Auffällige Wesensveränderungen, Wahnvorstellungen, dass man zum Beispiel von Fremden verfolgt wird, nicht existente Stimmen hört, extreme Stimmungsschwankungen, Denk- und Sprachstörungen oder auch plötzlicher massiver sozialer Rückzug – all dies können Symptome einer Schizophrenie sein. Betroffene werden häufig, aber fälschlicherweise, als „gespaltene Persönlichkeiten“ bezeichnet. Was es mit der Krankheit auf sich hat, erklärt Primaria Dr. Beatrix Lugmayer vom Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck.

„Richtig ist, dass es sich bei Schizophrenie um eine Störung der Informationsverarbeitung im Gehirn handelt, die jeden im Laufe des Lebens treffen kann“, klärt die Leiterin der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck, Prim.a Dr.in Beatrix Lugmayer, MSc., auf.
Eines ist all diesen Patienen gemein: Sie können in akuten Erkrankungsphasen nicht mehr zwischen äußerer Wirklichkeit und den vom Gehirn selbst erzeugten Vorstellungen unterscheiden. Das passiert dann, wenn das Gehirn – bedingt durch ein Ungleichgewicht chemischer Botenstoffe und Veränderungen bei den Verbindungen zwischen den Nervenzellen (Synapsen) – mit Informationen überlastet wird. Die Folge ist die eingangs beschriebene psychotische Symptomatik.
„Neben Trugwahrnehmungen, also Halluzinationen und Wahnvorstellungen mit unverrückbaren, für andere nicht nachvollziehbaren Überzeugungen, leiden Betroffene auch häufig unter sehr großer Angst und Anspannung, was zu Aggressionsdurchbrüchen führen kann. Manchmal besteht auch eine sehr unangenehme Gefühls- und Antriebsarmut. Die Erkrankung zeigt sich jedoch bei jedem Menschen anders, was sehr viel Know-how bei der Diagnosestellung erfordert“, schildert die Expertin.
Niemand ist davor gefeit
Häufig tritt Schizophrenie im jungen Erwachsenenalter erstmalig auf – bei Männern durchschnittlich etwas früher als bei Frauen. Ungefähr zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr gibt es einen zweiten Erkrankungsgipfel (Spät-Schizophrenie). Betroffen ist circa ein Prozent der weltweiten Gesamtbevölkerung.
Ursächlich ist ein Zusammenspiel von Genetik, Umgebungsfaktoren und körperlichen Einflüssen. In manchen Fällen lässt sich kein spezieller Auslöser finden. Die Erkrankung kann schleichend entstehen, mit stetig zunehmenden Symptomen oder sofort mit einer so genannten Episode, bei der die volle Symptomatik sich für mindestens einen Monat zeigt.
Bei einem episodischen Verlauf können die Krankheitszeichen sich – mal mehr, mal weniger – zurückbilden. Oft bleibt jedoch eine Restsymptomatik zurück, die sich im weiteren Verlauf verschlimmern kann.
„Unbehandelt kann die Erkrankung das Leben stark beeinträchtigen. Eine medikamentöse Behandlung mit Antipsychotika, ergänzende psychotherapeutische Verfahren sowie insbesondere auch die Therapietreue der Betroffenen sind daher ganz wichtig und auch sehr erfolgreich, um schrittweise wieder am familiären und sozialen Leben teilnehmen und erneut eine Erwerbsarbeit aufnehmen zu können. Es gibt keine Alternative – auch nicht aus der Naturheilkunde, wie oft kolportiert wird. Man trifft sicher sehr oft Menschen mit Schizophrenie, die medikamentös sehr gut behandelt und therapeutisch so begleitet sind, dass sie ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten können. Andere bemerken von der Erkrankung in diesen Fällen gar nichts.“, weiß Primaria Lugmayer.
Hilfe für familiäres Umfeld
Psychotische Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises betreffen unweigerlich auch den engen Umkreis der Patienten (Familie, Partner, Freunde) und können diesen massiv belasten. Um den Herausforderungen angemessen begegnen zu können, empfiehlt es sich für Angehörige/nahe Bezugspersonen unbedingt, sich beraten und fachlich unterstützen zu lassen, z. B. durch pro mente oder durch die sehr gut vernetzte Selbsthilfegruppe HPE (Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter).
Generell empfiehlt es sich, möglichst wenig Aufhebens um die Erkrankung zu machen und möglichst gelassen und „cool“ zu bleiben. Denn viel Gefühlsausdruck kann zu einer Reizüberflutung bei den Patienten führen und das Auftreten psychotischer Symptome begünstigen.
Sollte eine schizophrene Psychose sehr rasch so starke Ausmaße annehmen, dass die/der Betroffene sich selbst oder andere in Gefahr bringt, sollte zum Schutz aller Beteiligten unverzüglich der Hausärztliche Notdienst (HÄND) verständigt werden.
Sollte keine berechtigte Ärztin/kein berechtigter Arzt erreichbar sein, kann ausnahmsweise die Polizei die Patientin/den Patienten ins Spital bringen. „Zögern Sie in solch einem Fall nicht, Sie schaden damit Ihrer/Ihrem erkrankten Angehörigen oder Freundin/Freund nicht, sondern helfen ihr/ihm“, ermutigt Primaria Lugmayer.
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