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Erfolgs-Podcaster Andreas Sator: "Ich kann mir kaum einen schöneren Job vorstellen"

Michaela Aichinger, 09.09.2024 07:38

WEISTRACH. Der gebürtige Weistracher Andreas Sator ist Journalist, Podcaster und Autor. Er betreibt mit „Erklär mir die Welt“ einen der erfolgreichsten Podcasts Österreichs. Tips bat den studierten Volkswirt zum Gespräch.

Der gebürtige Weistracher Andreas Sator ist Journalist, Podcaster und Autor. (Foto: Marietta Dang)
Der gebürtige Weistracher Andreas Sator ist Journalist, Podcaster und Autor. (Foto: Marietta Dang)

Tips: Herr Sator, seit 2018 befragen Sie jede Woche für Ihren mehrfach prämierten Podcast „Erklär mir die Welt“ Wissenschafter, Journalisten und viele andere Menschen zu den unterschiedlichsten Themen. Aktuell stehen Sie bei über 300 Folgen. 2023 verzeichnete der Podcast 1,4 Millionen Downloads. Wie schätzen Sie selbst die Entwicklung dieses Projekts ein?

Andreas Sator: Es ist eine der schönsten Sachen, die mir in meinem Leben bisher passiert sind. Ich habe in meiner WG angefangen, es ist dann Monat für Monat größer geworden. Die Vielfalt der Menschen, die ich durch „Erklär mir die Welt“ kennenlerne, die Themen, mit denen ich mich beschäftigen kann - ich kann mir kaum einen schöneren Job vorstellen. Mittlerweile ist das Projekt professionell aufgestellt, ich habe eine Mitarbeiterin, bald werden es zwei sein, arbeite mit drei Agenturen zusammen für Technik und Vermarktung und trotzdem macht es heute keinen Deut weniger Spaß als zu Beginn.

Tips: Wie ist es zur Entstehung des Podcast gekommen beziehungsweise wie sind Sie selbst zum Medium Podcast gekommen?

Sator: Ich habe einfach immer schon gerne Podcasts gehört, vor allem journalistische Formate aus den USA. 2017 habe ich mir ein Jahr Auszeit genommen, eine Bildungskarenz gemacht und wollte in dieser Zeit auch ein eigenes Medienprojekt auf die Beine stellen. Ich dachte mir: Alles, was im Medienbereich in den USA passiert, passiert fünf Jahre später bei uns. Damals produzierten schon viele Podcasts in den USA, in Österreich noch kaum jemand. Das war auch einfach glückliches Timing damals.

Tips: Die Welt ein bisschen besser zu verstehen, möglichst viele auf Ihrem Weg mitzunehmen, ist Ihre Podcast-Mission: Verstehen Sie die Welt nach über 300 Folgen schon ein bisschen besser?

Sator: Ich denke ja, aber jede Antwort, die man findet, wirft wieder zehn neue Fragen auf. Jedes Thema, das man durchdringt, bringt einen zu mindestens einem anderen, von dem man noch keine Ahnung hat. Es ist also eine nie endenwollende Reise und das finde ich auch wunderschön so.

Tips: Welche Themen stehen in nächster Zukunft an? Welche Themen finden Sie aktuell besonders spannend?

Sator: Was mich, leider, seit zwei Jahren verstärkt interessiert ist Geopolitik. Warum beginnen Staaten Kriege, wie werden andere Länder hineingezogen, wie schafft man Frieden? Auch alles rund um Künstliche Intelligenz interessiert mich brennend, ich finde es fantastisch, was dadurch möglich wird. Ansonsten beginne ich mich immer mehr für Kunst und Philosophie zu interessieren. Das Schöne an „Erklär mir die Welt ist“: Ich kann eigentlich immer das machen, was mich interessiert. Man sieht also zeitversetzt schön, was mich so umtreibt. Im Herbst nehme ich etwa eine Folge zu Bruegel auf, im Frühjahr gab es eine zu Michelangelo, nächstes Jahr geht’s an die österreichische Kunstszene.

Tips: Mit Ihrem Podcast wollen Sie Wissen für alle zugänglich machen. Wir leben in einer Welt, in der es so einfach wie noch nie war, sich fundiertes Wissen anzueignen. Dennoch fallen viele Menschen auf Fake-News & Co. herein. Woran liegt das?

Sator: Fake News gibt es, seit es Menschen gibt und die Forschung kann bisher nicht sagen, ob es heute mehr Falschinformation gibt als früher. Man muss die Kirche also im Dorf lassen. Ein Problem ist aber sicher die Struktur sozialer Medien, in denen sich emotionalisierende Falschinformationen schneller verbreiten als langweilige Fakten. Mir hilft aber immer ein Blick auf die Gattung Mensch: Wir sind etwas weiter entwickelte Affen, die überleben und sich fortpflanzen wollen. Unser Hirn ist darauf evolutionär angepasst, nicht auf das Leben in modernen Wissensgesellschaften. Dass das immer eine Herausforderung sein wird überrascht wenig. Gute frühkindliche Bildung, bodenständige Medien, die komplizierte Inhalte in zugänglicher Art und Weise aufbereiten, Wissenschaft, die es als eine ihrer essentiellen Aufgaben sieht, sich den Menschen zu erklären, all das kann helfen.

