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Das Schicksal einer jüdischen Familie aus Steyr

Online Redaktion, 05.11.2024 14:31

STEYR. Die so genannte Reichskristallnacht jährt sich am 9. November zum 86. Mal. Mit der Lebensgeschichte von Ludwig und Netty Schirok wird in Steyr daran erinnert, wie Juden aus ihrer Heimat vertrieben und viele von ihnen Opfer des Holocaust wurden.

Seit  Juni 2024 erinnern zwei „Stolpersteine“ an das Schicksal von Ludwig und Netty Schirok vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Fabrikstraße 14 im Wehrgraben. (Foto: Axel Kliment-Feuerberg)
Seit  Juni 2024 erinnern zwei „Stolpersteine“ an das Schicksal von Ludwig und Netty Schirok vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Fabrikstraße 14 im Wehrgraben. (Foto: Axel Kliment-Feuerberg)

Die Reichskristallnacht am 9. November 1938 markierte den Beginn der systematischen Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. In der Nacht auf den 10. November und in den Folgetagen wurden Synagogen, Bethäuser, Friedhöfe, Geschäfte und Wohnungen der jüdischen Bevölkerung verwüstet und zerstört. Viele Juden wurden verhaftet, misshandelt und ermordet. Auch in Steyr kam es zu Ausschreitungen, Verhaftungen und Verfolgungen.

Ludwig Schirok, geboren 1881 in Polen, übte das Gewerbe eines „Borstenzurichters“ in Steyr aus. Er heiratete in erster Ehe Elisabeth Hauer. Sie nahm sich im März 1913 das Leben. Noch im November desselben Jahres vermählte sich Ludwig Schirok mit Netty Zindorf, mit der er in der Fabrikstraße 14 einen Branntwein- und Gemischtwarenhandel betrieb. Schirok war in der Israelitischen Kultusgemeinde in Steyr zeitweise als Vorstand-Stellvertreter und als Beirat tätig.

In den Wehrgrabenkanal gestürzt

Allein in den ersten zwei Monaten nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland im März 1938 entzogen sich 218 Juden der staatlich sanktionierten und geförderten Grausamkeit durch Suizid. Eine davon war Netty Schirok. Der Angst vor der Verfolgung der Nazis nicht gewachsen, stürzte sie sich am  10. April 1938 in den Wehrgrabenkanal.

Als Jude gebrandmarkt, war Ludwig Schirok gezwungen, sein Haus in der Fabrikstraße zu verkaufen. Das Deutsche Reich und seine Finanzbehörden profitierten erheblich durch verschiedene Abgaben und die Verwertung konfiszierten Eigentums von Juden.

Ende des Jahres 1938 musste Schirok nach Wien übersiedeln, wo er mehrmals die Wohnadresse wechselte. Den Kindern aus der ersten und zweiten Ehe, Otto, Rosy und Greta gelang die Flucht nach Palästina, Großbritannien und in die USA.

In Wien ging Ludwig Schirok eine weitere Ehe mit Gisela Vogelhut ein. Bevor die beiden deportiert wurden, ließ ihnen die Gestapo eine „Sondervollmacht“ unterzeichnen, mit der sie alle Rechte über ihr Restvermögen der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ übertrugen.

Ludwig und Gisela Schirok wurden am 3. Dezember 1941 von Wien nach Riga deportiert und dort im Lager Jungfernhof ermordet.

 

 


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