Wahl 2021: Ein politisches Erdbeben und noch mehr Wahlen im Bezirk Freistadt
BEZIRK FREISTADT. „Keine großen Überraschungen“ – so begann 2015 die Tips-Wahlberichterstattung. Sechs Jahre später ist alles anders: Die größte Überraschung der Wahl 2021 ist der Bürgermeister-Wechsel in Königswiesen, in drei Gemeinden sind Bürgermeister-Stichwahlen fällig.

Seit 1997 steht Johann Holzmann als ÖVP-Bürgermeister der Mühlviertler Alm-Gemeinde vor. Nach einem denkbar knappen Ergebnis der Bürgermeister-Direktwahl am Sonntag – Holzmann erreichte 999 Stimmen (49,97 Prozent), sein Mitbewerber Roland Gaffl (Bürgerliste fürKW) 1000 (50,03 Prozent), muss er seinen Sessel räumen. „Ein neuer Mitbewerber führt zu Veränderungen. Aber dass sie so tiefgreifend sind, schmerzt schon“, so Holzmann.
Auszählungs-Marathon
Nach einem spannenden Auszählungs-Marathon, der bis weit in die Nachtstunden hinein dauerte, stand das Ergebnis der Bürgermeister-Direktwahl fest. Zeit für Ursachenforschung sei noch nicht gewesen, „ich glaube aber, dass wir solide gearbeitet und gute Bilanz gelegt haben, personell waren wir gut aufgestellt“, sagt einer der längstdienenden Bürgermeister des Bezirks. Bei der Bürgermeister-Direktwahl 2015 hatte er 85,2 Prozent der Stimmen erreicht. Über seine politische Zukunft hat sich Johann Holzmann noch keine Gedanken gemacht. Beruflich ist er bei Holzmann Fahrzeugbau aktiv. „Das ist eine interessante Tätigkeit. Aber ich muss schon sagen, dass mich die politische Arbeit er- und ausgefüllt hat.“
„Das Ergebnis polarisiert“
„Wir hatten uns eine Mini-Chance ausgerechnet“, sagt Roland Gaffl, der als Kandidat der Bürgerliste fürKW künftig das Bürgermeisteramt bekleiden wird. „Das Ergebnis polarisiert, die kleinen Parteien sind fast nicht mehr existent im Gemeinderat, dabei wollten wir eigentlich Vielfalt in die Gemeindearbeit hineinbringen.“
Auf Anhieb zehn Mandate
Im Gemeindeparlament hat die ÖVP die absolute Mehrheit abgeben müssen, fürKW errang auf Anhieb zehn Mandate. Das Ziel waren fünf Mandate gewesen und rund 30 Prozent bei der Bürgermeister-Direktwahl. Mit Holzmann hatte Gaffl oft abseits der Gemeindepolitik gut zusammengearbeitet, etwa als Organisator der Mühlviertler Hügelwelt Classic. „Natürlich hat es bei der ÖVP lange Gesichter gegeben, der Hans tut mir persönlich leid“, sagt der Wahlsieger.
Bedarf nach Veränderung
Den Bedarf nach Veränderung sieht Gaffl dennoch gegeben: „Das Ergebnis ist deutlich, ich glaube, es wird geschätzt, dass wir uns nach niemandem richten müssen.“ Dass fürKW gar nicht darauf vorbereitet war, das Bürgermeisteramt zu übernehmen, dementiert Gaffl: „Ich arbeite in einer großen IT-Firma, meinen Arbeitgeber habe ich vorab informiert und werde meine Arbeitzeit auf zehn Stunden reduzieren, wenn das nicht möglich ist, werde ich aufhören.“ Mit Veränderungen könne er gut umgehen, und auch seine Familie, Gattin Gabi und die drei Kinder Laurenz, Livia und Lorena, sei mit seinem politischen Engagement einverstanden und gut darauf vorbereitet gewesen.
Das sagen die Bezirksparteiobleute
ÖVP-Bezirksparteiobmann Bgm. Josef Naderer ist mit dem Ergebnis der Landtagswahl sehr zufrieden. „Spannend ist, dass es auf Gemeindeebene heuer nicht möglich ist, das Ergebnis einheitlich zu beurteilen. Jede Gemeinde hat ihre eigenen Strukturen, und es gab mancherorts Veränderungen, die man nicht erkennen konnte“, sagt der Tragweiner Bürgermeister. Plus drei Gemeinderats-Mandate für die ÖVP in Pregarten und mit Johannes Matzinger einen Herausforderer in einer SPÖ-lastigen Gemeinde in der Stichwahl zu haben, sei eine großartige Leistung. Sorgen machen Naderer die bevorstehende Stichwahl in Freistadt. „Und natürlich ist es bitter, wenn wie in Königswiesen ein verdienter Bürgermeister so abgefertigt wird“, so Naderer.
Von bitter bis megastolz
Die SPÖ fuhr auf Gemeindeebene im Bezirk ein leichtes Minus ein. „Damit bin ich insgesamt zufrieden. Auf Landesebene bin ich froh, dass ein Plus vorne steht“, sagt SPÖ-Bezirksparteiobmann LAbg. Michael Lindner. „Megastolz bin ich auf Christian Gratzl, der in Freistadt für die SPÖ in die Stichwahl um das Bürgermeisteramt geht. Hier ist alles möglich“, sagt Lindner. Für FPÖ-Bezirksparteiobmann LAbg. Peter Handlos ist das Bezirksergebnis seiner Partei das „berühmte blaue Auge, mit dem wir davongekommen sind.“ Bei der Landtagswahl entfielen im Bezirk um 7,12 Prozent der Stimmen weniger auf die Blauen als vor sechs Jahren. „Erfreulich ist, dass wir auf Gemeindebene in Rragwein leicht zulegen konnten und die Absolute der ÖVP und in Wartberg jene der SPÖ gebrochen haben“, kommentiert Handlos.
Blaues Highlight St. Oswald
Absolutes Highlight für die Blauen im Bezirk ist St. Oswald bei Freistadt, wo auf Anhieb acht Mandate geholt wurden und FP-Bürgermeisterkandidat Michael Spörker in eine Stichwahl mit Bürgermeister Walter Kreisel (ÖVP) geht.Mit dem Abschneiden der Grünen in den neun Gemeinden, in denen sie für den Gemeinderat angetreten sind, ist Bezirkssprecher Klaus Fürst-Elmecker überaus zufrieden. In acht Gemeinden konnten die Grünen dazugewinnen, nur Lasbergs Grüne mussten ein klitzekleines Minus (-0,28 Prozent) einstecken. Mit „fantastisch“ kommentiert Fürst-Elmecker den Einzug der Grünen Kefermarkt, in den Gemeinderat. Sie schafften auf Anhieb drei Mandate, Spitzenkandidat Günther Holzinger erhielt fast ein Drittel der Stimmen. „ Mein Ziel ist es, dass bei der Wahl 2027 die Grünen in der Hälfte der 27 Gemeinden im Bezirk zur Wahl stehen“, sagt Fürst-Elmecker.
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