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40 Jahre Arge für Obdachlose: Der lange Weg vom "Landstreicher-Paragraphen" zum innovativen Hilfsnetz

Anna Fessler, 28.09.2023 15:41

LINZ. Obdachlosigkeit war in Österreich bis Jänner 1975 eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe geahndet wurde. Organisationen wie die Arge für Obdachlose setzten sich erfolgreich gegen eine Wiedereinführung im Strafgesetz ein. Seit der Gründung des Vereins 1983, damals hieß er noch „Arge für Nichtsesshafte“, hat die Arge für Obdachlose in vielen Bereichen Pionier-Arbeit geleistet und hilft weiterhin mit innovativen Ansätzen wohnungslosen Menschen.

V.l.n.r.: Heinz Zauner, Geschäftsführer ARGE für Obdachlose, Marion Eberl, designierte Geschäftsführerin ARGE für Obdachlose und Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer zum 40-jährigen Bestehen der ARGE. (Foto: Land OÖ/Antonio Bayer)
V.l.n.r.: Heinz Zauner, Geschäftsführer ARGE für Obdachlose, Marion Eberl, designierte Geschäftsführerin ARGE für Obdachlose und Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer zum 40-jährigen Bestehen der ARGE. (Foto: Land OÖ/Antonio Bayer)

Der Start erfolgte 1983 mit dem Beschäftigungsprojekt Arge Trödlerladen, die Angebote der mobilen Wohnbetreuung und das frauenspezifische Angebot „Arge Sie“ folgten später. Noch heute leistet der Trödlerladen und die Straßenzeitung „Kupfermuckn“ einen wichtigen Beitrag dazu, den „Teufelskreislauf Arbeitslosigkeit - Wohnungslosigkeit“ zu durchbrechen, wie es Heinz Zauner, Geschäftsführer der Arge für Obdachlose und Kupfermuckn-Chefredakteur, formuliert.

Neues Projekt in Arbeit

Mit Zauners Pensionierung übernimmt Marion Eberl die Geschäftsführung der Arge für Obdachlose, zu der neben dem Trödlerladen, der Kupfermuckn und der Arge Sie auch das Projekt Wiewo – Wieder Wohnen für wohnungslose Männer und die mobile Beratungsstelle Rewo – regionales Wohnen zählen. Ein neues Projekt sind Notwohnungen für junge Erwachsene in den Bezirken Freistadt und Perg. Das Pilotprojekt wurde für zwei Jahre bewilligt und bietet jungen Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren eine Unterkunft und Betreuung. Gearbeitet wird derzeit an einem Konzept für Krisenwohnungen, hierfür will die Arge Wohnungen über gemeinnützige Bauvereinigungen anmieten und Betroffenen für 3 bis 6 Monate zur Verfügung stellen. Mit Begleitung durch Sozialarbeiter sollen die Betroffenen stabilisiert werden. Die Finanzierung für die Krisenwohnungen ist derzeit noch in Ausarbeitung.

Nachwirkungen der Pandemie spürbar

Was seit der Pandemie bemerkbar sei, ist ein Zulauf an jungen und von Gewalt betroffenen Frauen, sagt Marion Eberl. Es seien über 50 Prozent mehr Frauen, die bei der Arge Hilfe suchen, darunter auch 18- bis 19-jährige, die aus dem Kinder- und Jugendhilfe-System herausfallen und es zuhause nicht mehr aushalten. Die Preissteigerungen beim Wohnen, der Energie und Dingen des täglichen Bedarfs machen sich auch bei der Arge bemerkbar. Für viele Klienten sind die Teuerungen eine große Belastung, so zählen Finanzielle Gründe wenig überraschend zu den Hauptursachen für Wohnungslosigkeit (71 Prozent), gefolgt von einer schlechten oder prekären Wohnsituation (16 Prozent) und familiären Beziehungskrisen (6 Prozent). Zauner ergänzt die Angaben von Betroffenen noch um einen Punkt: „Wohnungslosigkeit bedeutet Beziehungslosigkeit.“ Darum sei die Sozialarbeit und die Beratung auch so wichtig, bereits das Zuhören könne bei vielen Klienten etwas bewirken.

Netzwerk Wohnungssicherung

Ein Meilenstein für die Arge war das Jahr 1992, in dem das Land Oberösterreich und die Stadt Linz die Grundfinanzierung übernahmen. Im Sozialhilfegesetz 1998 wurde die Wohnungslosenhilfe dann als Pflichtleistung des Landes Oberösterreich festgeschrieben. Mittlerweile gibt es das Netzwerk Wohnungssicherung in Oberösterreich, das vergangenes Jahr 5.441 Personen aus 2.298 Haushalten betreut hat. In der Delogierungsprävention wurde 2022 in 80 Prozent der Fälle die Wohnung gesichert oder eine Alternative organisiert. Das Netzwerk Wohnungssicherung umfasst neben den Gemeinden und den Sozialberatungsstellen die Träger der Wohnungslosenhilfe, die im Auftrag des Landes Oberösterreich agieren.

Präventionsmaßnahmen des Landes Oberösterreich

„Wenn Menschen unverschuldet aufgrund von Krankheit, Schicksalsschlägen oder Zahlungsschwierigkeiten in Not geraten und ihre Unterkunft verlieren, müssen wir helfen und begleiten. Neue Angebote wie der Wohnschirm helfen rasch und unbürokratisch bei Miet- und Energiekosten-Rückständen. Damit stellen wir sicher, dass Menschen ein Dach über dem Kopf haben und nicht durch unsere sozialen Sicherungssysteme fallen. Die ARGE Obdachlose ist seit nunmehr 40 Jahren mit ihren Angeboten wie den ‚Kupfermuckn‘ und dem Trödlerladen ein wichtiger Partner in der Wohnungslosen-Hilfe“, sagt Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer.

Das Land OÖ will das Thema Wohnungslosigkeit auch präventiv angehen: dazu werden die Programme der Schuldner-Beratung und -Hilfe ausgebaut, die Sozialhilfe novelliert und die Landes-Sozialleistungen um 7,8 Prozent valorisiert.

„Es braucht ein Recht auf leistbares Wohnen für alle“

Die Arge blickt in die Zukunft und will innovative Lösungen für das Problem der Obdachlosigkeit finden: „Die bestehenden Angebote in der Wohnungslosenhilfe müssen den Herausforderungen der Zeit entsprechen. Mit neuen Projekten wie dem Wohnschirm und zak – ‚zuhause ankommen‘ wurden in der letzten Zeit sehr gute und neue Möglichkeiten zur Unterstützung geschaffen.“, so Heinz Zauner und Marion Eberl unisono. Zusätzlich brauche es aber ein Recht auf leistbares Wohnen für alle. „Ziel muss sein, dass nicht mehr als ein Drittel des Einkommens für Wohnen ausgegeben wird. In der Wohnungslosenhilfe erleben wir, dass es oft bereits 50 Prozent und mehr sind und unseren Klientinnen und Klienten gegen Ende des Monats kein Geld mehr übrig bleibt für andere lebensnotwendige Dinge.“


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