, ist Ehrgott noch heute berührt.

Situationskomik gibt es

Unnötige Einsätze gibt es nicht, aber manche haben eine Situationskomik. „Das ist, wenn man sich im Nachhinein denkt, das dürfte es so eigentlich nicht geben. Wenn sich nicht jemand verletzt hätte, wär es eine Hetz gewesen. Es gibt Einsätze, die sich im Nachhinein als nicht tragisch herausstellen. Die braucht man aber auch, jeder Einsatz hat seine Wichtigkeit“, sagt Ehrgott. Im Schnitt sind es knapp zehn Prozent Fehleinsätze.

Dramatische Einsätze

Manchmal sind Einsätze dabei, die kein Rot-Kreuz-Mitarbeiter ein zweites Mal erleben möchte. „Ein Fall ist mir in Erinnerung. Vor Jahren ist eine Reiterin verunglückt und die hat meiner Tochter so ähnlich gesehen. Da denkt man doch öfters nach. Da wo Kinder verwickelt sind, das ist auch immer schlimm. Und vor neun Jahren war ein schwerer Unfall mit dem Einsatzwagen. Fahrer, Sanitäter, Notarzt waren schwer verletzt und ein Patient ist gestorben. Da bin ich zum damaligen Pfarrer Kaiser gegangen und wollte eine Messe, einfach nur um zu bitten. Die Zwettler Kirche war damals noch nie so voll“, erinnert sich Ehrgott.

Supervisionen notwendig

Es gibt Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen, im Land gibt es einen eigenen Psychologen und regelmäßige Supervisionen. Ehrgott: „Wir haben Stressbewältigung für Mitarbeiter zum Aufarbeiten. Es sind viele junge Leute im Haus, die man beo­bachten muss. Wenn die zu einem tragischen Einsatz fahren, da gibt es nachher ein Gespräch. In Schönbach sind in einem Brunnen einmal drei erstickt. Vater, Tochter, Schwiegersohn – die Tochter war schwanger. Bevor irgendeiner nach Hause geht, müssen wir noch einmal darüber reden, habe ich dann zu allen gesagt.“

Die meisten Einsätze

Die meisten Notfälle sind internistische, meist Herzgeschichten, oder neurologische Fälle. Unfälle sind eher schwindend. Wenn das erste Mal Schnee liegt, sind Einsätze vermehrt. Am Wochenende ist weniger los, weil keine Spitalsambulanzen sind oder kein Zahnarzt da ist, da reduzieren sich die Einsätze bis auf die wirklichen Notfälle.

Die vielen Aktionen des Roten Kreuzes

Zwettl ist Standort der Feldküche Waldviertel (Katastrophenhilfe). Das Personal setzt sich mit anderen Bezirksstellen zusammen. – In Friedenszeiten wird einmal im Jahr größer gekocht. Schwergewicht ist der Rettungsdienst, betreutes Reisen, Besuchsdienst, Pflegemittelverleih wie Betten und Matratzen. Parallel dazu gibt es die Rufhilfe für Leute, die alleine zu Hause sind. Der Blutspendedienst läuft seit den frühen 60er-Jahren. Arbesbach und Groß Gerungs waren einer der ersten Orte, die mit dem Blutspendedienst angefangen haben. In Kooperation werden diese Dienste oft im Feuerwehrhaus gemacht.. Beim Roten Kreuz gibt es auch eine Jugendgruppe. „Da machen wir Erste Hilfe-Training, fahren auf Wettbewerbe. In den Pflegeheimen haben sie Adventkränze überbracht. Die letzten Jahre waren so um die zehn bis 13 Kinder, heuer sind es schon 30 Kinder. Begonnen wird in Volksschule bis zum 16. 17. Lebensjahr. Es gibt dann einige, die dann beim Rettungsdienst landen“, freut sich Ehrgott.

Rotes Kreuz ist Herzensbildung

Ehrgott: „Man muss gern mit Leuten zu tun haben, man darf sich für nichts zu schade sein, man muss improvisieren können, weil es geht nicht immer nach Schema „F“. Den Umgang mit den Leuten muss man im Rettungsdienst mögen. Geographie sollte auch vorhanden sein, weil immer funktioniert ein Navi nicht. Egal ob diese 18 oder 65 Jahre alt sind. Die müssen gerne helfen wollen. Darum fangen wir auch schon bei Kindern an. Es ist Herzensbildung. Man muss jungen Menschen mitgeben, dass, wenn man in einer Gemeinschaft lebt, einer für den anderen etwas machen muss. Unser Motto lautet ja: „Aus Liebe zum Menschen.“


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden