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FPÖ: "Sind der festen Überzeugung, dass dieses Impfpflichtgesetz verfassungswidrig ist"

Tips Logo Karin Seyringer, 11.02.2022 17:47

OÖ. Am 5. Februar ist in Österreich die allgemeine Impfpflicht in Kraft getreten, ab 15. März soll es gültig sein, also auch gestraft werden können. Die FPÖ ist der festen Überzeugung, dass das Österreichische Covid-19-Impfpflichtgesetz, so wie es vorliegt, nicht verfassungskonform ist und wird über den Verfassungsgerichtshof (VfGH) vorgehen. Am Freitag legten FPÖ-Chef LH-Stellvertreter Manfred Haimbuchner und der ehemalige FPÖ-Bundesrat sowie Linzer Rechtsanwalt die Details dar.

FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner mit Jurist und Bundesrat Michael Schilchegger (v. l.) (Foto: Screenshot Pressekonferenz/FPÖ)

Die Pflicht, sich impfen zu lassen, drücke aus, dass jeder den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zulassen müsse, jemanden zu dieser Zustimmung zu verpflichten, könne nur als Zwang gesehen werden. „Dieser Zwang ist aufgrund der konkreten Umstände und Rahmenbedingungen verfassungswidrig und menschenrechtswidrig. Aber auch rechtlich gesehen beinhalte das Impfpflichtgesetz zahlreiche Fehler“, so Haimbuchner, der explizit darauf verweist, dass die FPÖ die einzige Partei sei, die gegen das Gesetz gestimmt hat.  

Er verweist dabei auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus April 2021 gegen Tschechien. Hier seien Voraussetzungen für rein mögliche Impfpflichten definiert worden, diese aber seien in Österreich völlig außer Acht gelassen worden.

Geeignet, erforderlich, verhältnismäßig

„Wenn man sich mit der Judikatur befasst und die Frage stellt: Kann eine Impfpflicht verfassungskonform sein, kann sie menschenrechtskonform sein, ist die Antwort 'Ja', so etwas ist möglich. Wenn man die Frage stellt: Kann das Covid-19-Impfpflichtgesetz, wie es von der österreichischen Bundesregierung gewünscht und beschlossen wurde, verfassungskonform, menschenrechtskonform sein, ist die Antwort ebenso klar 'Nein'“, so Michael Schilchegger. Es gehe nicht nur um die Frage, ob ein Grundrechtseingriff vorliege, „sondern – wenn dieser gerechtfertigt sein soll – muss dieser auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.“

„Wir werden auf Basis des aktuellen medizinischen Wissenschaftsstandes fragen, in welchem Ausmaß denn überhaupt die Schutzimpfung noch geeignet ist, etwas wesentlich an der epidemiologischen Lage in Österreich zu verändern. Die Impfstoffe wurden gegen eine Alfa-Variante des Impfstoffes entwickelt, nun haben wir aber die Omikron-Variante, die nicht nur dazu führt, dass mehr Impfdurchbrüche zu verzeichnen sind, sondern die auch harmloser zu sein scheint. Wir werden fragen, inwiefern solche verpflichtenden Impfungen auch noch erforderlich sein können, das Ziel zu erreichen, dass sich das Gesundheitssystem nicht überlastet fühlt, dass insgesamt die Sterberate nicht zu hoch wird“, so der Jurist.

Und man könne die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellen, wobei hier Verfassungsjuristen unterschiedliche Meinungen vertreten könnten.

„Aber ich bin trotzdem der festen Überzeugung, dass ganz abgesehen von den Grundrechtsdiskussionen dieses Impfpflichtgesetz verfassungswidrig ist und das auch so vom Verfassungsgerichtshof festgestellt werden muss.“

„Schlechte handwerkliche Qualität“ 

Für ihn ist klar: Die formalen Anforderungen passen nicht. Für ein solches Gesetz würden erhöhte Anforderungen gelten, weil ein schwerwiegender Eingriff in die physische Integrität der Person vorliege. Die Rechtsvorschriften hätten hier Schutzmechanismen vorzusehen, mit denen sich die Person gegen willkürliche Eingriffe in ihre Rechte wehren kann. Eine Entscheidung über die Verordnung einer ungewollten Behandlung müsse nicht nur vom behandelnden Arzt, sondern auch durch weitere Stellen getroffen werden, die getroffenen Entscheidungen auch einer unverzüglichen gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Ohne ausreichende verfahrensrechtliche Absicherung könnten solche Eingriffe gar nicht rechtmäßig sein, argumentiert Schilchegger.

