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Sozialhilfebilanz in Oberösterreich: Bezieher-Zahlen rückläufig, Zahl der Sanktionen fast verdoppelt

Tips Logo Anna Fessler, 17.01.2024 15:43

OÖ. Im Jahr 2023 war die Zahl der Sozialhilfe-Bezieher in Oberösterreich rückläufig, die Zahl der Sanktionen hat sich hingegen beinahe verdoppelt. Dieses Jahr legt das Sozialressort einen Schwerpunkt auf den Ausbau der Vermittlungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt sowie auf konsequente Sanktionen im Sinne der Bemühungs- und der Deutschpflicht.  

Referatsleiterin Anita Weinberger-Prammer und Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer präsentieren die Bilanz zur Deutschpflicht in der Sozialhilfe sowie die Schwerpunkte 2024. (Foto: Land OÖ/Ernst Grilnberger)
Referatsleiterin Anita Weinberger-Prammer und Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer präsentieren die Bilanz zur Deutschpflicht in der Sozialhilfe sowie die Schwerpunkte 2024. (Foto: Land OÖ/Ernst Grilnberger)

Im Jahr 2023 war die Gesamtanzahl der Sozialhilfe-Bezieher in Oberösterreich rückläufig. Insgesamt 8.783 Personen - 5.228 Haushalte - bezogen im Laufe des Jahres Leistungen der Sozialhilfe. Seit 2021 ist die Zahl der Sozialhilfebezieher um über 30 Prozent zurückgegangen. Das Sozialressort des Landes Oberösterreich führt dies auf die Konkretisierung der Bemühungspflicht, die Einführung der Deutschpflicht sowie die günstigen Lage am Arbeitsmarkt zurück.

2024: Langfristige Sozialbezieher in den Arbeitsmarkt vermitteln

Die Durchschnittliche Verweildauer in der Sozialhilfe ist gestiegen – die relative Mehrheit der Personen mit Sozialhilfe bezogen diese im Jahr 2023 für mehr als ein Jahr. Im Schnitt betrug die Bezugsdauer 20 Monate pro Person. Als Schwerpunkt für 2024 sollen daher Maßnahmen entwickelt werden, um längerfristige Sozialhilfe-Bezieher wieder in eine Arbeit zu vermitteln.

Im Schnitt ist ein Drittel der Sozialhilfe-Bezieher arbeitsfähig und muss damit die Bemühungspflicht erfüllen. Diese wurde mit der SOHAG-Novelle 2022/2023 (Sozialhilfe-Ausführungsgesetz) nochmals verschärft und in einem Erlass des Landesrats an die Sozialhilfe-Behörden konkretisiert.

Mehr Sanktionierungen aufgrund von mangelndem Arbeitseinsatz

Im Bereich Sanktionierung aufgrund von mangelndem Arbeitseinsatz hat sich die Anzahl der Leistungskürzungen im letzten Jahr knapp verdoppelt. Bei 507 Personen wurde 1.005 Mal eine Leistung gekürzt. „Die konsequente Exekution von Sanktionierungen ist ein wichtiges Signal, dass der Leistung des Staates immer auch eine Pflicht des Empfängers gegenübersteht. Wir wollen sicherstellen, dass Sozialhilfe-Empfängerinnen und -Empfänger sich auch – je nach individueller Möglichkeit – bemühen, wieder aus der Sozialhilfe herauszufinden. Sanktionen sind hierzu ein wirksamer Anreiz“, sagt Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP).

Ein Indikator für die Wirksamkeit der Sanktionen sei der Rückgang bei den arbeitsfähigen Sozialhilfe-Beziehern um 18 Prozent, insgesamt ist die Anzahl der Empfänger um 10 Prozent zurückgegangen.

