Ermittlungen wegen Verdachts der Wiederbetätigung (Update 5. Jänner, 13.45 Uhr)
BRAUNAU. Die Polizei ermittelt gegen Demonstranten, die am Wochenende in Braunau gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert und vor dem Geburtshaus Adolf Hitlers posiert hatten.

Im Innviertel gab es am Samstag mehrere Demonstrationen, bei denen Personen mit weißer Schutzausrüstung durch Braunau, Ried und Schärding zogen, um ihren Unmut gegen die Covid-Maßnahmen der Regierung kundzutun. Später tauchte in den sozialen Medien ein Bild auf, bei dem rund 50 Teilnehmer der Demonstration vor dem Geburtshaus Hitlers posierten. Laut ORF machten einige dabei womöglich sogar einen Hitlergruß.
Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde leitete daraufhin das Bild an die Polizei weiter. Seitdem gibt es ein laufendes Ermittlungsverfahren, wie Polizeisprecher David Furtner bestätigt.
Update am 5. Jänner 13.45 Uhr
Stögmüller begrüßt Ermittlungsverfahren
David Stögmüller, Nationalratsabgeordneter und Gemeinderat in Braunau (Grüne), begrüßt die Einleitung des Ermittlungsverfahrens: „Auch unter dem Deckmantel einer demokratisch angemeldeten Kundgebung sind diese Wiederbetätigungsgesten nicht zu rechtfertigen, wenn auch diese möglicherweise nicht aus einschlägig bekannten Motiven passieren. Der Gedenkstein vor dem Hitler-Geburtshaus in Braunau ist ein Mahnmal der Vergangenheit und keine billige Fotokulisse.“
Stögmüller zufolge soll die Polizei gerade an diesem Ort in solchen Situationen sofort eingreifen und Aktionen wie jene am Samstag so rasch wie möglich unterbinden. Da noch einige Fragen offen seien, kündigt er an, eine parlamentarische Anfrage an den zuständigen Innenminister zu stellen. „Das Hitler-Geburtshaus verleitet leider immer wieder Menschen dazu, sich mit eindeutigen Posen davor zu fotografieren, aber diese Taten sollen nicht ungestraft bleiben. Auch über eine Verschärfung des Tatbestands der Wiederbetätigung muss im Zuge von Extremismus-Debatten und der Reformierung des Verbotsgesetzes diskutiert werden.“
Opferverbände sind empört
Auch verschiedene Opferverbände, wie die Verbände ehemaliger Widerstandskämpfer, Verfolgter des NS-Regimes und jüngerer Antifaschisten, die oberösterreichische Landesorganisationen des KZ-Verbands/VdA und des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, sind über die Aktion in Braunau schockiert.
Dass sich Corona-Skeptiker bei ihren Auftritten außerdem teilweise als Widerstandskämpfer stilisieren und etwa mit Anne Frank gleichsetzen, empört die Verbände. „Die Inszenierung der Corona-Leugner als angeblich politische Verfolgte und den damit einhergehenden verharmlosenden Vergleichen mit den Opfern des NS-Terrorregimes sind nichts anderes als eine Verhöhnung jener Menschen, die tatsächlich unter dem Faschismus verfolgt und ermordet wurden“, sagt Samuel Puttinger, der oberösterreichische Landesvorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer.
Politische Abgrenzung erforderlich
Die Verbände warnen davor, dass es unter dem Vorwand einer angeblichen Kritik an den Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen auch zu einem verstärkten öffentlichen Auftreten von Verschwörungstheoretikern, Corona-Leugnern und Rechtsextremen kommt. „Das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit sind ein hohes demokratiepolitisches Gut, doch wer sich – vielleicht auch aus nachvollziehbarem Unmut – an diesen Aufmärschen der Corona-Leugner beteiligt, muss sich zumindest den Vorwurf gefallen lassen, gemeinsame Sache mit Rechtsextremisten und Neofaschisten zu machen“, unterstreicht Puttinger die Notwendigkeit einer klaren politischen Abgrenzung.
„Dass viele Menschen berechtigte Sorgen und auch reale Zukunftsängste verspüren, ist angesichts der derzeitigen Gesundheits- und wirtschaftlichen Krise mehr als legitim, doch dürfen wir dabei nicht Corona-Leugnern, rechten Demagogen und Verschwörungstheoretikern auf den Leim gehen“, so Harald Grünn, Vorsitzender des KZ-Verbands/VdA Oberösterreich.
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