Pflege-Eltern gesucht: Land OÖ startet Kampagne in Linz-Land, Perg und Freistadt
OÖ/LINZ-LAND/PERG/FREISTADT. Die Kinder- und Jugendhilfe sucht jährlich für 70 Kinder aus Oberösterreich geeignete Pflegefamilien und startet deshalb, nach erfolgreichem Pilotprojekt in Gmunden und Vöcklabruck im Vorjahr, die Werbekampagne „Pflege-Eltern.jetzt“ in den Bezirken Linz-Land, Perg und Freistadt. Sie sprechen damit auch Menschen, die nur ein paar Stunden oder Wochen die Familien „Teilzeit“ entlasten können, an.

Aktuell haben im Bezirk Freistadt 44 Pflegekinder in 29 Pflegefamilien ein zweites Zuhause. Im Bezirk Linz-Land leben 53 Pflegekinder in 37 Pflegefamilien. Und im Bezirk Perg haben 20 Pflegekinder ihren Platz in 18 Pflegefamilien gefunden. „Wenn das Leben so weit aus der Bahn geraten ist, dass eine Familie nicht mehr in der Lage ist, ihrem Kind den nötigen Halt zu geben, dann überlegt die Kinder- und Jugendhilfe mit den Eltern, welche Betreuung am geeignetsten scheint. Wenn klar ist, dass ein Kind eine familiäre Betreuungsform braucht, dann sucht die Kinder- und Jugendhilfe nach Pflegeeltern. Diese übernehmen meist für eine längere Zeit die Aufgaben der leiblichen Eltern“, erklärt Kinderschutz-Landesrat Lindner die Vorgehensweise bei der Suche nach der passendsten Unterbringungsform für die Kinder.
Tatsächlicher Bedarf in den drei Bezirken ungewiss
Auch weil zuerst die Unterbringungsform geklärt werden muss, ist es für Theresia Schlöglmann, Abteilungsleiterin der Kinder- und Jugendhilfe vom Land OÖ, schwierig zu sagen wie hoch der tatsächliche, aktuelle Bedarf an Pflegefamilien ist. Steht fest, dass das Kind in eine Pflegefamilie kommt, wird immer noch mit Psychologen gemeinsam nach einem „Perfect Match“ gesucht - also welche Eltern passen zu welchen Kind und umgekehrt: „Je mehr Pflege-Eltern wir haben, desto besser und passender ist die Auswahl“, so Schlöglmann. Besonders kleine Kinder, fünf- bis sechs-Jährige würden sich in einem nachgeahmten Familienkonstrukt mit individueller Betreuung wohler fühlen, als in einer Wohngruppe mit mehreren zu Betreuenden. „Wenn wir keine Plätze, oder zu wenige bei Pflege-Familien haben, aber es notwendig ist, ein Kind aus der leiblichen Familie herauszunehmen, dann gibt es die Krisen-Pflegezentren, beziehungsweise sozialpädagogische, betreute Wohngruppen“, so Lindner.
„Es kommt auf die Bedürfnisse des Kindes drauf an. Nicht jedes Kind ist auch für eine Pflegefamilie geeignet, manche brauchen die Betreuungseinrichtung, insbesondere bei älteren Kindern. Aber je jünger das Kind, desto eher ist es wahrscheinlich für eine Familie geeignet“, fasst Werner Kreisl, Bezirkshauptmann in Perg, aus der Praxis zusammen. Und: „Wir brauchen das Angebot der Teilzeit-Pflegeeltern, um qualitativ stärker darauf hinzuwirken, dass die Kinder in der Herkunftsfamilie bleiben können.“
Teilzeit-Pflege-Eltern und Gesetztes-Novellierung
Vor allem werden Teilzeit-Pflege-Eltern gebraucht, zum Beispiel als Überbrückung, weil ein alleinerziehendes Elternteil auf Reha ist. Dabei wäre Autonomie die beste Organisation: „Ob die leiblichen Eltern die Pflege für zwei Nachmittage in der Woche oder für drei bis fünf Wochen durchgehend in Anspruch nehmen (wollen), ist in erster Linie ihnen selbst überlassen und können individuell mit den Teilzeit-Pflege-Eltern 'ausgehandelt' werden“, erklärt Theresia Schlöglmann, Abteilungsleiterin der Kinder- und Jugendhilfe beim Land OÖ, „Sollte es jedoch Probleme oder Fragen geben, können sich alle Betroffenen jederzeit an die Kinder- und Jugendhilfe im jeweiligen Wohnbezirk wenden.“
„Diese flexible Betreuungsform ist noch sehr wenig bekannt, gewinnt jedoch immer mehr an Bedeutung. Für ein betroffenes Kind kann diese Unterstützungsform eine enorme Bedeutung haben, wenn sie dazu beiträgt, dass das Kind weiter zu Hause leben kann. Daher novelliert das Land Oberösterreich die Teilzeit-Pflegeschaft auch im neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz“, so Michael Lindner.
Bewerbung bei Bezirkshauptmannschaft
Interessierte können sich bei der Kinder- und Jugendhilfe in ihrem Wohnort, also bei der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft, bewerben. Dort erhalten sie umfassende und unverbindliche Beratung über die verschiedenen Möglichkeiten. Je nach Betreuungsform sieht der weitere Weg dann unterschiedlich aus. Gespräche mit Sozialarbeitern und Psychologen helfen, die künftige Aufgabe realistisch einzuschätzen. Selbstverständlicherweise ist ein negativer Strafregisterauszug erforderlich, eine ärztliche Untersuchung wird durchgeführt und Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe statten zukünftigen Pflegefamilien im Vorhinein einen Hausbesuch ab.
Ergebnis des Pilotprojekts im Vorjahr
Vorgänger der heurigen Werbe-Kampagne war das Pilotprojekt im vergangenen Jahr. 2023 wurde in Gmunden und Vöcklabruck nach Pflege-Eltern gesucht und sie wurden gefunden: 40 Anfragen gingen im Zeitraum der Kampagne ein, mittlerweile gibt es in den beiden Bezirken einen eigenen Pool mit zehn Unterstützungs-Plätzen, von denen derzeit einige besetzt sind. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 646 Kinder in rund 470 oberösterreichischen Pflegefamilien betreut.
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