Kathrin Kühtreiber-Leitner: „Mit mir kann man reden“
LINZ/OÖ. Kathrin Kühtreiber-Leitner, Vorstandsdirektorin der Oberösterreichischen Versicherung, spricht im Tips-Interview über ihre Karriere und ihren Führungsstil.

Tips: Sie haben eine beeindruckende Karriere in verschiedenen Bereichen gemacht und waren Bürgermeisterin von Hagenberg. Gab es für Sie einen entscheidenden Moment, in dem Sie wussten, dass Sie eine Führungsrolle übernehmen wollen?
Kathrin Kühtreiber-Leitner: Ich habe mich nie davor gescheut, Führung zu übernehmen. Gleich nach dem Studium bekam ich die Chance, einen kleinen Verein aufzubauen, den Firmenausbildungsverbund, den es heute noch gibt. Es gab nichts, keinen Computer, keine Mitarbeiter. Ich habe mich nie gescheut, anzupacken und Verantwortung zu übernehmen. Im Gegenteil, das hat mich immer angespornt. Und es ist mir immer wieder ermöglicht worden, neue Aufgaben zu übernehmen. Ich war die erste weibliche Geschäftsführerin in der Wirtschaftskammer. Damals war ich sehr jung, und ich bin heute noch dankbar, dass man mir dieses Vertrauen geschenkt hat. Das hat mich sehr geprägt.
Hatten Sie als Frau mit besonderen Hürden zu kämpfen?
Rückblickend glaube ich schon, dass mich manche als Exotin angesehen haben. Aber ich war fleißig und ehrgeizig. Wahrscheinlich haben mich die männlichen Kollegen am Anfang nicht so ganz ernst genommen, was sich mit der Zeit geändert hat. Daher habe ich auch immer versucht, Frauen für den Vertrieb zu gewinnen. Ich habe mir gedacht, du hast 350 Männer und keine Frau, das gibt es doch nicht. Manche haben gemeint, eine Frau kann das nicht, und mit Kindern geht der Beruf schon gar nicht. Ich habe gesagt, genau da geht es, weil man sich die Arbeit frei einteilen kann. Ich habe dann Frauen im Vertrieb installiert, und die funktionieren hervorragend.
Welche Schritte unternehmen Sie, um Ihr Team weiterzuentwickeln?
Es geht einfach darum, den Leuten etwas zuzutrauen und sie zu coachen. Ich achte darauf, dass andere an meiner Seite wachsen können. Man kann auch selbst ein Vorbild sein. Jedes Jahr habe ich einen Mentee. Das ist schön und macht Spaß, wenn man etwas weitergeben kann. Gemeinsam mit Frauen-Landesrätin Christine Haberlander habe ich das Expertinnenforum ins Leben gerufen. Hier setzen wir uns anhand fundierter Studien intensiv mit Themen auseinander. Zum Beispiel haben sich die Führungsstile im Laufe der Zeit verändert. Als ich angefangen habe zu arbeiten, war das absolut autoritär. Das würde heute nicht mehr funktionieren: Die Mitarbeiter wollen mitreden und mitentscheiden können, und das ist auch zeitgemäß. Für mich persönlich muss ich sagen: Zum Lernen, zum Wachsen, hat ein autoritärer Führungsstil eine Zeit lang nicht geschadet. Man muss es aushalten, aber es stärkt einen sicher, wenn man es durchhält.
Wie schaffen Sie es, die Balance zwischen Führung und Empathie zu finden?
Man muss die Richtung vorgeben, ich bin ein Freund von Strategien. Aber grundsätzlich bin ich jemand, mit dem man reden kann, und den man auch fragen kann: Hast du das genau durchdacht?
Wie gehen Sie mit Druck um?
Mein Ventil ist der Sport. Man muss den Druck in etwas Positives verwandeln. Und ich denke mir, das ist jetzt mein Job, das habe ich zu machen. Die unangenehmen Dinge erledige ich zuerst.
Ihr Lebensmotto lautet: Am Anfang steht der Mut, am Ende das Glück der Tüchtigen.
Mut ist das, was mich meine ganze Karriere begleitet hat. Traurig finde ich es, wenn Menschen etwas nicht versuchen. Im schlimmsten Fall muss man einfach sagen, das hat nicht geklappt. Zuerst muss man versuchen, ins kalte Wasser zu springen. Ein bisschen Glück braucht jeder Mensch, ganz egal in welcher Situation, und das Glück gehört den Mutigen.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden