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In vier Monaten zum Teamkapitän: Wolfgang Pirker fährt zur WM

Walter Horn, 30.08.2021 12:01

WALDZELL. In Berlin findet vom 9. bis 11. September die 2. Tischtennis-Weltmeisterschaft für Parkinsonbetroffene statt. Wolfgang Pirker (67) aus Waldzell, ehemaliger Lehrer und Grünen-Politiker, wird daran als Kapitän der österreichischen Mannschaft teilnehmen.

  1 / 2   Wolfgang Pirker lässt sich auch von einem Bandscheibenvorfall nicht am Tischtennisspielen hindern – notfalls spielt er mit Stock. (Foto: Tips/Horn)

Er habe erst im Frühjahr erfahren, dass es diese Veranstaltung überhaupt gibt, erzählt er und fügt hinzu, dass er anfänglich das Gefühl hatte, er sei der Einzige, der sich für diese Veranstaltung interessiere.

Etwa vier Monate später führt er das „Team Austria“ an: „Ich habe es anfangs sportlich nicht ernst genommen, sondern wollte nur aus gesundheitlichen Gründen teilnehmen.“

Mit der Zeit kam aber auch sportlicher Ehrgeiz dazu – auch wenn Pirker nicht mit Medaillen rechnet: „Wir werden wahrscheinlich nur eine Außenseiterrolle spielen, denn das Niveau, auf dem die Konkurrenz mittlerweile spielt, ist hoch.“

Nicht nur sportliche Aspekte

Für Pirker, der die Diagnose Parkinson vor 21 Jahren erhielt, ist ein anderer Aspekt entscheidend: Bei dem Turnier wird im Auftrag der Internationalen Tischtennis-Föderation wissenschaftlich untersucht, welche Auswirkungen Tischtennis auf die Symptomatik von Parkinson hat.

Deswegen gibt es auch keine sportliche Qualifikation; die Teilnehmer werden unter anderem nach dem Zeitpunkt der Erstdiagnose und dem Grad der Parkinsonsymptome in verschiedene Leistungsgruppen eingeteilt.

Führende Neurologen sagen, dass Tischtennis für Parkinsonkranke die beste Sportart sei, um den Verlauf der nach wie vor nicht heilbaren Krankheit zu bremsen und die Lebensbedingungen der Betroffenen zu verbessern – eine Erfahrung, die Pirker seit Jahren macht: „Das kann ich zu hundert Prozent bestätigen. Ich spiele seit 2009 und habe damit unbewusst die beste Therapie gefunden. Im Spiel verschwindet das Zittern, ich kann lange spielen, ohne müde zu werden.“

Aufwändige Organisation

Die erste Parkinson-Tischtennis-Weltmeisterschaft fand 2019 in New York statt, mit etwa 75 Teilnehmern aus 25 Ländern, und ohne österreichische Beteiligung. Für Berlin wird die doppelte Anzahl von Startern erwartet.

Weil ihm die Idee immer besser gefiel, wurde Pirker aktiv: „Ich habe die Initiative übernommen, weil ich viele Leute kenne.“

Durch seine Kontakte in der österreichischen Parkinson-Szene konnte er andere Erkrankte zur WM-Teilnahme motivieren und ein „Team Austria“ zusammenstellen – außer ihm noch zwei Männer und drei Frauen: Hermine Hofner, Hans Puhr, Franz Schlemmer (alle NÖ), Ansuela Braunschmid (Salzburg) und Negin Schaller (Wien). Pirker: „Es gibt sicher bessere Spieler als uns, aber nicht alle, die interessiert waren, haben Begleitpersonen für die Reise nach Berlin.“

Als Pirker zum ersten Mal beim Österreichischen Tischtennisverband anrief, habe offenbar niemand gewusst, worum es geht. In mehreren Gesprächen konnte er aber so viel Interesse wecken, dass die sechs Sportler offizielle Nationaltrikots erhielten: „Eine Ehre und Motivation für uns!“

Seine politischen Kontakte nützte Pirker, um beim Sportministerium finanzielle Unterstützung aufzutreiben, die einen Teil der Kosten deckt.

„Trainingslager“

Das Team kam zum ersten Mal Mitte August in Wels zusammen. Da hatte Pirker für das Sextett die Teilnahme an einem zweitägigen Tischtenniskurs mit David Huber, dem Trainer des Vereines SPG Walter Wels, organisiert. Bei ihm hatte Pirker vor Jahren einen Tischtenniskurs absolviert, seitdem ist man in Kontakt.

Die Erfahrungen während dieses „Trainingslagers“ beschreibt Pirker als „überwältigend“ und schwärmt: „Wir wurden von den anderen 15 bis 20 Kursteilnehmern mit einer Herzlichkeit empfangen, die uns in den folgenden Stunden nicht nur sportlich wachsen, sondern zeitweise auch emotional in Sphären der Glückseligkeit schweben ließ.“

Für Wolfgang Pirker eine Erfahrung geglückter Inklusion, zu der Tischtennis einen Beitrag leisten könne.


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