Deutschpflicht gilt seit einem Jahr

Zusätzlich zur Bereitschaft zum Arbeitseinsatz wird in der Sozialhilfe seit vergangenem Jahr auch der Erwerb von erforderlichen Deutschkenntnissen verlangt, die Teilnahme an einem Deutschkurs muss nachgewiesen werden. Ebenfalls sanktioniert werden Verstöße gegen das Integrationsgesetz. Dieses beinhaltet die Unterzeichnung einer Integrationserklärung, die Absolvierung einer B1-Integrationsprüfung des ÖIF und die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs. Die genannten Voraussetzungen gelten für Asylberechtigte und Drittstaatsangehörige ab dem vollendeten 15. Lebensjahr.

Ein Viertel der Sozialhilfe-Bezieher sind Personen mit Asylberechtigung, dazu kommen Drittstaatsangehörige sowie Personen mit sonstigen Daueraufenthaltstitel. Etwa jeder zweite ist Österreichischer Staatsbürger, die restlichen Bezieher sind EU-/ERW-Bürger.

Schwerpunkte für 2024

Für das Jahr 2024 legt das Sozialressort von Wolfgang Hattmannsdorfer einen Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung der Sozialhilfe sowie den Ausbau der Vermittlungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt. Einerseits setzt man auf entsprechende Angebote, zum anderen auf konsequente Sanktionen im Sinne der Bemühungs- und der Deutschpflicht.

„Unser Zugang ist: Alle die in Not sind, können sich auf den Sozialstaat verlassen. Die Sozialhilfe ist aber nur eine Unterstützung auf Zeit zur Überbrückung von Notlagen und es gilt alles zu tun, um wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Leistung erfordert eine Gegenleistung, Rechte bedingen Pflichten.“ Daher werde der Fokus auf Erwerbs- und arbeitsfähige Personen in der Sozialhilfe gelegt, „mit Hilfe zur Selbsthilfe“, fasst Hattmannsdorfer zusammen.

Kritik von Sozialsprecherinnen der Grünen und der SPÖ

Die Grüne Sozialsprecherin Ines Vukajlović sieht in der Bilanz Anlass zur Kritik: „Was für eine seltsame Rechnung. Armut und Armutsgefährdung werden mehr, aber die Sozialhilfeempfänger in Oberösterreich weniger. Aber was ist mit jenen, die nun keine Sozialhilfe mehr erhalten? Mit jenen, die keinen Job bekommen haben, oder gar nicht arbeitsfähig sind? Sie sind nicht zu plötzlichem Reichtum gekommen. Sie sind einfach an den immer höheren Hürden gescheitert, aus dem Sozialhilfe-System rausgefallen und haben jetzt noch weniger Geld.“

Auch die SPÖ-Sozialsprecherin Sabine Engleitner-Neu vermutet die aus ihrer Sicht in Oberösterreich besonders strengen Regeln als Ursache für den Rückgang bei der Sozialhilfe. „Aktuell sinkt die Höhe der Sozialhilfe in Oberösterreich, je mehr Kinder in einem Haushalt leben. Ich fordere daher, die Erhöhung der Richtsätze auf einheitlich 25 Prozent pro Kind. Das wäre ein wichtiger erster Schritt, um Kinderarmut in Oberösterreich  zu beenden!“, so Engleitner-Neu.

Mehr dazu: Sozialhilfe: Zu Hartes Gesetz oder zu strenge Behörde?

NEOS-Sozialsprecherin: Wollen echte Anreize zum Arbeiten

„Es gilt grundsätzlich: Das beste Mittel gegen soziale Ausgrenzung und Armut ist ein sicherer Arbeitsplatz. Die Politik muss alles dafür tun, dass es möglichst viele davon gibt und es sich für Betriebe und Arbeitnehmer auszahlt.“, so NEOS-Sozialsprecherin Julia Bammer. Dazu müsse die Berufsorientierung verbessert, Ausbildungen gezielt gefördert und die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden - „vom Kindergarten mit Öffnungszeiten, die Beruf und Familie vereinbar machen, bis hin zu einem Modell, das flexiblen Zuverdienst ermöglicht.“


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