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Drei Millionen Euro Schadensersatz: warum Dietmar Kerschbaum die LIVA klagen will

Anna Fessler, 06.08.2024 11:37

LINZ. Nach seiner Entlassung fordert Dietmar Kerschbaum drei Millionen Euro Schadensersatz von der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA). Tips liegt das Schreiben seines Anwalts wie auch die Compliance-Prüfung durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG vor. Die Frist für eine Reaktion seitens der LIVA ist bereits verstrichen, wenn keine Einigung erzielt wurde, will Kerschbaum klagen.

Dietmar Kerschbaum am 15. März 2024 (Foto: Fotokerschi/Kerschbaummayr)
Dietmar Kerschbaum am 15. März 2024 (Foto: Fotokerschi/Kerschbaummayr)

Nachdem Vorwürfe gegen Kerschbaum – damals Brucknerhaus-Intendant und künstlerischer Leiter der LIVA – publik wurden, gab Bürgermeister Klaus Luger eine Prüfung durch das städtische Kontrollamt sowie durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG in Auftrag. Letzterer Prüfbericht wurde Tips zugespielt, er enthält einige brisante Details. Unter anderem waren laut dem Bericht auf zwei Dienstreisen Kerschbaums Angehörige nachweislich anwesend, Hotel- und Restaurantrechnungen für zwei Personen sollen auf Kosten der LIVA verrechnet worden sein. Weiters sollen Aufträge ohne Vergabevermerk und Vergleichsangebote vergeben worden sein, ein Fahrzeug des Brucknerhaus-Sponsors BMW soll Kerschbaum für private Zwecke genutzt haben.

Kerschbaum fordert Schadensersatz, Schmerzensgeld und Wiederherstellung seiner Reputation

Kerschbaum selbst weist alle Vorwürfe aufs Schärfste zurück und kritisiert, dass ihm seitens des Arbeitgebers nie die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde. Auch sei ihm bis heute kein Entlassungsgrund mitgeteilt worden. Nun ging ein Schreiben seines Anwalts, Bernhard Steinbüchler, an die LIVA, das Tips vorliegt: Darin wird gefordert, dass Kerschbaums internationale Reputation wiederhergestellt wird, drei Millionen Euro Schadensersatz wegen Zerstörung der künstlerischen Karriere, Schmerzensgeld wegen Mobbings und eine Abgeltung weiterer arbeitsrechtlicher Ansprüche. Auch sei die Entlassung verspätet erfolgt und damit rechtswidrig.

Entlassung laut Kerschbaums Anwalt rechtswidrig

Die Forderung nach drei Millionen Euro Schadensersatz setzt sich aus Kerschbaums Jahresbruttoverdienst durch die Tätigkeit als Brucknerhaus-Intendant und als Opernsänger (=250.000 Euro) bis zur möglichen Pensionierung in 12 Jahren zusammen. Darin noch nicht mit einberechnet ist folgendes: Kerschbaum sei aufgrund von Mobbing erkrankt, eine rasche Gesundung nicht absehbar – daraus ergebe sich ein weiterer Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Entlassung sei rechtswidrig, weil Bürgermeister Klaus Luger bereits am 4. Juli dem ORF gegenüber erklärt hatte, dass „das Dienstverhältnis mit Herrn Kerschbaum mit sofortiger Wirkung aufzulösen sein wird.“ Die Entlassungsmail der KKV sei jedoch erst am 9. Juli eingelangt. Luger sei als faktischer Geschäftsführer der KKV anzusehen.

Das sagt die Rechtsexpertin

Universitätsprofessorin Barbara Kammler, die das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der JKU leitet, meint auf Nachfrage, dass es im Arbeitsrecht bei Beurteilung von Rechtsfragen immer sehr stark auf die Umstände des Einzelfalls ankomme. Im Allgemeinen gelte: Ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar, kann dieses vorzeitig aus wichtigem Grund aufgelöst werden. Selbst rechtswidrige Auflösungen des Arbeitgebers beenden das Arbeitsverhältnis grundsätzlich, es können in der Folge aber Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber entstehen.

Was laut Kammler ebenfalls im allgemeinem Arbeitsrecht gilt: Wenn der Arbeitnehmer die Auflösung des Dienstverhältnisses verschuldet hat, könne es umgekehrt auch sein, dass der Arbeitgeber Schadensersatzansprüche hat. In beiden Fällen muss die Schadenshöhe grundsätzlich nachgewiesen werden. Umgemünzt auf Kerschbaum hieße das im Falle einer rechtswidrigen Beendigung, dass etwa mittels Gutachten die Chancen am Arbeitsmarkt bis zur Pensionierung festgestellt werden müssten und daraus ein konkreter Schaden errechnet werden müsste.

Zur verspäteten Entlassung: Wenn die Entscheidung zur Auflösung von Beschlüssen, etwa von Gremien (wie dem Kontrollamt oder dem LIVA-Aufsichtsrat) abhängt, könne der Weg bis zum Ausspruch der  Entlassung auch länger dauern und die Beendigungserklärung dennoch noch „rechtzeitig“ erfolgen, sagt Kammler. Verkompliziert werde das Ganze im Fall Kerschbaum dadurch, dass der öffentlich-rechtliche Bereich betroffen sei –  und wie immer, vieles hänge davon ab, was konkret im Arbeitsvertrag von Kerschbaum vereinbart wurde.

 


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