LINZ. Für die körpernahen Dienstleister stellen die Corona-Regelungen eine besondere Herausforderung dar – so auch für die Tätowierer. Doch nicht nur das, nun wurden in einer neuen Verordnung auch Tattoofarben verboten, die potenziell Allergien, Infektionen oder gar Krebs auslösen könnten. Tips hat sich mit Tätowierern Lisa „Lizz“ Fischer von Tattoostudio Arthouse und Thomas Raffelsberger von Herz-Bube Studio über die aktuelle Situation unterhalten.

Bereits jeder vierte Österreicher ist tätowiert. Corona hat aber auch dieser Branche hart zugesetzt. „Corona behindert uns bei der Arbeit stark“, beschreibt Thomas Raffelsberger von Herz-Bube Studio mit rund 20 Mitarbeitern die aktuelle Situation. „Es sind weniger Neukunden gekommen“, bestätigt auch Tätowierern Lisa „Lizz“ Fischer, die als Einzelunternehmerin mit Tattoostudio Arthouse by Lizz selbstständig ist. Einen Einbruch von 20 bis 25 Prozent mussten viele Tattoo-Studios hinnehmen. In den Lockdowns verlorene Aufträge seien nur schwierig nachzuholen: „Wer anderer verkauft dann einfach mehr. Wir verkaufen Lebenszeit“, beschreibt Raffelsberger. Die verlorene Zeit hereinzuholen – schwierig bis unmöglich. Auch in der Branche ist der Fachkräftemangel spürbar. Mehr Tätowierer einzustellen daher schwierig. Und auch für Kleine ist es nicht einfacher: „Ich bin alleine“, schildert Lizz. Hinzu kommt eine neue EU-Verordnung, die für die Tätowierer die Situation weiter verkompliziert.
Farben-Verbot und Lieferengpässe
Eine rote Rose, ein Herz mit Mamas Initialen oder das Wappen des Lieblingsfußballclubs: Bunte Tattoos sind beliebt – und werden in ihrer jetzigen Art künftig verboten sein. Seit Beginn des Jahres gibt es eine europaweite Verordnung, die den Einsatz von rund 400 Farben streng limitiert. Sie enthalten Pigmente und Konservierungsmittel, die in einer europaweiten Chemikalienverordnung auf der roten Liste stehen. Es gibt wenige Farben, die derzeit die erforderlichen Kriterien erfüllen. „Schwarz sind jetzt einige herausgekommen, die den Kriterien entsprechen“, weiß Raffelsberger, der auch einen Großhandel betreibt. „Für mich ist es kein Problem, weil ich nur schwarz und weiß mache, aber für viele Kollegen“, erzählt Lizz. Manche mussten noch ungeöffnete Farben wegwerfen. Doch auch bei schwarz-weißen Tattoos gibt es derzeit Probleme: „Die Farben, die ich benutze, kriege ich gerade gar nicht“, erzählt die Linzer Tätowiererin. Denn: Wie in anderen Branchen auch gibt es Lieferengpässe. In Österreich gab es mit Jahresanfang nur einen kleinen Hersteller der rechtzeitig schwarze Farbe produzierte, die den neuen Regelungen entspricht, weiß Raffelsberger. Acht von zehn Produzenten sind jedoch in den USA ansässig. „Denen war das Anfangs egal.“ Der Run auf die verfügbaren Farben ist groß: „400 Flaschen waren in drei Tagen weg“, erzählt Raffelsberger im Gespräch mit Tips.
„Es fehlt jeglicher Beweis“
„Wir sind natürlich dafür, dass alles sicherer wird.“ Aber: Auch wenn in Tätowiermitteln krebsauslösende Stoffe gefunden werden, bedeutet das nicht unbedingt, dass daraus auch Krebs entsteht. Bisher fehlen noch ausgereifte toxikologische Daten. „Es fehlt jeglicher Beweis“, so Raffelsberger. Unter „Save the pigments“ gibt es daher eine europaweite Petition mit knapp 100.000 Unterstützern. Die Initiatoren fordern eine längere Übergangsfrist für Farben. Wie es weitergeht? – „Das wird noch spannend!“
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