Freie Bildung: „Eine Schule, in die ich selbst gerne gegangen wäre“
EFERDING. Eine Gruppe von Eltern möchte die erste freie Schule in Eferding gründen. Wie diese aussehen soll und warum das nichts mit Corona-Lerngruppen zu tun hat, erzählt Initiatorin Sybille Blatzheim.

„Eine Schule, in die ich selbst gerne gegangen wäre“, so nennt Sybille Blatzheim das Konzept der freien Schule Eferding. Inspiriert von anderen Bildungseinrichtungen, in denen kein traditioneller Unterricht angeboten wird, sondern Kinder selbstbestimmter lernen, gründete sie einen Trägerverein, der ab dem Herbst 2022/2023 eine Schule tragen wird. Doch was ist eine freie Schule?
Erkenntnisse von Montessori
In freien Schulen sind altersübergreifende Lerngruppen geplant, in denen die Kinder selbst entscheiden, worauf sie den Fokus bei ihren Lernthemen setzen wollen. Das Konzept stützt sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse von Reformpädagogin Maria Montessori und Hirnforscher Gerald Hüther. „Das bedeutet nicht, dass ein Kind nie schreiben lernen muss, wenn es nicht will“, erklärt Blatzheim. Ausgebildete Pädagogen, sogenannte Lernbegleiter, unterstützen die Kinder in ihrem Lernerfolg und bieten unterschiedliche Angebote an, um die Kinder stärker zu motivieren. Begonnen werden soll in Eferding im Herbst 2022 mit fünf Kindern in der ersten Schulstufe, ebensoviele sollen pro Jahr dazukommen, geplant ist eine Regelschule für Kinder zwischen sechs und 16 Jahren, die durchgehend in der Schule bleiben.
Keine Lerngruppe
„Wir sind keine Lerngruppe“, stellt Blatzheim klar und bezieht sich damit vor allem auf eine Frage, die ihr seit Beginn der Corona-Zeit immer wieder gestellt wird. Freie Schulen unterrichten zwar nach einem eigenen Lehrplan, die Endjahresprüfungen müssen allerdings durch eine externe Person abgehalten werden. „Es geht uns nicht um die Corona-Situation, wir wollen nachhaltig eine andere Lernumgebung schaffen“, so Blatzheim. Finanziert wird die Schule über Schulgeld der Eltern, es soll in Eferding zwischen 250 und 300 Euro pro Monat betragen.
Aufnahmeverfahren
Das Aufnahmeverfahren der Schule richtet sich eher an Eltern als an Kinder. „Wir wollen Familien, die hinter dem Konzept stehen“, erklärt Blatzheim. Deshalb sei vor allem von den Eltern Engagement gefragt. Alle Aufgaben, für die sonst Personal eingestellt werden müsse, werden von den Mitgliedern des Trägervereins übernommen. „Das fängt beim Schulputz an und reicht bis hin zu Buchhaltung und Gesprächen mit potentiellen neuen Schülern“, erklärt die Initiatorin. Zudem müssen die Eltern verpflichtend an den Informationsabenden teilnehmen.
Gebäude gesucht
Derzeit ist der Verein noch auf der Suche nach einem Gebäude, in dem die Schule in den ersten Jahren beheimatet sein soll. Wichtig sind ein Zugang zur Natur sowie mehrere Räume, in die sich die Kinder bei Bedarf zurückziehen können. Eferding wurde als Schulstadt ausgewählt, um das Einzugsgebiet zu vergrößern.
Nicht das Schulsystem verurteilen
„Ich habe nichts gegen die örtliche Volksschule“, erklärt Blatzheim. Sie wolle auch nicht das österreichische Schulsystem verurteilen, glaube aber aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass eine andere Lernumgebung für Kinder sinnvoll sei. „Kinder lernen dann am schnellsten und am besten, wenn sie sich für etwas gerade interessieren“, erklärt die Mutter zweier Kinder.
Freie Schulen in Oberösterreich
Etwa 120 Schulen sind in verschiedenen Dachverbänden österreichweit vertreten, in Oberösterreich listet die Bildungsdirektion vier dieser Einrichtungen auf. Sie unterliegen dem Privatschulgesetz, der Unterricht muss jährlich durch Inspektionen überprüft werden, die Lehrbefähigung des Personals muss der Bildungsdirektion vorgelegt werden. 2019 wurde die letzte dieser Bildungseinrichtungen errichtet.
Unterschiede
Die Schulen setzen unterschiedliche Schwerpunkte, erläutert Momo Kreutz vom europäischen Forum für freie Bildung (EFFE). Waldorfpädagogik, Montessorischulen und demokratische Schulen sind in unterschiedlichen Verbänden zusammengefasst. Weiters gibt es Schulen, die nur Primarstufe haben, andere haben nur Oberstufe. „Allen gemeinsam ist: Sie sind Privatschulen und zur Erfüllung der Schulpflicht geeignet“, erläutert Kreutz.
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