Die Wechseljahre: das sensible Chaos, das alle Frauen im Leben trifft
ST. AGATHA. Wenn sich der Körper verändert, ein psychischer Kollaps droht, die Hormone verrückt spielen und man die Welt nicht mehr versteht - es ist eine Phase, die jede Frau im Leben durchmacht: die Wechseljahre. Regina Schöringhuemer aus St. Agatha hat sich dieses Thema ganz genau angesehen und ein Buch darüber geschrieben, das Frauen vor allem Mut machen soll.

Tips: Ein Buch über Wechseljahre zu schreiben ist sehr speziell – warum glauben Sie, braucht Frau so ein Buch?
Regina Schöringhuemer: Nun, ich bin überzeugt, dass die Frau von heute keinesfalls den Wechseljahren so begegnen kann, wie es unsere Mütter noch konnten. Zu vieles hat sich verändert. Die Mode, das Aussehen und vieles mehr haben sich verjüngt und der Leistungsanspruch ist stark erhöht. Frauen heute sitzen in Meetings, haben mit viel mehr Menschen zu tun. Mütter unserer Generation konnten oftmals noch ungesehen ihre Wallungen wegschwitzen, da viele noch nicht diesen sehr anspruchsvollen Themen der heutigen Zeit ausgeliefert waren. Heute benötigt es mehr: eine ganzheitliche Sicht, da der Wechsel nicht nur ein Hormonthema ist, sondern das ganzheitliche Bewusstsein zu Tage tritt und alles, was all die Jahre zuvor unterdrückt worden ist, knallt an die Oberfläche und will gesehen werden.
Worum geht es in dem Buch?
In diesem Buch geht es um das Verstehen. Zu verstehen, was, warum so wie es ist vor sich geht, aus der Perspektive mehrerer Komponenten betrachtet und nicht nur ausschließlich der hormonellen. Denn, dass sich die Hormone umstellen, davon gehe ich aus, weiß eh jede Frau. Doch das, warum es dadurch zu diesen oder jenen Beschwerden oder psychischen Kollapsen kommt, das liegt schon weiter im Verborgenen. Darum die Chance nutzen, Unerfülltes in Erfüllung zu bringen. Es ist ein Appell, den Mut zu haben, auf das eigene Leben auch einmal wohlwollend und löblich zurückzublicken und mutig noch neue Pläne zu schmieden. Denn mit den Wechseljahren ist das Leben nicht zu Ende – im Gegenteil, eine neue Form von Freiheit kann beginnen.
Was wollen Sie Frauen mit Ihrem Buch mitgeben?
Mut, Unverwirklichtes zu verwirklichen. Mut, sich dem zu stellen, was Frauen aufgrund der 3K-Phase (Kinder-Küche-Karriere) stets zurückgestellt haben. Dem, was aufgrund des „Friede-Freude-Eierkuchen“-Hormons Östrogen warten musste, nun Leben einzuhauchen. Mut, Dinge nicht mehr zu unterdrücken, sondern den eigenen Bedürfnissen als Frau den gewürdigten Raum zu geben. Eben mit der Strahlkraft einer Königin durch die Wechseljahre zu gehen.
Können Sie mit einigen Worten beschreiben, wie sich die Wechseljahre für Sie persönlich angefühlt haben?
Ich dachte, an mir werden diese spurlos vorübergehen. Das taten sie nicht. Bei mir fielen sie wirklich wie ein ungnädiger Gast in mein Leben ein. Von einer Woche auf die andere veränderte sich bei mir fast alles: Ich spürte meinen Körper nicht mehr wie gewohnt, Wassereinlagerungen ließen mein Gewicht nach oben klettern. Das war schon eine große Herausforderung, da ich in meinem ganzen Leben keine Gewichtsprobleme hatte und nun passte mir meine Kleidung innerhalb von zwei Wochen nicht mehr. Enge hielt ich gar nicht mehr aus. Da kämpfte ich schon, weil ich es nicht einordnen konnte, meine andere Körperwahrnehmung. Weinerlichkeit und das Gefühl von permanenter Überforderung machten sich breit. Das kannte ich als Powerfrau auch nicht. Und dann die 1,5 stündlichen, rollenden Hitzewallungen. Über das intime Thema der Sexualität wird auch kaum gesprochen, Unlust machte sich nicht nur auf dem Sektor, sondern im ganzen Alltag breit. All das binnen ein paar Tagen war einfach zu viel. Natürlich wusste ich, dass es der Wechsel ist. Nur weil ich das wusste, hieß es nicht, dass ich wusste, was jetzt los ist. Ich verstand ja vormals oftmals die Welt nicht so ganz – zu diesem Zeitpunkt verstand ich sie gar nicht mehr. Ich fühlte mich wie ein Alien, eine Andersartige.
Sie sprechen von einer „andersdenkenden Betrachtungsweise“ in Ihrem Buch – inwiefern?
Es geht meiner Meinung nach abseits des Hormonthemas in die Tiefe. Das Ganze findet auch einen systemischen Zugang. Die drei Themen Hormone, Chaostheorie und Philosophie werden vereint. Ich fragte mich: „Was ist los, was bedeutet das jetzt für mich, was könnte da noch dahinter stecken?“ Da bin ich auf die drei „magischen“ Faktoren Zeit-Liebe-Veränderung gestoßen. Das sind drei Parameter in unserem Leben, denen wir weltweit unentwegt seit unserer Geburt ausgeliefert sind. Frauen stecken evolutionsbedingt häufig die Zeit für sich selbst, die Liebe zu sich selbst und die persönliche Veränderung zurück – zugunsten von Kindern, Familie, Partnern, Kollegen. Das liegt in unserem Naturell und ist durch das „Friede-Freude-Eierkuchen“-Hormon Östrogen so in uns veranlagt. Nun versiegt dieses Hormon und das „Klardenker“-Hormon Testosteron steigt an. Aus diesem Grund sind Frauen in dieser Zeit klarer. Aus diesem Grund ist diese Zeit prädestiniert, sich dem zu widmen, was man schon längst geglaubt hat, vergessen zu haben. Aus diesem Grund ist es anders, weil es einfach zusätzlich andere Betrachtungsweisen heranzieht, um diese Jahre zu verstehen. Um zu verstehen, was diese Jahre wollen. Darüber hinaus wurde auch die Chaostheorie zur Untermauerung herangezogen.
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