Rechtzeitig Hilfe holen, wenn Probleme unlösbar groß erscheinen
BEZIRK PERG. Wenn’s auf der Seele drückt, holen sich viele oft erst viel zu spät Hilfe. Die Hemmschwelle, in Beratung zu gehen und sich bei familiären oder psychosozialen Themen helfen zu lassen, ist besonders am Land noch immer hoch. Oft wird gewartet, bis die Lage ausweglos erscheint.

„Mir tut jedes Mal das Herz weh, wenn Menschen erst zu uns kommen, wenn die Scheidung schon kurz bevor steht oder sie bereits mitten im Burnout sind“, sagt Monika Greindl, Regionalleiterin der Familienberatung BEZIEHUNGLEBEN, welche im Bezirk mit drei Standorten (Perg, St. Georgen/Gusen und Grein) vertreten ist. Sie weiß aus Erfahrung: Je früher die Beratung aufgesucht wird, desto größer sind die Erfolgsaussichten, Lösungen zu finden und Verbesserungen des Status quo zu erzielen.
„Manchmal reichen auch schon zwei bis drei bestärkende Gespräche und das Aufzeigen verschiedener Lösungsmöglichkeiten für ein Problem aus“, macht Greindl Betroffenen Mut, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn seelische Belastungen zu groß werden und Herausforderungen unlösbar erscheinen.
Kostenbeitrag freiwillig
BEZIEHUNGLEBEN-Beratungsstellen gibt es in Oberösterreich bereits seit über 50 Jahren. „Trotzdem weiß man oft noch kaum von unseren Angeboten und vor allem, dass der Kostenbeitrag freiwillig ist und sich nach dem Einkommen richtet“, so Greindl. Für Menschen, die absolut keinen Beitrag leisten können, ist die Beratung kostenlos. „Niemand, der Hilfe braucht und sich auch helfen lassen möchte, fällt bei uns durch den Rost“, sagt die Regionalleiterin.
Monika Greindl im Tips-Kurzinterview
Tips: Die dunkle Jahreszeit ist bekannt dafür, dass der Herbst- und Winterblues vor der Tür steht und trübe Gedanken mitbringt.
Monika Greindl: Ja, genau. Im Sommer scheint oftmals alles in Ordnung zu sein. Wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden, treten dann häufig Probleme, die auch schon im Sommer vorhanden, aber zugedeckt waren, zutage. Je rascher man sich Hilfe holt und Beratung in Anspruch nimmt, desto größer sind die Chancen, dass man aus einer etwaigen Negativspirale wieder rauskommt.
Tips: Warum zögern so viele Menschen so lange, sich Hilfe zu holen?
Monika Greindl: Hilfe in Anspruch zu nehmen, wird in unserer Gesellschaft oft als Schwäche gesehen. Dabei ist es eigentlich genau umgekehrt: Wer sich helfen lässt, wenn er selbst an seine Grenzen stößt, beweist innere Stärke. In allen anderen Lebensbereichen vertrauen wir ja schließlich auch auf Fachleute. Wir stellen unser Auto in die Autowerkstatt, weil wir es selbst nicht reparieren können. Wir lassen uns eine Füllung vom Zahnarzt machen, wenn wir ein Loch im Zahn haben. Nur in seelischer Hinsicht glauben viele Menschen noch immer, dass es ein Makel sei, sich von Profis einen Rat zu holen.
Tips: Viele vertrauen sich nur den engsten Familienmitgliedern an.
Monika Greindl: Genau da liegt meist das Problem. Familienmitglieder sind oftmals viel zu involviert. Eine neutrale, externe Person sieht hier viel klarer und kann Prozesse anstoßen, die die Betroffenen aus eigener Kraft nicht in Gang setzen können. Manchmal haben Menschen in belastenden Situationen einen regelrechten Tunnelblick. Es ist immer wieder beglückend, mitzuerleben, wie es langsam wieder heller und heller wird im zuvor finsteren Tunnel.
Beratungsstellen und Angebot
Die BEZIEHUNGLEBEN-Beratungsstellen sind der Diözese Linz unterstellt, richten sich aber an alle Hilfesuchenden unabhängig von Konfessionen. Inhaltlich spannt sich der Bogen der Beratungsangebote über alle Themen, die das Menschsein betreffen – also z. B. Paar-, Ehe- und Familienberatung, Männerberatung, Gewaltberatung für Männer und Frauen, Scheidung, Trennung, Neubeginn, Jugendberatung, Einsamkeit im Alter, Trauer.
BEZIEHUNGLEBEN bietet seit 2023 auch kostenlose Elternberatung, die im Rahmen des Eltern-Kind-Passes empfohlen wird.
Terminvereinbarung über die Linzer Zentrale: 0732 77 36 76. In Perg, Grein und St. Georgen/Gusen stehen jeweils männliche und weibliche psychosozial ausgebildete Fachleute zur Verfügung.
Infos findet man auch unter: www.beziehungleben.at
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