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Gerhard Edelsbacher wirft kritischen Blick auf das Wirtschaftskammerrecht

Susanne Winter, MA, 16.07.2019 20:02

ROSENAU. Gerhard Edelsbacher aus Rosenau veröffentlichte ein Buch, in dem er die Wirtschaftskammern aus juristischer Perspektive betrachtet. Mit Tips sprach der Delegierte zum Wirtschaftsparlament über demokratische Grundprinzipien, Fraktionsförderung, Pflichtmitgliedschaft und über den Mut, Kritik zu äußern.

Gerhard Edelsbacher ist auf einem Bergbauernhof in Rosenau aufgewachsen und veröffentlichte vor Kurzem sein Buch „Opposition im Wirtschaftsparlament – Wirtschaftskammern im Lichte von Transparenz und Pluralität“. Foto: Harald Minarik
  1 / 2   Gerhard Edelsbacher ist auf einem Bergbauernhof in Rosenau aufgewachsen und veröffentlichte vor Kurzem sein Buch „Opposition im Wirtschaftsparlament – Wirtschaftskammern im Lichte von Transparenz und Pluralität“. Foto: Harald Minarik

Tips: Warum haben Sie ein Buch über die Wirtschaftskammer geschrieben?

Gerhard Edelsbacher: Ein politisches Start-Up hat es 2015 geschafft, ins Wirtschaftsparlament einzuziehen. Ich habe das Mandat für NEOS bekommen und erhielt Einblicke in die Wirtschaftskammer. Im Rahmen meines Doktoratsstudiums habe ich mich intensiv mit dem Wirtschaftskammer-Recht beschäftigt. In meinem Buch ist ein Teil davon enthalten.

Tips: An wen richtet sich das Buch?

Edelsbacher: Für mich war es wichtig, auch Nicht-Juristen das Thema zugänglich zu machen. Wir haben eine komplexe Organisation mit einem noch komplexeren Wahlrecht. Deshalb widmet sich das erste Kapitel der Organisation der Wirtschaftskammer und das zweite Kapitel dem Wahlrecht.

Tips: Was wollen Sie aufzeigen?

Edelsbacher: Seit der Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes 2008 gelten demokratische Grundprinzipien bei Wirtschaftskammerwahlen. Im aktuellen Wirtschaftskammerrecht sehe ich jedoch verfassungsrechtliche Probleme.

Tips: Welche Kritikpunkte sind das?

Edelsbacher: Aufgrund der indirekten Wahl – es wird nur in den Fachgruppen gewählt – haben politische Start-Ups, denen es nicht gelingt, in allen Fachgruppen zu kandidieren, geringere Chancen, in höheren Gremien vertreten zu sein. Zudem sind die Unterschriftenquoren (Anm.: Unterschriften, die man braucht, um antreten zu dürfen) in den Fachgruppen sehr hoch. Zudem gibt es sogenannte Friedenswahlen. Das ist eine Wahl ohne Wahlhandlung, es gibt nur einen Wahlvorschlag, der als gewählt verkündet wird.

Tips: Was kritisieren Sie an der Fraktionsförderung?

Edelsbacher: Im Gesetz ist die Fraktionsförderung in den Wirtschaftskammern mit nur einem Satz geregelt. Das ist gesetzlich zu wenig bestimmt, denn diesen Satz nutzen die wahlwerbenden Gruppen zu ihren Gunsten.

Tips: Was sind mögliche nächste Schritte?

Edelsbacher: Im Zuge der nächsten Wirtschaftskammerwahlen im Frühjahr 2020 ist es möglich, Wahlanfechtungen einzubringen. Dann gibt es die Möglichkeit, diese Unschärfe im Wahlrecht vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen.

Tips: Ist das Ihrerseits auch geplant?

Edelsbacher: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es eine Wahlanfechtung geben wird.

Tips: Warum scheuen Sie es nicht, Kritik zu üben?

Edelsbacher: Immer nur jammern ist zu wenig. Wenn man die Welt verbessern möchte, muss man die Dinge selber in die Hand nehmen. Ich bin ein Freigeist, Idealist und Visionär und damit gehe ich auch in die Wirtschaftskammer.

Tips: Warum fällt es Ihnen leicht, Kritik zu üben?

Edelsbacher: Die größte Fraktion ist in der Wirtschaftskammer nicht vertreten und das ist die Fraktion der Nichtwähler. Ich bin als einziger Oppositioneller sichtbar und die Stimme für eine Wirtschaftskammer, die leistungsorientiert ist. Ich bin nicht gegen die Wirtschaftskammer und ich möchte sie nicht abschaffen, aber ich habe die Vision, dass jeder Unternehmer gerne freiwillig Mitglied ist. Die aktuell sehr guten Ergebnisse der Zufriedenheitsstudie der Wirtschaftskammer halte ich für den besten Zeitpunkt, diese Pflichtmitgliedschaft abzuschaffen. Ich werde einen entsprechenden Antrag in der Wirtschaftskammer Oberösterreich in der letzten Sitzung dieser Funktionsperiode im November stellen.

Tips: So offen Ihre Kritik zu äußern ist sehr mutig, haben Sie keine Angst vor Konsequenzen?

Edelsbacher: Ja, ich habe den Mut. Natürlich gibt es auch ab und zu persönliche Anfeindungen, aber die positiven Rückmeldungen, die ich aus meinem beruflichen und privaten Umfeld erhalte, bestärken mich in meinem Weg.


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