Demenzkranker Pflegeheimbewohnerin drohte Verlust der Sozialhilfe und Krankenversicherung: Linzer Behörde will Fall prüfen
LINZ. Vergangene Woche hat Tips über den Fall einer 81-jährigen Sozialhilfe-Bezieherin berichtet, die laut VertretungsNetz nun ohne Krankenversicherung dasteht. Das sei so nicht korrekt, sagt der Linzer Direktor für Soziales. Warum der Fall nun nochmals geprüft wird und das VertretungsNetz dennoch einen Missstand ortet.

Nochmal in Kürze: Die 81-jährige Frau Zauner (Name geändert) lebt in einem Linzer Pflegeheim. Sie hat in jungen Jahren einen Schlaganfall erlitten, ist seither körperlich beeinträchtigt und war nie erwerbstätig. Weil Frau Zauner an Demenz erkrankt ist, hatte sie eine gewählte Erwachsenenvertreterin, die auch eine langjährige Freundin ist. Laut dem VertretungsNetz hätte der Magistrat Linz die Sozialhilfe für Frau Zauner mit Jänner 2024 eingestellt, womit sie auch nicht mehr krankenversichert wäre.
Der Grund: Die Erwachsenenvertreterin hätte im Namen von Frau Zauner Unterhalt von deren Sohn einfordern sollen. Weil seit 25 Jahren kein Kontakt besteht, und Frau Zauner in der Vergangenheit immer wieder betont habe, dass sie ihren Kindern nicht finanziell zur Last fallen wolle, konnte die Erwachsenenvertreterin das nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Sie sei von der Behörde derart unter Druck gesetzt worden, dass sie die Erwachsenenvertretung schließlich zurücklegte.
Fall wird nochmals überprüft
Laut Helmut Mitter, Direktor für Soziales in Linz, stimme das so nicht. Sowohl die Sozialhilfe als auch die Krankenversicherung seien nach wie vor aufrecht. „Richtig ist vielmehr, dass der Erwachsenenvertreterin aufgetragen wurde, die Unterhaltsansprüche zu verfolgen.“ Dazu müsse man anmerken, dass es sich nicht um eine Klage handele, sondern um einen Antrag, der bei Gericht eingebracht wird.
Der konkrete Fall werde gerade noch einmal überprüft, „da die vorliegende doch sehr spezielle Konstellation, insbesondere, dass Frau Zauner durch die Verfolgung ihres Unterhaltsanspruches die Krankenversicherung verlieren könnte, einen besonderen Umstand darstellt, durch den sich die Unzumutbarkeit in diesem Fall begründen lässt.“ In der Akte sei lediglich vermerkt, dass Frau Zauner seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn hat und den Unterhalt nicht geltend machen will.
Gründe für Unzumutbarkeit laut VertretungsNetz ausreichend dargelegt
Laut dem VertretungsNetz berichtete die damalige Erwachsenenvertreterin von Frau Zauner Anfang Februar, dass der Linzer Magistrat angekündigt habe, Sozialhilfe und Krankenversicherung von Frau Zauner mit Jänner 2024 einzustellen, weil der Unterhalt beim Sohn nicht gerichtlich geltend gemacht wurde. Nach der Beendigung der Erwachsenenvertretung hatte sie keinen Zugriff mehr auf das Konto und ging davon aus, dass die Sozialhilfe eingestellt worden war. Jedenfalls konnte sie Frau Zauner mangels Kontoberechtigung nichts mehr davon auszahlen.
Auch habe die gewählte Erwachsenenvertreterin sehr wohl vor der Behörde die Gründe dargelegt, warum die Einforderung von Unterhalt unzumutbar sein könnte, nicht zuletzt, weil es eine große emotionale Belastung für die Betroffene darstellt. Die persönliche Situation, wie der Verlust der Krankenversicherung bei Einstellung der Sozialhilfe, sei dem Magistrat bekannt gewesen.
Direktor für Soziales: Hohe Zahl von Sozialhilfebeziehern bedingt hohe Zahl der Unterhaltsverfolgungen
Der Bereich Erwachsenenvertretung vom VertretungsNetz meint auch, dass Linz in der Praxis negativ hervorsteche. Die nach dem Protest von 23 Sozialorganisationen angekündigten Verbesserungen seien bislang nicht spürbar. Die Linzer Sozialreferentin Vizebürgermeisterin Karin Hörzing (SPÖ) wollte zu den Vorwürfen auf Tips-Anfrage nicht Stellung nehmen. Mitter will das so nicht stehen lassen, nicht nur in Linz bestehe man auf die Verfolgung von Unterhalt, auch in den anderen Bezirken werde dies verlangt (bzw. müsse das laut Sozialhilfe-Gesetz verlangt werden). Weil in Linz die mit Abstand meisten Sozialhilfebezieher in Oberösterreich leben würden, sei auch die Zahl der Unterhaltsverfolgungen höher.
VertretungsNetz: Linz ist „Problembezirk“
Das VertretungsNetz bleibt dabei: Die Vorgehensweisen der einzelnen Sozialbehörden in Oberösterreich würden sich unterscheiden, Linz sei zum „Problembezirk“ mutiert. Aus einer Anfragebeantwortung durch Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer geht hervor, dass im ersten Halbjahr 2023 76 Beschwerden gegen Sozialhilfebescheide aus Linz beim zuständigen Landesverwaltungsgericht eingebracht wurden (insgesamt waren es 93). 13 Mal bekamen die Beschwerdeführer in Linz recht (18 Beschwerden wurde insgesamt recht gegeben). Zuletzt entschied das Landesverwaltungsgericht zu Gunsten eines Sozialhilfe-Empfängers, dem die Leistung gekürzt worden war, weil er die geforderte Anzahl an Bewerbungen nicht schaffte. Der Beschwerde, dass auf die individuellen Umstände keine Rücksicht genommen worden sei, wurde stattgegeben.
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