Team Österreich Tafel: Die wertvollen Lebensmittel-Retter aus Ottenschlag

Für Josef Jakwerth und Franz Göls beginnt der ehrenamtliche Einsatz an jenem Samstag bereits um halb neun Uhr morgens. Sie haben heute den Tafel-Fahrerdienst über und werden verschiedene Supermärkte in Zwettl, Bad Traunstein, Gutenbrunn und Kottes ansteuern, um Lebensmittel, die aufgrund des nahenden oder kurz überschrittenen Ablaufdatums nicht mehr für den Verkauf geeignet sind, in ihr Auto zu verfrachten. „Wir haben Zeit und machen es einfach sehr gerne“, sind sich die beiden Fahrer, die rund einmal im Monat im Dienste der Tafel stehen, einig. Die erste ausgiebige Tour endet am frühen Nachmittag, nach einer Pause werden sie gegen Abend noch einmal einen Supermarkt in der nahen Umgebung anfahren, nicht zuletzt um das übrig gebliebene Gebäck abzuholen. „Das ist teilweise sogar noch ofenwarm“, erzählt Franz Göls.

Berge an genießbaren Lebensmittel

Um 17 Uhr trifft Leiterin Herta Zeinzinger samt den weiteren Ehrenamtlichen ein. Heute haben Franz und Josef besonders viele Lebensmittel bekommen, darunter Unmengen an weihnachtlicher Schokolade, Pralinen, Berge an Gebäck und Mehlspeisen oder massenhaft Obst und Gemüse. Aber auch das ein oder andere eher seltene Gustostückerl sowie schöne Blumensträuße finden sich darunter. All dies gilt es nun zu kontrollieren und fein säuberlich nach Art der Ware zu sortieren.

Alkohol, Medikamente oder Nikotin dürfen nicht weitergegeben werden. „Nudeln, Mehl und Zucker bekommen wir eher selten, weil diese länger haltbar sind“, erklärt Helga Hackl. Sie hat heute die Funktion der Tagesleiterin inne und kümmert sich beispielsweise um eine ordnungsgemäße Reihung der Kunden. „Verwenden statt Verschwenden, das ist auch mein Motto und der Grund warum ich seit Anbeginn hier mithelfe. Ich kann es nicht leiden, wenn man genießbare Lebensmittel wegschmeißen muss“, erklärt Herta Hackl ihre Motivation. Sie sei, nicht zuletzt auch durch ihren Beruf, schon immer „ein wenig sozial angehaucht“.

2016 in Ottenschlag gestartet

2016 wurde die Team Österreich Tafel in Ottenschlag, ein Projekt vom Österreichischen Roten Kreuz und Hitradio Ö3, gestartet – unter der Federführung von Bürgermeisterin Christa Jager (VP) und Herta Zeinzinger. Letztere widmet sich mit viel Herzblut sozialen Tätigkeiten, ist bereits seit Jahrzehnten beim Roten Kreuz im Einsatz, gründete eine Rot Kreuz Jugendgruppe und ist Mitglied beim Kriseninterventionsteam. Nun koordiniert und leitet sie seit Anbeginn die Tafel in Ottenschlag.

Neue Kunden herzlich willkommen

„Ich weiß auch von Berufswegen, dass es manche wirklich schwer haben im Leben, damit können wir zumindest einen kleinen Beitrag leisten. Allerdings hätten noch viel mehr Personen das Recht, sich hier Lebensmittel abzuholen“, meint Zeinzinger und lädt neue Kunden herzlich ein, davon Gebrauch zu machen. Bis zu 75 Euro würde man sich dadurch an wöchentlichen Einkaufskosten ersparen, weiß Zeinzinger.

„Es entstehen Freundschaften zu unseren Kunden, man baut Verbindungen auf und lernt ihre Sorgen kennen.“ Herta Zeinzinger,

Samstag für Samstag nutzen im Durchschnitt etwa 15 bis 20 Menschen das Angebot der Tafel, angesichts der Berge an Lebensmittel könnten es noch mehr sein. Anspruchsberechtigt sind Personen mit geringem Einkommen, auf eine konkrete Einkommensgrenze möchte sich Zeinzinger allerdings nicht festlegen: „Das hängt von vielen Faktoren ab“.

Rund 200 bis 300 Kilogramm an Lebensmitteln und Hygieneartikeln werden pro Samstag verteilt. Dafür ist das 54-köpfige generationenübergreifende Team – von Studenten bis zu Senioren - rund 30 Stunden pro Woche im ehrenamtlichen Einsatz. „Neue Mitarbeiter sind immer herzlich willkommen“, freut sich Zeinzinger. Sie und ihr Team konnten im Vorjahr beeindruckende 14.243 Kilogramm Lebensmittel vor der Tonne bewahren. Gesammelt wurde dies von Supermärkten, lokalen Lebensmittelgeschäften, Bäckereien und fallweise von einem Biobauern.

Verbot und Freiwilligkeit

In Österreich werden jährlich rund 577.000 Tonnen genießbare Lebensmittel weggeschmissen (Quelle: WWF und Österreichisches Ökologie-Institut), Zahlen aus Landwirtschaft und Großhandel sind allerdings noch nicht einmal mit einberechnet. In Tschechien wurde Anfang des Jahres ein Gesetz vom Verfassungsgericht für rechtens erklärt, das große Supermarkt-Ketten dazu verpflichtet, unverkäufliche Lebensmittel kostenlos an Hilfsorganisationen abzugeben. Ähnliche Gesetzgebungen findet man in Frankreich und in der Wallonie. In Österreich gibt es so ein Gesetz noch nicht, man setzt auf Freiwilligkeit.

Die Ausgabe beginnt

Schon um 18 Uhr sammeln sich die ersten Klienten in einem Nebenraum, noch sind die Mitarbeiter eifrig dabei, die Waren auszulegen. Um halb sieben dann ist es geschafft: Tagesleiterin Helga Hackl begrüßt die Gekommenen und stellt das Team vor.

Die Reihung der Kunden beginnt heute mit dem alphabetischen Buchstaben „W“. Einer nach dem anderen wird hereingebeten, das Gewünschte wird ausgewählt und die mitgenommenen Taschen vom Tafel-Team kostenlos gefüllt. Gefüllt mit wertvollen Lebensmittel, die sonst im Müll gelandet wären