Hans-Peter Junger und die Jünger: Lieder aus dem Hinterhof des Glücks
RIED/I. Bekannte Gesichter im neuen Outfit gibt es beim Konzert von Hans-Peter Junger & Die Jünger am 28. April im KiK. In der gleichen Besetzung, aber mit völlig anderer Musik, haben die vier schon als „Revolve“ im KiK gespielt, die Jünger waren früher als „Sin After Sin“ bekannt.

Hans-Peter Jungers neuer Stil mit deutschen Texten hat mit den Vorgängerbands nichts mehr zu tun – die Bezeichnung „chansonesker Rock“ trifft es recht gut.
Beziehungslieder
Der 43-Jährige, der in Lambrechten lebt und als diplomierter Jugend- und Sozialpädagoge einer Jugend-WG in Taufkirchen arbeitet, schreibt und singt keine Liebeslieder, sondern Beziehungslieder: „Liebeslieder blenden den Alltag aus. Ich bin da eher Realist. Wenn man etwas älter ist, kann man sich leicht mit den Texten identifizieren.“
Gegenüber seiner Lebensgefährtin hatte Junger bei einigen Texten Erklärungsbedarf. Die dort geschilderten Handgreiflichkeiten und Scharmützel aus dem „Hinterhof des Glücks“ (so der Albumtitel) sind aber nicht autobiografisch, sagt er.
Turbulente Beziehungen
Protagonisten seiner Geschichten sind oft Männer, die nicht wirklich gut über beendete Beziehungen hinwegkommen; und auch wenn die Beziehung noch funktioniert, fliegen schon mal Blumentöpfe oder ein Pflasterstein. Unaufgeräumte Wohnungen, Wodkadiebe, kratzende Katzen, fiese Nachbarn und Kinder, die in unpassenden Momenten stören, kommen vor, und Fortuna wird als „dieses Schwein“ bezeichnet. „Der Text von „Pommerland“ könnte nach einem Bienenkorb-Besuch passiert sein“, meint Junger schmunzelnd.
Maritim
Was bei einem österreichischen Sänger vielleicht ein wenig überrascht, ist Jungers Affinität zum Meer. Nicht nur manche Inhalte, sondern auch viele Sprachbilder sind mehr maritim als alpin, seine Geschichten tragen sich eher vor norddeutsch-verregnetem Hintergrund zu als vor italienisch-sonnigem Ambiente. „Geschichten über die See faszinieren mich“, sagt er. „Ich sehe mich aber nicht als Hans Albers, sondern eher als Querelle, den bösen Seemann aus Jean Genets Roman.“
Randexistenzen
Obwohl er, wie er sagt, drei „sündige Jünger“ um sich geschart hat, weist Junger jeden Anflug von Sendungsbewusstsein weit von sich. Ihn ziehen vor allem die Randexistenzen unserer Gesellschaft an – „wahrscheinlich, weil ich mich selbst für eine solche halte“: Gefallene, Gestrauchelte, Verlorene und Vergessene. „Dabei empfinde ich immer eine Melancholie, die ich mit etwas Humor und Skurrilität zu mildern versuche, um etwas Distanz zum Beobachteten herzustellen. Auch Amor lasse ich zwischen den Zeilen immer wieder hervorgucken, weil ohne Liebe ja nichts geht, wie ich finde.“
Hans-Peter Junger hat auch einen Roman geschrieben („Nordflucht“), der als E-Book erhältlich ist.
Peter Gift
Erste musikalische Erfahrungen sammelte Hans-Peter Junger mit etwa 18 Jahren in der Coverrockband „Little Goat Brook Band“. Danach fing er an, unter dem Pseudonym Peter Gift Songs zu schreiben, aufzunehmen und mit Band live zu spielen – beeinflusst vor allem von Tom Waits, Nick Cave und Sixteen Horsepower. 2008 beendete Junger dieses Kapitel (“weil ich das Gefühl hatte, musikalisch in eine Sackgasse geraten zu sein“) und stieg danach bei „Revolve“ ein.
Die Jünger
Hans-Peter Jungers Begleitband, die Jünger, spielen als Trio schon seit mehr als 20 Jahren zusammen. Als Sin After Sin haben sie sich mit knallhartem und schnellem Speedmetal-Hardcore-Psychedelic-Sound über die Region hinaus einen Namen gemacht. Damals lernten sich Junger und S.A.S.-Gitarrist Albert Radlinger kennen, weil sie eine Zeitlang bei der gleichen Firma arbeiteten.
Einige Zeit nach dem Ende von Sin After Sin tat sich das Trio 2010 mit Sänger/Gitarrist Hans-Peter Junger zusammen und kehrte als „Revolve“ mit knochentrockenem, straightem und energiegeladenem Rocksound zurück – leider nur eine kurzfristige Episode, von der nur ein paar Demos (aufgenommen mit Frank Schwinn) und YouTube-Clips aus dem Proberaum und von einem Konzert im KiK überliefert sind.
Deutsche Texte
Schon damals begann Hans-Peter Junger, für sich selbst deutsche Texte zu schreiben und sich eingehender mit Chansons und deutschsprachiger Musik auseinanderzusetzen. Als Eckpfeiler nennt er Serge Gainsbourg, Jacques Brel, Hildegard Knef und Element of Crime, wobei es nur letztere hörbar in den „Junger-Sound“ geschafft haben. Für die neuen Stücke begann er auch, Klavier zu spielen. „Mit Revolve konnte ich mir diese Texte nicht vorstellen. Auf einer Geburtstagsparty haben wir es trotzdem probiert, und es funktionierte.“ Folglich blieb man bei der Sache.
Neuer Stil
In den meist mittelschnellen Songs des ersten, im Oktober veröffentlichten Albums „Hinterhof des Glücks“ (erhältlich als Download und Stream auf allen gängigen Quellen von iTunes und Amazon bis Spotify) tauchen schon mal Tango oder Walzer auf; dass die Jünger auch kräftig losrocken können, lässt sich nur an der gewollt trockenen, dreckigen Spielweise erahnen. Junger: „Es ist eine Herausforderung im Studio, die Songs nicht zu glatt zu spielen.“ Aufgenommen wurde „Hinterhof des Glücks“ in Neumarkt im Studio von Michael Wiesinger, der auch als Produzent fungierte.
Live kommt das natürlich druckvoller und dynamischer rüber, zusätzlich tritt das „europäische“ Element bei den neueren Stücken zu Gunsten von Americana-Anklängen – ein wenig in die Richtung von rockigen Singer/Songwritern wie Warren Zevon, aber auch David Eugene Edwards (16 Horsepower) – etwas in den Hintergrund.
Anders singen
„Ich wollte schon immer mit deutschen Texten arbeiten“, erklärt Hans Peter Junger seine Wandlung. „Der neue Stil ist völlig anders, man muss die Texte anders singen und betonen.“ Als Beispiel nennt Junger Serge Gainsbourg, der oft ein ganzes Lied in einer Stimmlage durchgesungen habe, während man bei Rocksongs die ganze Bandbreite der Stimme einsetzen müsse.
Junger hat in den 90ern zwei Jahre lang klassischen Gesangsunterricht erhalten und – „obwohl ich keine Noten kannte und noch immer nicht kenne“ – auch Schubert und Brahms gesungen. „Das hilft mir sehr und sorgt auch dafür, dass ich gesanglich nicht in das Fahrwasser von irgendjemand anderem gerate.“
Konzert
- Freitag, 28. April, 20 Uhr
- Ried, KiK
- Eintritt: 18 Euro
- Vvk.: Raiffeisenbank Region Ried, Thalia Buchhandlung, kik-ried.com
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