Alpine Vereine unter Druck: Erhaltung von Berghütten und Wanderwegen wird immer schwieriger
BEZIRK KIRCHDORF. 15 Berg- und Schutzhütten im Bezirk Kirchdorf stehen unter der Verantwortung alpiner Vereine. Auch die Wege dorthin werden von Alpenverein und Naturfreunde betreut. Immer häufiger vorkommende Wetterextreme stellen die Ehrenamtlichen jedoch vor große Herausforderungen. Zum Abschluss des Bergsommers sprach Tips mit Vertretern der beiden Vereine über deren ganz persönlichen „Notruf aus den Alpen“.

Latschen, und zwar viele davon, umgeben die kleine, fast quadratische Hütte. Eingebettet zwischen Hochsengs und Gamskogel hat sich das Hochsengs-Biwak mit seinen unaufgeregten Blechwänden an die Ruhe, die sie umgibt, angepasst. Abseits der Sendestation beim Spering, die am westlichen Rand des Gebirgszugs steht, ist das Biwak die einzige Notunterkunft im Sengsengebirge. Ob Gewitter, einbrechende Dunkelheit oder schwindende Kräfte: Die immer geöffnete, kleine Blechhütte bietet Schutz und Zuflucht, wenn es darauf ankommt.
Abschied vom Bergsommer
Das Hochsengs-Biwak ist nur eine von vielen Berg- und Schutzhütten im Bezirk Kirchdorf, die unter der Verantwortung eines alpinen Vereins steht. In Summe werden 15 Berg- und Schutzhütten in der Region von Alpenverein und Naturfreunde betreut. „Unsere Hütten werden derzeit auf das Saisonende vorbereitet, der Bergsommer geht langsam zu Ende“, erzählt Werner Graßegger, Gebietssprecher der Naturfreunde im Bezirk Kirchdorf. Die Hüttensaison sei ganz gut verlaufen, wobei die Anzahl der Tages- und Nächtigungsgäste großteils stagniere. Ähnliches berichtet auch Franz Miglbauer, Wegewart der AV-Sektion Kirchdorf und Landesreferent für Hütten und Wege des AV OÖ: „Die finalen Zahlen sind noch nicht verfügbar, aber die Zahl der Tagesbesucher und Nächtigungen ist für heuer grundsätzlich positiv.“ Größere Umbauarbeiten an den Berg- und Schutzhütten gab es zuletzt 2023 – etwa bei der Steyrerhütte, wo eine Photovoltaikanlage installiert wurde. „Es gäbe bei jeder Hütte genug zu tun, genug Projekte, die wir gerne umsetzen würden. Aber es scheitert schlussendlich immer an den finanziellen Mitteln“, erklärt Werner Graßegger.
Hüttenneubau: Mittlerweile mit drei Millionen zu rechnen
Gab es bis 2023 seitens des Landes OÖ jährlich noch 230.000 Euro „alpine Hüttenförderung“, ist der Fördertopf seither nur mehr mit 80.000 Euro gefüllt. Dem gegenüber stehen enorm gestiegene Baukosten. „Mittelfristig wird im Bezirk Kirchdorf der Abriss und Neubau einer AV-Hütte anstehen. Während ein Hüttenumbau 2013 etwa 700.000 Euro kostete, müssen wir jetzt mit zweieinhalb bis drei Millionen Euro rechnen“, veranschaulicht Franz Miglbauer.
Unwetter setzt Wegen zu
Durch die immer häufiger vorkommenden Wetterextreme, wie zuletzt die Starkregenereignisse Mitte September, wird auch das Betreuen der Wanderwege und alpinen Steige immer herausfordernder – und kostenintensiver. „Wir arbeiten alle ehrenamtlich – aus Liebe und Respekt unserer einzigartigen Natur gegenüber. Aber es wird immer schwieriger, die Wege und Hütten zu erhalten“, betont Werner Graßegger.
Rettungspaket gefordert
Angesichts dieser Herausforderung in der Hütten- und Wegebetreuung fordern die alpinen Vereine österreichweit ein finanzielles Rettungspaket in der Höhe von 95 Millionen Euro von der Bundesregierung. Mehr als 94.000 Personen haben die Petition „Notruf aus den Alpen“ bereits unterschrieben. „Viele, vor allem kleinere Sektionen, können größere Sanierungen nicht ohne die massive Unterstützung der öffentlichen Hand finanzieren. Aus Solidaritätsgründen unterstützen alle Sektionen des Bezirks die Petition“, erklärt Franz Miglbauer.
„In den Bergen sind alle gleich“
Trotz aller Herausforderungen, mit denen sich die alpinen Vereine konfrontiert sehen, hat die Situation wohl auch etwas Gutes: Von der einstigen Diskrepanz zwischen Alpenverein und Naturfreunde ist – zumindest im Bezirk Kirchdorf – nichts mehr zu spüren. Oder wie Werner Graßegger sagen würde: „In den Bergen, da sind wir alle gleich.“
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