Kleinwasserkraft : Eine dezentrale Energiequelle mit Potenzial
OÖ. In Oberösterreich erzeugen etwa 740 Kleinwasserkraftanlagen jährlich etwas mehr als eine Dreiviertel Terawattstunde Strom Obwohl die Anzahl der Kraftwerke in den letzten Jahren nur geringfügig gestiegen ist, ist die Kleinwasserkraft wichtig für die regionale Energieversorgung. Tips bei Paul Ablinger, Geschäftsführer von Kleinwasserkraft Österreich, nachgefragt.¶

Tips: Welche Bedeutung haben Kleinwasserkraftwerken für die regionale und überregionale Stromversorgung?
Ablinger: Die Kleinwasserkraft erzeugt österreichweit mehr als 6,5 Terawattstunden Strom. Damit deckt sie mehr als 10 Prozent des heimischen Strombedarfs. Rund zwei Millionen Haushalte könnten damit versorgt werden - das sind knapp 50 Prozent der heimischen Kleinwasserkraft. Dies zeigt bereits die große Bedeutung. Dezentral ist ihre Bedeutung oftmals noch deutlich größer, da ganze Regionen durch die Kleinwasserkraft versorgt werden. Zudem ermöglicht sie oft erst die Integration anderer erneuerbarer (Energien, Anm. d. Red.).
Tips: Welche Umweltvorteile bieten Kleinwasserkraftwerke im Vergleich zu größeren Wasserkraftanlagen oder anderen erneuerbaren Energiequellen?
Ablinger: Die Kleinwasserkraft ist sehr dezentral und somit nahe an den Verbrauchern, was Netzentlastend wirkt. Die Kleinwasserkraft ist mit dem guten und teilweise sehr guten Zustand der Gewässer sehr gut vereinbar und ihr Eingriff in die natürlichen Gewässer ist stark begrenzt. Im Zuge der Erhebung besonders schützenswerter Gewässerstrecken in OÖ wurden z. B. Strecken im sehr guten Zustand festgestellt, dann 50 Meter Fließgewässer, dann ein Kraftwerk, dann 50 Meter Fließgewässer, dann wieder sehr guter Zustand. Für die dringend notwendige Energiewende werden wir alle Technologien brauchen. Jede muss ihre Stärken einbringen. Bei der Kleinwasserkraft wäre dies die gute Verfügbarkeit und Prognostizierbarkeit, die Regelbarkeit, Netzdienstleistungen, etc.
Tips: Was muss man machen, um ein Kleinwasserkraftwerk zu betreiben? Welche Herausforderungen gilt es dabei zu meistern?
Ablinger: Idealerweise verfügt man bereits über ein Grundstück mit Zugang zu einem Fließgewässer, das an dieser Stelle über größeres Gefälle verfügt. Dann kann man sich Gedanken über eine sinnvolle Wasserkraftnutzung machen und sich z. B. an uns oder an Planungsbüros mit der ersten Idee wenden für eine erste Einschätzung. Wenn bereits ein Querbauwerk vorhanden ist, dann kann man auch die Beratungsförderung des Bundes in Anspruch nehmen. Jedenfalls sind eine Reihe von Genehmigungsverfahren zu durchlaufen (Wasserrecht, Naturschutzrecht, unter Umständen auch Elektrizitätsrecht, Forstrecht, etc.) und Bewilligungen einzuholen. Die entsprechenden Verfahren dauern meist viele Monate bis Jahre. Nach erfolgreicher Bewilligung sind dann Fördereinreichungen möglich - ohne diese ist leider aktuell (aufgrund anderer Markteingriffe) ein wirtschaftlicher Betrieb nicht darstellbar. Auch das kann wieder einige Zeit in Anspruch nehmen. Die wesentlichen Herausforderungen neben der Bewilligung und der Sicherstellung eines wirtschaftlichen Betriebes, dass sich die Anforderungen die an Betreiber gestellt werden, oft auch im Nachhinein deutlich verschlechtern bzw. die Situation erschwert wird, oft auch, ohne dass dafür entsprechende Nachweise erbracht werden. Dass dies dann wirtschaftlich oft kaum bis nicht bewältigbar ist, wird hier einfach in Kauf genommen.
Tips: Wie sehen die rechtlichen Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren für den Bau von Kleinwasserkraftwerken aus?
