Erholung der oö. Wirtschaft im zweiten Quartal 2022 erwartet
OÖ/LINZ. Aktuell fordert die Omikron-Welle auch die heimische Wirtschaft, eine Erholung wird für das zweite Quartal 2022 erwartet. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und die beiden Wirtschafts-Experten Josef Baumgartner (WIFO) sowie Stefan Fink (KPMG Österreich) gaben am Donnerstag in Linz einen Ausblick auf die zu erwartende wirtschaftliche Situation Oberösterreichs im Jahr 2022. Große Chancen würde in grünen Investitionen stecken.

Der Start ins neue Jahr bringe viele Erwartungen, gleichzeitig aber auch Sorgenfalten, so Stelzer angesichts der aktuellen Omikron-Welle. Neben den gesundheitspolitischen Herausforderungen gehe es gleichzeitig um die Sicherheit für den Wirtschaftsstandort OÖ und die Beschäftigung. „Wir wollen und müssen uns zu einer Spitzenregion in Europa entwickeln – für die Lebensqualität und für den Produktionsstandort – und um die große Herausforderung Klimaschutz zu meistern“, so Stelzer.
Zuversichtlich stimme ihn, dass Oberösterreich mit einer guten Basis ins Jahr 2022 starte, mit sehr guten Beschäftigungszahlen und mit dem höchsten Exportüberschuss aller Bundesländer. Mit 21 Milliarden Euro stammt mehr als ein Viertel der österreichischen Exporte aus Oberösterreich.
Wirtschaftliche Erholung ab zweitem Quartal
Ab dem zweiten Quartal 2022 dürfte sich die oö. Wirtschaft vom vierten Lockdown bzw. der aktuellen Omikron-Welle mit Personalausfällen wieder rasch erholen, prognostiziert Senior Economist am WIFO Josef Baumgartner.
Ab Sommer sollten zudem Produktionshemmnisse durch Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten nachlasen. Auch prognostiziert der Ökonom verstärkte Nachfrage bei Konsum- und Investitionsgütern. „Die Konsumentennachfrage ist getrieben durch die höhere Sparquote der Haushalte. Durch die Steuerreform werden die verfügbaren Einkommen auch steigen. Auf Unternehmensseite ist eine deutliche Zunahme bei der Investitionstätigkeit zu erwarten, noch getragen von der Investitionsprämie und im Laufe der nächsten Jahre der Senkung der Körperschaftssteuer.“
Abhängig davon, wie stark der Bremseffekt im ersten Quartal ist, erwartet er, dass das Wirtschaftswachstum für das Gesamtjahr 2022 schwächer ausfallen dürfte, als noch im Dezember prognostiziert wurde (+5,2 Prozent), 2023 schwenke die österreichische Wirtschaft aller Voraussicht nach auf einen moderaten Wachstumskurs ein.
Fachkräftemangel weiter großes Thema
Der Arbeitskräftemangel werde auch mittelfristig Problem bleiben, auch aufgrund kommender Pensionsantritte geburtenstarker Jahrgänge. Landeshauptmann Stelzer verweist auf weitere Anstrengungen bei Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Baumgartner sieht neben der Politik auch die Unternehmen selbst gefordert, um Mitarbeiter länger in Arbeit zu halten oder die Frauenerwerbsquote zu erhöhen. „Unternehmen müssen selber viel proaktiver werden“, etwa mit Mitarbeitern Vereinbarungen treffen, wie diese länger weiter arbeiten könnten oder Angebote für Kinderbetreuung schaffen. „Im Prinzip gilt es, die Ressourcen, die vorhanden sind, besser zu nützen.“
Rund fünf Prozent Inflationsrate im ersten Quartal 2022
Wird im ersten Quartal 2022 noch mit einer hohen Inflationsrate von fünf Prozent gerechnet, wird sie sich im Jahresschnitt auf hohe 3,3 Prozent entwickeln und sich 2023 auf rund 2,25 Prozent abschwächen, erwartet Baumgartner. Getragen wird die Inflation hauptsächlich von den Energiepreisen, „im letzten Jahr hauptsächlich Mineralölprodukte, heuer immer stärker Gas und Strom.“ Zweiter Inflationstreiber seien die Konsumgüter.
Neuerlicher Lockdown würde härter treffen
Einen neuerlichen Lockdown will auch Landeshauptmann Thomas Stelzer am Donnerstag nicht ausschließen, auch wenn mit den aktuellen Maßnahmen alles dagegen gemacht werde und es das große Ziel sei, ohne einen solchen durchzukommen. Für Baumgartner ist klar: Ein neuerlicher Lockdown würde die oberösterreichische Wirtschaft stärker treffen als der dritte Lockdown im Vergleichszeitraum Jänner/Febraur 2022. Dann würden nicht nur Bereiche wie Handel oder Gastro geschlossen sein, sondern auch eigentlich nicht direkt beeinflusste Unternehmen durch Arbeitskräfteausfall (durch Quarantäne und Erkrankung) stark betroffen sein.
Klimawandel als Chance
Volkswirt Stefan Fink (Chief Economist KPMG Österreich, FH Steyr und JKU-Lektor) präsentiert die Ergebnisse einer Studie zu Chancen und Potenzialen des Klimaschutzes für den Standort Oberösterreich. Wie auch Stelzer unterstrich neben den Herausforderungen die großen Chancen für den Wirtschaftsstandort OÖ, den der Klimawandel mit sich bringe. Mit der Energiewende wäre in Oberösterreich eine Steigerung des Bruttoregionalprodukts von bis zu 6,8 Milliarden Euro möglich, so Fink.
Das mittelfristige Ziel laut Regierungsübereinkommen: Bis 2040 soll Oberösterreich ein klimaneutraler Produktions- und Lebensraum werden. „Wachsen und gleichzeitig sauberer werden“, gibt Stelzer vor. Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien in Österreich (national bilanziell) 100 Prozent betragen. „Das ist sehr ambitioniert – eine Marathonzeit unter drei Stunden“, stellt Ökonom Stefan Fink klar. Gelingen könne es aber.
Bis 2030 kann OÖ 12,5 TWh (Terawattstunden) erneuerbaren Strom realisieren, dafür sei aber eine rasche Adaptierung der Rahmenbedingungen erforderlich – „Machbarkeit im Sinne von Genehmigungsverfahren, es braucht die Leute und Qualifikation für die Umsetzung. Der Fachkräftemangel ist also auch ein Risiko“, so Fink. Darüber hinaus seine weitere 9,9 Twh realisierbar. Das größte Potenzial in Oberösterreich sieht Fink in der Photovoltaik. Wasserkraft sei hierzulande schon sehr gut ausgebaut, aber auch hier gebe es noch Potenzial.
Zudem würden durch die Transformation in den nächsten Jahren tausende neue Arbeitsplätze entstehen sowie bestehende Beschäftigung erhalten werden können – sowohl im Energie- als auch im Automotiv-Sektor mit dem Wandel zur E-Mobilität.
Bei der Kreislaufwirtschaft sieht Fink ein CO₂-Einsparungspotenzial von bis zu 39 Prozent – bis zu 55.000 Jobs könnten hier in Österreich entstehen. Auch das Thema Wasserstoff werde 2022 weiter gefestigt, so Stelzer, „eine der entscheidenden Fragen für die Industrieregionen Europas“.
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