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Landes-Kultur GmbH arbeitet "Fall Ruprecht" auf

Karin Seyringer, 30.01.2021 13:22

LINZ. „Einsperren, alle einsperren, und alle müssen verschwinden aus den Museen und Galerien!“ Dies ist noch eine der harmloseren Forderungen eines aufgebrachten Linzers, angesichts der Ausstellung von Erich Ruprecht in der Galerie Kliemstein im April 1960. Die OÖ Landes-Kultur GmbH hat den „Fall Ruprecht“ aufgearbeitet und als Publikation herausgegeben.

Erich Ruprecht, Das Spiel mit der goldenen Kugel, Öl auf Leinwand, 1958/59 (Foto: Hofkabinett)
  1 / 3   Erich Ruprecht, Das Spiel mit der goldenen Kugel, Öl auf Leinwand, 1958/59 (Foto: Hofkabinett)

Engelbert Kliemstein, der in der ersten privaten Kunstgalerie in der Ottensheimer Straße in Linz seine Künstlergeneration förderte, zeigte im April 1960 in der Landstraße eine Auswahl von etwa 100 Kunstwerken des damals noch unbekannten Erich Ruprecht. Eine unbekannte Person legte Beschwerde ein, daraufhin beschlagnahmte eine gerichtliche Kommission zwölf Bilder, der Künstler und sein Galerist wurden wegen „Verbrechens nach § 1“ des sogenannten Pornographiegesetzes angezeigt.

Wie weit kann künstlerische Freiheit gehen?

Was folgte, war ein Rechtsstreit, der sich über zwei Jahre mit der Frage auseinandersetzte, wie weit künstlerische Freiheit reicht und wie mit Künstlern und Kunstwerken umzugehen ist, wenn möglicherweise moralische und sittliche Grenzen überschritten werden.

„Verfallene“ Bilder wieder aufgestöbert

Im „Fall Ruprecht“ endete das Verfahren mit einem Monat „strengen Arrest“, seine Bilder kamen jedoch trotz intensiver Bemühungen nicht mehr frei. Die Gemälde wurden für „verfallen“ erklärt, was dem Urteil einer Zerstörung gleichkam. Über 30 Jahre lang galten die beschlagnahmten Bilder Erich Ruprechts als verloren. Erst als der Kulturdirektor der Stadt Linz, Siegbert Janko, eine Recherche über den Verbleib der Bilder veranlasste und auch fündig wurde, kamen sie wieder nach Linz und konnten schließlich im November 2000 an den Künstler zurückgegeben werden.

Publikation herausgegeben

Der gesellschaftliche Wandel nach in den Sechzigerjahren seinen Anfang und spielte auch für die Kunst und die Künstler eine elementare Rolle. Der Preis der Künstler einer starken Politisierung des Kunstbetriebs war hoch und zeigte sich auch im „Fall Ruprecht“. Gerade deshalb ist es der OÖ Landes-Kultur GmbH ein wichtiges Anliegen, Kulturgeschichte aufzuarbeiten und dafür zu sensibilisieren, dass die Freiheit der Kunst heute wie damals ein schützenswertes Gut ist.

Die Publikation „Der Fall Ruprecht“ wurde von der OÖ Landes-Kultur GmbH herausgegeben. Idee und Konzept: Paul Fischnaller, mit Textbeiträgen von Heidemarie Böhm, Elfriede Czurda, Maria Reitter, Berthold Ecker und Engelbert Kliemstein. Der Katalog ist um 20 Euro auf www.ooekultur.at erhältlich.

Anlässlich des 90. Geburtstags von Erich Ruprecht im Mai 2021 wird die OÖ Landes-Kultur GmbH eine Podiumsdiskussion veranstalten.


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