Ablinger: Die Verfahren sind sehr umfangreich und oft werden gleiche oder ähnliche Themen in unterschiedlichen Verfahren behandelt (z. B. Gewässerökologie und Fische im Wasserrechts- und im Naturschutzverfahren). Teilweise führt dies dann zu sich widersprechenden oder unklaren Auflagen, jedenfalls aber zieht es den Prozess in die Länge. Hinzu kommt, dass das Wasserrecht Bundes- und das Naturschutzrecht Landeskompetenz ist. Bei der Umsetzung der Richtlinie für erneuerbare Energien sind im Übrigen aber beide säumig. Eine Beschleunigung und Vereinheitlichung - wie sie das BMK mit dem Erneuerbaren Ausbaubeschleunigungsgesetz geplant hatte - wäre dringen geboten.
Tips: Wie sehen die wirtschaftlichen Aspekte für Betreiber von Kleinwasserkraftwerken aus? Ist die Investition rentabel und welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Ablinger: Die Kleinwasserkraft ist eine sehr langlebige und langfristige Technologie. Es ist also oftmals auch ein Generationenprojekt - nicht nur, weil sie als Klimaschutzmaßnahme zum Erhalt einer bewohnbaren Umwelt für die nachfolgenden Generationen beiträgt. In der aktuellen Situation mit weiterhin sehr hohen Subventionen in fossile Energien bei gleichzeitig stark gestiegenen Baukosten und immer höheren zusätzlichen Auflagen sind Förderungen notwendig, um die Finanzierung zu ermöglichen. Dies wird durch einen Markt verstärkt, der auf Grenzkosten und nicht auf Vollkosten abstellt. Hier muss die Politik definitiv neue Marktregeln entwickeln, um den dringend notwendigen Ausbau - nicht nur bei der Wasserkraft - finanzierbar zu machen. Das sind Investitionen in unsere Zukunft sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht.
Tips: Gibt es spezielle Initiativen oder Projekte zur Förderung von Kleinwasserkraftwerken?
Ablinger: Die Bevölkerung steht dem Wasserkraftausbau enorm positiv gegenüber, wie auch aktuelle Umfragen zeigen. Die notwendige Förderung und Unterstützung greift hier aber noch deutlich zu kurz. Im Bereich des Erneuerbaren Ausbaugesetzes ist die Förderung für den Neubau bereits sehr attraktiv. Die vielfach geforderte und durch eine Beratungsaktion vom Bund unterstützte Revitalisierung ist aber - auch durch zusätzliche Auflagen - extrem unattraktiv gestaltet. Sowohl für Neuanlagen als auch Revitalisierungen muss gelten: Wer den strengen Standards des heimischen Wasserrechtes genügt, muss förderwürdig sein. Gleichzeitig muss sich aber auch der Zugang genau in diesen Verfahren ändern, das Ziel muss sein, gemeinsam Lösungen zu finden, die unseren Zielsetzungen, was Ökologie und Ausbau der erneuerbaren Energien betrifft, genügen. Aktuell hat man oft das Gefühl, dass dieses Ziel aus den Augen verloren wird.
Tips: Gibt es aktuelle Best Practise Beispiele aus OÖ?
Ablinger: Kaum. Selbst bei bestehenden Querbauwerken, die aufgrund anderer Nutzungen erhalten werden müssen, ist die Umsetzung von Projekten schwierig. Im Gegenteil werden aktuell teilweise Kraftwerke mit als funktionsfähig bewilligten Fischwanderhilfen als nicht passierbar ausgewiesen. Diese müssten dann erneut um viele hunderttausend Euro investieren, um ihre bereits bewilligten und von der Behörde ursprünglich als funktionsfähig anerkannten Anlagen zu ersetzen. Ohne dass es einen Nachweis dafür gäbe, dass die Wanderhilfen nicht passierbar wären. Die Betreiber müsste die Funktionalität nachweisen, was Mangels der extrem großen Individuen, die hier gefordert wären, nicht möglich ist - das geht sich meist rein statistisch schon nicht aus. Und die Verwendung von Zuchtfischen zum Nachweis wird nicht zugelassen. Das ist komplett absurd.
Wir erhalten die vielen Auflagen und Maßnahmen zu einem Zweck: zum Erhalt und zur Verbesserung des guten Zustandes unserer Fließgewässer. Die Auflagen dürfen aber nicht zum Selbstzweck werden, sondern müssen immer die Zielerreichung im Blick haben und diese muss auf wissenschaftlicher Evidenz basieren.
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