Für ihre wöchentlichen Gottesdienste nutzen Jehovas Zeugen Gebäude, die sie „Königreichsaal“ nennen. 150 davon gibt es aktuell in Österreich und sie wurden weitgehend durch Freiwilligenarbeit gebaut und in Stand gehalten. In der Gemeinde Waidhofen/Ybbs unterstützen 16 Gläubige diese Bau- und Instandhaltungsprojekte. Marcel Berde aus Aschbach und das Ehepaar Ute und Johannes Hummelsberger aus Hollenstein erzählen im Interview über ihre persönlichen Erfahrungen bei der Freiwilligenarbeit.

Wie seid ihr dazu gekommen, bei Bau- und Renovierungsprojekten mitzuarbeiten?
Marcel Berde: „Nach meiner Taufe als Zeuge Jehovas habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, mich für meinen Glauben zu engagieren. 1994 habe ich mich für die Freiwilligenarbeit gemeldet. Meine beruflichen Fähigkeiten auch für meinen Gott einzusetzen, macht mir große Freude.“
Familie Hummelsberger: „Wir möchten in unserer Pension, wo wir mehr Zeit haben und solange wir gesundheitlich noch fit sind, unsere Fähigkeiten und Berufserfahrung für unseren Gott und unsere Glaubensgemeinschaft nutzen. Im Alter wollen wir uns an das erinnern, was wir erlebt haben, nicht an das, was wir gern getan hätten.“
Was muss man mitbringen, um mithelfen zu können?
Marcel Berde: „In erster Linie die Bereitwilligkeit, sich einsetzen zu lassen, wo Hilfe notwendig ist. Der Rest kommt durch Schulung. Man lernt bei jedem Projekt viel dazu. Ich habe damals als Hilfskraft angefangen und darf mittlerweile als Gewerkeleiter andere Freiwillige einschulen.“
Familie Hummelsberger: „Auch wenn man Fachwissen mitbringt, gibt es jedes Jahr einige Fachschulungen. An erster Stelle steht Sicherheit, nicht Effizienz, weil wir das Leben als heilig ansehen. Arbeitstage beginnen mit Sicherheitsanweisungen und wir tragen bei der Arbeit eine persönliche Schutzausrüstung.“
Was macht ihr auf den Baustellen?
Marcel Berde: „Ich bin dafür zuständig, dass die Besucher einen Teppich unter den Füßen haben. In den Sälen in Österreich ist einheitlich Teppichboden verlegt. Bei Renovierungen wird zuerst der Untergrund saniert, der Estrich ausgeglichen, gespachtelt und geschliffen, und dann wird der Teppich geklebt. Dabei sind wir zu zweit oder zu viert, gleichzeitig arbeiten in den Nebenräumen oft Installateure, Elektriker oder Maler.“
Familie Hummelsberger: „Wir sind im Bereich Elektrik tätig und modernisieren die Beleuchtung, beseitigen Fehler, tauschen Schalter und Steckdosen aus und erneuern die Verteiler der Säle. Als gelernter Elektriker führt mein Mann die Arbeiten aus, und ich unterstütze ihn. Auf den Baustellen arbeiten wir gemeinsam mit 15 bis 30 Personen aus verschiedenen Gewerken, und eine kleine Küchenmannschaft ist auch dabei, die uns großzügig versorgt.“
Bei welchen Projekten habt ihr heuer mitgearbeitet?
Marcel Berde: „Im Frühling war ich bei Projekten im ersten Bezirk in Wien und in Oberpullendorf dabei, jetzt im Sommer helfe ich bei einer großen Renovierung in Enns mit.“
Familie Hummelsberger: „Wir waren heuer in Linz Leonding und Dornach und jetzt gerade in Salzburg. Zwischendurch unterstützen wir regelmäßig Wartungsarbeiten in St. Pölten.“
Was habt ihr davon, euch freiwillig einzusetzen?
Marcel Berde: „Mich bringt die Arbeit meinem Gott näher, weil ich Zeit für ihn investiere. Die familiäre Arbeitsatmosphäre ist unvergleichlich und die Bereitschaft, ehrenamtlich mitzuarbeiten, wird sehr geschätzt. Für mich ist es eine besondere Freude, einen Saal zu besuchen, in dem ich gearbeitet habe, und zu sehen, wie gern die Glaubensgemeinde ihn nutzt.“
Familie Hummelsberger: „Uns ist wichtig, einen Beitrag zu leisten, um würdige Anbetungsstätten für die örtlichen Glaubensgemeinden zu schaffen. Wir arbeiten gern mit den Freiwilligen aus ganz Österreich und Deutschland zusammen. Es ist so schön zu sehen, wie sie nicht nur Fachwissen, sondern auch viel Herz in die Arbeit einbringen. So entstanden schon viele bleibende Freundschaften.“
Die Glaubensgemeinde in Waidhofen/Ybbs hat selbst beim Bau und der Renovierung des örtlichen Saals in der Weyrerstraße von der Mitarbeit ehrenamtlicher Helfer profitiert und freut sich, andere Glaubensgemeinden zu unterstützen.