„Der Stundenlohn eines Milchbauern beträgt fünf bis sechs Euro“
BEZIRK SCHÄRDING. Mehr als 70 Landwirte aus dem Bezirk Schärding protestierten in der Bezirkshauptstadt gegen Dumpingpreise bei Milch und heimischen Lebensmitteln.

Die oberösterreichweiten Protesten der Landwirte haben hohe Wellen geschlagen. So auch im Bezirk Schärding, wo sich rund 70 Landwirte an der landesweiten Aktion beteiligten. Ihr Aufmarsch in der Bezirkshauptstadt hat sich nicht gegen Konsumenten gerichtet, sondern gegen die Dumpingpreise bei Milch und heimischen Lebensmitteln. „Wir geben den Konsumenten keine Schuld! Mit der Protestaktion wollten wir auf die Situation der Landwirte hinweisen“, so Peter Gumpinger, Schärdings Bauernbund-Obmann, und weiter: „Die Landwirte sind immer höheren Produktionskosten ausgesetzt, bekommen aber nicht mehr Geld für ihre Produkte. Das kann so nicht funktionieren. Wir arbeiten 365 Tage im Jahr. Ein Milchbauer hat im Durchschnitt einen Stundenlohn von fünf bis sechs Euro. Das muss man sich mal vorstellen.“
Kein Geld für Investitionen
Besonders von den niedrigen Lebensmittelpreisen sind kleine Betriebe betroffen, für die es immer schwieriger wird, positiv zu wirtschaften. „Wenn am Ende des Tages kein Geld übrig bleibt, dann können keine Investitionen getätigt werden. Dies führt dazu, dass sich junge Menschen einfach oft nicht mehr dazu entschließen, die elterlichen Höfe zu übernehmen. Viele entscheiden sich dann lieber für einen sicheren Arbeitsplatz und die soziale Absicherung, die sie als Landwirte nicht unbedingt haben“, so Josef Diermayer, Bauernbundobmann des Bezirkes Ried im Innkreis. Laut dem Innviertler wird aktuell viel über „Fair Trade“ gesprochen. Fairness fordert er daher auch gegenüber den österreichischen Landwirten. „Es ist kein Geheimnis, dass die Lebensmittelketten hohe Margen auf ihre Produkte haben. Hier könnte der Hebel angesetzt werden. Wir wollen ja nicht, dass der Konsument der Leidtragende ist“, meint Diermayer.
9,7 Prozent für Lebensmittel
Ein Dorn im Auge der Landwirte sind die vielen Rabattaktionen, mit welchen die Lebensmittelketten versuchen, Kunden in ihre Geschäfte zu locken. Laut den beiden Bezirksobmännern kaufen die Konsumenten deswegen nicht mehr Lebensmittel ein. „Ein Österreicher gibt im Durchschnitt 9,7 Prozent seines Einkommens für Lebensmittel aus“, meint Gumpinger. Tendenz fallend. Dass sich die Protestaktionen vor Spar-Filialen abgespielt haben, hat den Grund, weil der Lebensmittelkonzern die Gespräche mit den Landwirten über die Milchpreise abgebrochen hat – Spar dementiert in eine Pressesendung diese Vorwürfe. „Spar investiert jedes Jahr Millionen in neue, moderne Märkte und schreibt hohe Gewinne. Das finde ich auch sehr positiv, denn sie schaffen viele Arbeitsplätze und das belebt unsere Wirtschaft. Aber bitte nicht auf Kosten der Landwirte“, meint Gumpinger.
Keine Förderungen
An der Protestaktion hat auch Landwirtin Martina Mittermayr aus Andorf teilgenommen und an ihrem Traktor ein Plakat mit der Aufschrift „Ist der Bauer ruiniert wird dein Essen importiert“ angebracht. Die 37-jährige Innviertlerin hat vor zwölf Jahren gemeinsam mit ihrem Mann den Betrieb ihrer Schwiegereltern übernommen. „Wir haben 170 Stück Vieh, davon 50 Milchkühe. Ich bin gerne Landwirtin“, sagt die Andorferin, die den Betrieb im Vollerwerb führt. Auch sie berichtet, dass die Situation für kleine Betriebe immer schwieriger wird. „Ich kann es absolut nachvollziehen, dass viele Milchbauern bei den derzeitigen Preisen Angst um ihre Existenz haben. Wenn kein Geld da ist, dann stellen schon kleine Investitionen die Landwirte vor große Probleme“, meint Mittermayr. Und weiter: „Wenn der Milchpreis um zehn Cent steigen würde, dann wäre den Landwirten sehr geholfen.“ Mittermayr glaubt, dass die Konsumenten diese Preiserhöhung verkraften beziehungsweise akzeptieren würden. Weitere Förderungen wünscht sich Mittermayr keine. „Förderungen sind immer mit Steuererhöhungen verbunden. Ich will nicht, dass andere dazu gezwungen werden, mehr Steuern zu zahlen, damit es den Landwirten besser geht. Die Politik soll einfach dafür sorgen, dass wir fair bezahlt werden.“
Keine Tiertransporte
Im Zuge ihres Gesprächs mit Tips richtet Mittermayr, die ihre Tiere nur an regionale Metzger verkauft, einen Appell an Österreichs Politiker: „Ich würde mir wünschen, dass die Tiertransporte ins Ausland sofort gestoppt werden. Die Tiere dürfen diesem Leid nicht länger ausgesetzt werden.“ Die Andorferin hat kein Problem damit, wenn viele Bauern ihr Fleisch in die ganze Welt hin-aus verkaufen: „Die Tiere sollten aber bitte in Österreich unter normalen Bedingungen getötet werden.“
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