Er sieht daher schlechte handwerkliche legistische Qualität des neuen Impfpflichtgesetzes, „das sorgt bereits dafür, dass es verfassungswidrig sein muss, weil überhaupt keine der geforderten Schutzmechanismen vorgesehen sind.“

Ein weiterer Grund: „Es liegt an den Betroffenen selbst, den sehr schwierigen Nachweis zu erbringen, dass ein Ausnahmegrund vorliegt.“ Innerhalb sehr kurzer Zeit müssten Betroffene es leisten, eine umfassende medizinische Abklärung mit Befundung und Gutachten vorzulegen - ohne dass organisatorische Vorkehrungen auf der Vollzugsebene getroffen seien. „All diese Verfahrensschritte werden dem Betroffenen einseitig aufgebürdet.“

Diese Einseitigkeit und die fehlenden Schutzmechanismen für die Einzelperson würden „schon ganz formaljuristisch alle Abwehrgarantien des Artikel 8 Menschenrechtskonvention“ verletzen.

Das Impfpflichtgesetz widerspricht laut Schilchegger zudem auch dem Artikel 3 der Europäischen Grundrechtecharta. „Auch hier fehlen die Garantien. Auch hier wird ohne die informierte Einwilligung des Patienten vorgegangen, auch hier gibt es den erhöhten Schutzstandard.“

Der Punkt sei: Es gehe überhaupt nicht um die ungewisse Frage der Grundrechtseingriffe, „es geht um die Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien, die durch ein handwerklich schlecht gemachtes Gesetz entstanden sind.“

Antrag vor Verfassungsgerichtshof wird eingebracht 

Frühestens ab 15. März kann der Antrag gegen das Covid-19-Impfpflichtgesetz eingebracht werden, aus formalen Gründen. Bis dahin werde der Schriftsatz vorbereitet. Frühestens in der Juni-, vielleicht auch erst in der September-Session des VfGH glaubt er, dass es eine Entscheidung geben werde. „Bis dahin gilt das Gesetz, unabhängig von der Frage, ob es verfassungskonform ist. Man sollte sich daher überlegen, wie man mit einem drohenden Verwaltungsstrafverfahren umgehe. Er stelle dafür via Telegram Informationen und Muster zur Verfügung.“

„Eines Rechtsstaats unwürdig“ 

Es gehe darum, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren, es gehe darum, dass jeder Bürger im Land Rechtssicherheit habe, so Haimbuchner. „Derzeit nutzt die Bundesregierung die langen Zeiträume aus, bis der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen trifft“, verweist er auch auf den beschlossenen Antrag auf Eilverfahren im OÖ Landtag. „Wir bestreiten als FPÖ OÖ für alle mit Individualbeschwerden den Weg zum Verfassungsgerichtshof und gehen davon aus, dass das auch couragierte Anwälte unabhängig von uns tun.“

Gerade in diesen sehr schwierigen und emotional geladenen Zeiten müsse die Bevölkerung auf das Funktionieren des Rechtsstaates und staatlichen Institution vertrauen können. „Das wurde in den vergangenen Monaten verspielt. Nicht, weil die Regierung Fehler gemacht hat – im besten Fall lernt man daraus. Fehler können behoben werden“, so der FPÖ-Chef, ebenfalls Jurist. Für ihn jedenfalls ist das derzeitige Gesetz „eines Rechtsstaats und einer Demokratie wirklich unwürdig. Ich gehe felsenfest davon aus, dass es in derzeitiger Form jedenfalls verfassungswidrig ist.“


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