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Kunstinterventionen in der Ursulinenkirche

Nora Heindl, 16.07.2020 09:46

LINZ. Seit der Restaurierung 1985 ist der Sakralraum der Ursulinenkirche, insbesondere die Krypta während der Fastenzeit auch Ort der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst. Als Erweiterung des Projektes „für immer“ von Regula Dettwiler in der Krypta 2020, das Corona-bedingt geschlossen werden musste, wurde die Künstlerin nun zusammen mit Frenzi Rigling für Interventionen im Kirchenraum eingeladen. Zu sehen noch bis 7. August.

Die KünstlerInnen Regula Dettwiler (l.) und Frenzi Rigling (Foto: Alois Mosbacher)
  1 / 8   Die KünstlerInnen Regula Dettwiler (l.) und Frenzi Rigling (Foto: Alois Mosbacher)

Mit den beiden Interventionen „Das Band“ und „Gruppenbild mit Pflanze“ schaffen die beiden Künstlerinnen mit vorhandenen und gefundenen Materialien und Objekten, wie Stoffbahnen und Zimmerpflanzen, eine ortsspezifische Bezugnahme zum Raum, seiner Ausstattung und Geschichte. Mit den beiden reduzierten und präzise gesetzten Interventionen eröffnen sie neue Sichtweisen auf das barocke Gesamtkunstwerk und schaffen eine Brücke zur Gegenwart.

Das „Band“ von Frenzi Rigling

Das „Band“ von Frenzi Rigling durchmisst in einer Aneinanderfügung von jeweils ein Meter langen vernähten Stoffbahnen den Kirchenraum in seiner vertikalen Mittelachse. Das Ausgangsmaterial sind Mädchenkleider der Künstlerin, die ihre Mutter für sie genäht hat. In dem schmalen Band versammeln die einzelnen Streifen mit ihren unterschiedlichen Farben und Mustern die Fülle der Ausstattung in sich. Die Ausstattung des Kirchenraumes mit seinen zahlreichen Engeln verweist auf das himmlische Paradies. Das „Band“ nimmt als unmissverständliche Geste diese Verbindung von Himmel und Erde, von Oben und Unten, in Form von Boden und Gewölbe in den Blick.

Die Künstlerin schafft mit der Intervention eine vielschichtige Metaphorik über Textilien, Kleidung, Handwerkskunst, der Durchmessung des Raumes und der rhythmischen Gliederung der sorgfältig ausgewählten Streifen. Dimensionen in Raum und Zeit werden auf neue Weise sichtbar. Das „Band“ lädt inmitten der erzählerischen barocken Dynamik des Raumes zu Reduktion und Konzentration ein. Mit Blick auf die Verbindung zum angrenzenden Kloster und seiner im Unterricht von Mädchen über 270 Jahren wirkenden Ordensfrauen und der Bedeutung von textilen Techniken in der Ausstattung der Kirche gewinnt die eigene jahrzehntelange biografische Auseinandersetzung der Künstlerin mit ihrer Mutter mit dem „Band“ eine neue Dimension.

Frenzi Rigling schuf bereits 2016 die permanente Wandinstallation „Werke der Barmherzigkeit“ für die Marien-/Lourdeskapelle der Ursulinenkirche.

„Gruppenbild mit Pflanzen“ von Regula Dettwiler

Als lebendige Skulptur im Raum, zwischen Bankblock und Eingangsbalustrade, platziert Regula Dettwiler ihr „Gruppenbild mit Pflanzen“. Die Künstlerin versammelt zwölf Zimmerpflanzen unterschiedlicher Art und Größe auf jeweils zwölf Stühlen, die sie als „Komposition“ miteinander in Verbindung bringt.

Die Ausgangsobjekte der Installation stammen aus der unmittelbaren Nachbarschaft, dem Linzer Priesterseminar. Das ebenso aus der Barockzeit stammende und mehrfach umgebaute Gebäude dient - im Unterschied zur ehemaligen Mädchenschule des Ursulinenklosters - als Ausbildungsstätte für Priester und zudem auch als Bildungsort. Die dort als Raumschmuck auf den Gängen aufgestellten Pflanzen werden in der Kirche auf Stühlen platziert. Die in ihrer Funktion für Menschen vorgesehen Sitzmöglichkeit unterschiedlicher Ausführung und Entstehungszeit aus dem Priesterseminar dienen als Sockeln für Pflanzen in der Kirche. Sie kommen damit auf Augenhöhe zu den Besuchern.

Die Pflanzen mit ihren verschiedenen Blattstrukturen, Grüntönen, Größen und Übertöpfen werden als Gruppenbild zum Motiv einer kunstgeschichtlichen Gattung erhoben. Als Darstellung mehrerer Menschen, als Familie oder in Verbindung mit ihrer gemeinsamen Beschäftigung erlebte das Gruppenbild in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts seine Blütezeit.

Die Auseinandersetzung mit Zimmerpflanzen ihren Erscheinungs- und Darstellungsformen und ihrer Herkunft sind seit mehr als drei Jahrzehnten zentraler Aspekt der künstlerischen Arbeit von Regula Dettwiler. In ihren Werken interessiert sie sich nicht für das Abbild, sondern - die von Menschen geschaffene - Konstruktion von Natur.

Mit dem „Gruppenbild mit Pflanze“ als skulpturale Intervention im Kirchenraum schafft Regula Dettwiler auf subtile Weise durch Chiffren und Verweise Bezugnahmen zu der vom Menschen angeeigneten und domestizierten Natur. Die zumeist exotischen Pflanzen aus unterschiedlichen Kontinente, vorwiegend aus dem asiatischen Raum, schaffen ebenso Bezüge zum Raum und der kulturellen Identität eines sich in der Barockzeit ausbreitenden Christentums.

Zur Installation „für immer“ von Regula Dettwiler in der Krypta liegt eine eigene Broschüre auf.

Öffnungszeiten der Kirche: täglich 8–19 Uhr
Betreute Öffnungszeiten von Kirchenraum und Krypta: 11. Juli –7. August, jeweils Donnerstag, Freitag, Samstag, 14–17 Uhr

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