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Bad Ischl würdigt NS-Opfer mit Straßennamen und im neugestalteten Stadtmuseum

Franz Michael Zagler, 30.07.2024 06:37

Bad Ischl. Nach fast zweijähriger Sanierung und Neustrukturierung hat das Museum der Stadt Bad Ischl seit 19. Juli 2024 wieder geöffnet. Die Stadt ist stolz darauf, dass die Erzählung des Salzkammergutes nicht wie bisher mit dem Tod des Kaisers Franz Joseph endet, sondern bis in die Gegenwart reicht und sogar Ausblicke in die Zukunft gibt.

Die Rosalia-Hahn-Allee erinnert an Opfer des NS-Regimes Foto JZ
  1 / 2   Die Rosalia-Hahn-Allee erinnert an Opfer des NS-Regimes Foto JZ

Die Besucher:innen der Kulturhauptstadt Europas 2024 erlebten „eine neue Geschichte, die auch die schwierige Zeit der Weltkriege nicht ausspart“, wie die Museumsleitung auf der Website schreibt. Dort wird auch den Bad Ischler Opfern des Nationalsozialismus mehr Raum gewidmet. Die Lebensgeschichte von Leopold Engleitner, der in drei Konzentrationslagern unbeschreibliche Qualen überlebte, beeindruckt besonders. Er wurde am 23. Juli 1905 in Strobl am Wolfgangsee geboren, kannte den letzten österreichischen Kaiser, überlebte zwei Weltkriege und besuchte als Zeitzeuge Schulen, Universitäten und Gedenkstätten in Europa und in den USA. Er reiste als Hochbetagter über 130.000 Kilometer, um seine außergewöhnliche Geschichte zu erzählen. Er verstarb am 21. April 2013 im 108. Lebensjahr und war der älteste Überlebende weltweit.

Besucher:innen können sich per Knopfdruck über den Mut dieses einfachen Bauernknechts informieren, der seinem Gewissen folgte und den Dienst in Hitlers Armee verweigerte. Er blieb als Bibelforscher, wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden, seiner religiösen Überzeugung treu und war in den drei Konzentrationslagern Buchenwald, Niederhagen und Ravensbrück interniert.

Straßenbenennung nach „erinnerungswürdiger“ Frau

Bad Ischl hat im Rahmen der Kulturhauptstadt 2024 einige Straßen und Plätze nach „erinnerungswürdigen“ Frauen benannt. Eine Straße trägt den neuen Namen Rosalia-Hahn-Allee.

Rosalia Hahn, geborene Gimpl, war wie Leopold Engleitner als Zeugin Jehovas im Konzentrationslager Ravensbrück eingesperrt. Sie überlebte allerdings nicht und wurde wegen Arbeitsverweigerung im Herbst 1942 im Alter von 41 Jahren hingerichtet. Diese mutige Frau, die am 1. November 1901 geboren wurde, und am 4. April 1939 nur deswegen festgenommen wurde, weil sie einem Bibelvortrag beiwohnte, sprach offen über das, was sie sah. So rief sie einer Bibelforscherin zu:

„Komm her Grete (Margarethe Buber-Neumann, Anm.)! Ich muss dir etwas Wichtiges erzählen. Man hat uns von Auschwitz zurückgebracht und wir werden bestimmt hingerichtet. Aber bevor wir sterben, muss ich dir sagen, was im Lager Auschwitz Entsetzliches geschieht! Da wirft man Menschen, lebende Kinder, ja du kannst es mir glauben, jüdische Säuglinge ins Feuer. Über dem ganzen Lager liegt Tag und Nacht der Gestank von verbranntem Menschenfleisch. Du glaubst es nicht?! So wie ich hier stehe, ich spreche die Wahrheit, die reine Wahrheit!“ (Quelle: „Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht!“ Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus in Kärnten von Fr. Dr. Gerti Malle, S. 56)