Tips: Wie geeignet sind Podcasts zur Wissensvermittlung im Vergleich zu herkömmlichen Medien (Print/Online)? Wo liegen die Vorteile von Podcasts?

Sator: Podcasts sind sehr gut dafür geeignet. Erstens kann man sie nebenbei hören, das führt dazu, dass die Aufmerksamkeitsspanne länger ist. Die Leute lesen im Internet Artikel maximal ein, zwei Minuten lang. Bei Podcasts sind sie oft ein, zwei Stunden dabei. Zweitens menscheln Podcasts. Man bekommt ein Gefühl dafür, was für ein Mensch das ist, der da spricht. Ist sie gelassen, nervös, hat sie Spaß oder ist sie gelangweilt. Wir bauen Beziehungen zu den Menschen auf, die wir hören. Und das schafft dann Vertrauen. Das ist extrem wichtig, um Wissen und Informationen zu vermitteln. Wenn wir der Quelle nicht vertrauen, kann sie noch sechs Mal sagen, dass das der Stand der Forschung ist, wir werden es trotzdem nicht glauben.

Tips: Welcher Interviewpartner/welches Gespräch ist Ihnen in den sechs Podcast-Jahren besonders in Erinnerung geblieben?

Sator: Lucia Heilman, sie ist mittlerweile 95, die vom Leben in ihrem Versteck vor den Nazis in Wien erzählte. Robert Tatar, der vier Jahre lang obdachlos in Wien war. Daniela Brodesser, die erklärte, wie das ist, in Armut zu leben. Ein zweistündiges Gespräch mit meinem journalistischen Idol Armin Wolf. Treffen mit Heinz Fischer, Josef Hader, tollen Wissenschafter:innen wie Reinhard Heinisch, Christine Zulehner oder Maria Sibilia. Es ist so ein Privileg, diese Menschen treffen zu dürfen.

Tips: 2022 haben Sie mit „Sonne & Stahl“ den größten Nachhaltigkeits-Podcast Österreichs ins Leben gerufen. Wie entwickelt sich dieser Podcast?

Sator: Er hat sich toll entwickelt, 10.000 Menschen haben ihn abonniert. Es ist nun aber schon seit einigen Monaten keine Folge erschienen, weil mir die Arbeit zu viel geworden ist. Ich befinde mich da noch in einer Findungsphase, wie es mit dem Projekt weiter geht.

Tips: Was muss man beachten, wenn man selbst mit einem Podcast durchstarten möchte?

Sator: Man muss es gerne machen. Podcasts entwickeln sich nur langsam. Man hat nicht morgen 100.000 Hörer. Sondern eher nur drei. Und dann vielleicht zehn. Und ein Monat später schon 50. Wenn es gut läuft. Um das jahrelang durchzuhalten – in diesem Zeitfenster muss man denken, wenn man es ernsthaft machen möchte – muss man einfach Spaß daran haben. Idealerweise macht man einen Podcast, den man auch machen würde, wenn keiner zuhört. Weil man dadurch Leute trifft, die man sonst nicht kennenlernen würde, Sachen lernt oder sonst einfach Spaß daran hat.

Tips: Wie leicht/schwierig ist es, mit Podcasts Geld zu verdienen?

Sator: Es ist für die meisten Podcasts sehr schwierig, damit Geld zu verdienen. Man braucht entweder eine große Reichweite, damit man von Werbung leben kann, eine kleine Nische mit zahlungskräftigem Publikum oder man baut sich eine Community auf, die einen so feiert, dass sie einem den Lebensunterhalt finanzieren. Am besten ist eine Mischung, aber der Weg dorthin ist weit.

Tips: Wie wird es mit der „Erfolgsgeschichte Podcast“ Ihrer Ansicht nach weitergehen? Werden die Menschen auch in 50 Jahren noch Podcasts hören?

Sator: Menschen umgeben sich mit anderen Menschen und wollen Geschichten hören, von Erfahrungen erzählt bekommen, sie brauchen Informationen. Ob es in 50 Jahren noch Podcasts gibt, weiß ich nicht, aber wir werden immer miteinander reden und uns zuhören.

Andreas Sator ist Journalist, Podcaster und Autor. Er betreibt mit „Erklär mir die Welt“ einen der erfolgreichsten Podcasts Österreichs. Der studierte Volkswirt versucht die Welt besser zu verstehen und nimmt die Menschen auf seinem Weg mit. Er schreibt als freier Journalist für Standard und Falter. Sein Buch “Alles gut?! Unangenehme Fragen und optimistische Antworten für eine gerechtere Welt” erschien 2019 bei Kremayr & Scheriau. Er hält Vorträge und ist als Moderator tätig. Seine Schwerpunkte sind Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz, Politik und Ökonomie.


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