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„Es ist leider sehr viel schiefgegangen“: Erstes Zwischenergebnis zur Aufarbeitung der Brucknerhaus-Affäre

Karin Seyringer, 04.10.2024 17:43

LINZ. Am Freitag, 4. Oktober, präsentierte der neue Aufsichtsrats-Vorsitzende der LIVA Meinhard Lukas ein erstes Zwischenergebnis zum laufenden Aufarbeitungsprozess des Aufsichtsrats der Brucknerhaus-Affäre. „Es ist ein komplexer Sachverhalt und es ist leider sehr viel schiefgegangen“, reüssierte Lukas am Freitag, nach seinen ausführlichen Recherchen vor Presse. Mit einigen Neuigkeiten konnte er aufwarten. So gab es etwa zwei Whistleblower-Meldungen.

Brucknerhaus (Foto: Tips/ks)
Brucknerhaus (Foto: Tips/ks)

Klargestellt wird, dass eine rechtliche Prüfung der Fakten nicht Teil dieser Aufarbeitung ist, diese ausschließlich im Rahmen der Kontrollfunktion des Aufsichtsrates und im Interesse der LIVA erfolge. „Es ist kein Skandalbericht, sondern ein Aufklärungsversuch – ich habe mich redlich bemüht, alles zusammenzutragen, vieles bietet Interpretationsspielraum.“

„Klar trennen vom Kern der LIVA und der Politik“

„Warum machen wir das? Weil es der LIVA selbst wichtig ist, und auch um zu sehen, wie die Politik mit der LIVA umgegangen ist. Das ist ganz klar davon zu trennen, was der Kern der LIVA ist: Die Mitarbeiter, die in schwierigsten Umständen einen unglaublich tollen Job machen – ob im Posthof, Kuddelmuddel, Brucknerhaus oder bei LIVA Sport“, so Lukas.

Auch lesen: Nach Brucknerhaus-Affäre: Meinhard Lukas neuer Aufsichtsratsvorsitzender der Liva

Zwei Whistleblower-Meldungen

Die ersten und mittlerweile bekannten Vorwürfe gegen den künstlerischen Geschäftsführer der LIVA Dietmar Kerschbaum wurden im März 2024 durch einen aufsehenerregenden „Falter“-Bericht öffentlich, nach einer Whistleblower-Meldung zur Vorab-Weitergabe der Hearing-Fragen.

Aber: Laut Lukas gab es zwei Whistleblower-Meldungen, die zeitgleich am 13. November 2023 beim LIVA Hinweisgebersystem eingegangen sind. Die zweite hatte „Bereicherung und Vetternwirtschaft“ Kerschbaums zum Thema. Dieser Meldung waren auch Kopien von neun Engagement-Verträgen beigefügt.

16.000 Euro für Rechtsgutachten

Zur ersten hatte der damalige Bürgermeister Klaus Luger im Auftrag der LIVA bekanntes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben – die Kosten für dieses Manöver des Bürgermeisters beliefen sich auf knapp 16.000 Euro. Wie Luger ja später zugeben musste, hat er Kerschbaum selbst die Fragen zugespielt. Die Staatsanwaltschaft Linz ermittelt in diesem Fall gegen den Ex-Bürgermeister.

Der zweiten Meldung wollte Luger laut zuständigem LIVA-Mitarbeiter aber nicht ohne weiteres nachgehen.

Lukas „wundert“ sich in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen von Kontrollamtsprüfungen die Whistleblower-Meldung zu den Hearingfragen nicht eingesehen wurde, denn dann wäre man auch auf die zweite Meldung gestoßen.

„Gravierende Urheberrechtsfragen bei Konzepten“

Ein zweites neu bekannt gewordenes Thema am Freitag: „Gravierende Urheberrechtsfragen“ bei Kerschbaums Bewerbungs-Konzepten.  

Am 23. Dezember 2016 hat sich Dietmar Kerschbaum sich mit zwei Konzepten beworben. Beim Konzept zur Bewerbung um die Künstlerische Leitung der LIVA lautete der Copyright-Vermerk „Dietmar Kerschbaum et. al.“ (Anm. „und andere“)

Beim Konzept zur Programmplanung für Brucknerhaus und Brucknerfest findet sich überhaupt ein anderer Name (später unter Kerschbaum als Dramaturg angestellt), mit Verweis des ausschließlichen Urheberrechts und dass eine Umsetzung besonders durch das Brucknerhaus eine schriftliche Genehmigung brauche.

Lukas: „Kerschbaum hatte zwei Konzepte, und beide tragen einen Copyright-Vermerk, der nicht nur auf ihn lautet. Das ist sehr außergewöhnlich. Und das ist niemandem aufgefallen, weder den Personalberatern noch der Kommission.“

Laut Nachforschungen durch Lukas sei LIVA-intern mehrmals bestätigt worden, dass Kerschbaum nach seiner Auswahl mit großem Nachdruck verlangte, dass es bereits im 2. Quartal 2017 zur Anstellung des Urhebers bzw. des Miturhebers kommt. Tatsächlich wurden beide Dienstverträge abgeschlossen, ohne Ausschreibung der beiden Funktionen.

Aufsichtsrat wusste über Gehalt Bescheid

Am 10. März 2017 hatte der LIVA Aufsichtsrat einstimmig empfohlen, Kerschbaum zu bestellen. Zwar wird aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht, was Kerschbaum verdient hat, aber so viel kann Lukas sagen: Kerschbaums Bruttojahresgehalt lag 22 Prozent über jenem seines Vorgängers Hans Joachim Frey.

„Alle Mitglieder im Aufsichtsrat wussten um die Höhe des Gehalts“, so Lukas.

Problematisch erscheine hier die Begründung im Aufsichtsrat am 10. März 2017 zu den Gehaltsunterschieden: Dass Frey großzügigere Nebenbeschäftigungs-Regelungen hatte. 

Kerschbaum wurde aber die Intendanz des „jOPERA jennersdorf festivalsommers“ erlaubt, zudem auch seine unternehmerische Tätigkeit mit pannArt. Luger habe in der Aufsichtsratssitzung am 10. März 2017 über jOPERA berichtet, nicht aber über pannArt.

„Eine unternehmerische Nebentätigkeit im Bereich Eventmanagement erscheint für einen LIVA/Brucknerhaus-Geschäftsführer allein schon rechtlich bedenklich“, so Lukas.

Bei der Weiterbestellung im Jahr 2022 gabs ein Plus von etwa 12 Prozent. Abgesehen davon wurden auch die Nebenbeschäftigungsregelungen bei Geschäften mit der LIVA gelockert.

„Einfache Schuldzuweisungen helfen nicht“

„Es ist unglaublich wichtig, dass man sich bewusst ist, dass viele Komponenten zusammengekommen sind, damit am Ende passiert ist, was passiert ist“, so Lukas. „Einfache Schuldzuweisungen helfen hier nicht.“

Für die „persönlichen Verfehlungen“ von Klaus Luger habe es politische Konsequenzen gegeben, bei Dietmar Kerschbaum sei ein Arbeitsrechtsstreit anhängig.

Jetzt gehe es ums Lernen und einen zügigen Prozess. „Das beste was passieren kann, ist aus den Ergebnissen etwas zu lernen. Und wir müssen ganz schnell etwas lernen, weil das Brucknerhaus eine künstlerische Leitung braucht.“

Die nächste Aufsichtsratssitzung findet in 14 Tagen statt, kommenden Mittwoch wird der LIVA-Aufsichtsratsvorsitzende im Kontrollausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung stehen.

Reaktionen aus der Linzer Stadtpolitik: „Brucknerhaus Columbo“

Die Linzer Stadtparteien loben Meinhard Lukas für seine Arbeit: Er beweise, „dass mit Intensität an der Aufklärung gearbeitet wird“, so SPÖ-Fraktionsvorsitzender Stefan Giegler.

ÖVP-Gemeinderat und Kontrollausschussmitglied Michael Obrovsky sieht nun den Beginn, „professionell aufzuarbeiten. Zur Klärung der politischen Verantwortung müssen die Erkenntnisse jetzt rasch im Kontrollausschuss behandelt werden. Nur mit einer vollständigen Aufarbeitung können die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt und das Vertrauen der Linzer wieder hergestellt werden.“

Georg Redlhammer, NEOS-Gemeinderat und Kontrollausschuss-Vorsitzender, dankt für die „detektivische Arbeit, die der neue Aufsichtsratsvorsitzende Meinhard Lukas“ leiste. „Langsam zeichnet der 'Brucknerhaus Columbo' ein Sittenbild, das das Machtsystem des ehemaligen Bürgermeisters darstellen wird.“ Lukas liefere dem Kontrollausschuss „Antworten auf viele Fragen, aber stellt auch Verbindungen her, die wir nicht gefragt haben. Die Kontrollausschussmitglieder werden diese Learnings dann politisch be - und verwerten.“

 

 


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