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Neuer Leiter der Justizanstalt Ried setzt auf das Team und mehr Transparenz

Rosina Pixner, 05.03.2025 09:58

RIED. Seit 1. Januar 2025 steht Philip Christl an der Spitze der Justizanstalt (JA) Ried. Der erfahrene Jurist und ehemalige Staatsanwalt bringt frischen Wind in den Strafvollzug und setzt auf eine offene Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Am 12. April gibt es einen Tag der offenen Tür.

V. l.: Stellvertretender Leiter der JA Ried Richard Stagl, Leiter der JA Ried Philip Christl und Justizwachkommandant Alfred Praml (Foto: Tips/Pixner)
V. l.: Stellvertretender Leiter der JA Ried Richard Stagl, Leiter der JA Ried Philip Christl und Justizwachkommandant Alfred Praml (Foto: Tips/Pixner)

Derzeit befinden sich 151 Insassen in der Justizanstalt Ried, davon sind 142 Männer und neun Frauen. Trotz der Herausforderungen, die eine Auslastung von 104 Prozent mit sich bringt, verfolgen Christl und sein kompetentes Team das Ziel, Insassen bestmöglich auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten. Philip Christl begann seine juristische Laufbahn 2003 als Staatsanwalt, spezialisierte sich ab 2008 in Linz auf junge Erwachsene und war später in der Justizanstalt Salzburg sowie in Asten tätig. Nun ist er der erste in Österreich, der den Schritt vom Staatsanwalt zum Leiter einer Justizanstalt gemacht hat. Für ihn ein logischer Werdegang: „Die Klientel ändert sich nicht. Als Staatsanwalt begleitet man die Menschen bis zur Verurteilung, aber was danach passiert, bleibt oft im Dunkeln. Das wollte ich ändern.“

Gezielte Vorbereitung auf Entlassung

In der JA Ried sind ausschließlich Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene mit einer Verurteilung von bis zu 18 Monaten untergebracht. Der Fokus liegt aber immer auf einer gezielten Vorbereitung der Insassen auf ein eigenverantwortliches Leben in Freiheit. Neben psychologischer Betreuung und Therapien gibt es Programme zur Schuldnerberatung, Männerberatung und Resozialisierung. Ein weiteres Augenmerk liegt auf den beruflichen Perspektiven der Häftlinge. Arbeit ist Pflicht im Strafvollzug, freiwillig in der Untersuchungshaft. „Wer arbeitet, erhält eine Bezahlung nach dem Metaller-Kollektivvertrag, wobei 75 Prozent für Kost und Logis einbehalten werden. Die restlichen Einkünfte fließen zur Hälfte auf ein Rücklagenkonto, das den Insassen nach der Entlassung zur Verfügung steht“, berichtet Richard Stagl, stellvertretender Leiter der JA Ried.

Arbeitsmöglichkeiten in der JA

Die JA Ried bietet vielfältige Arbeitsmöglichkeiten, darunter: Steckarbeiten für zwei Unternehmerbetriebe, interne Hauswerkstatt für Instandhaltungsarbeiten, Tischlerei und KFZ-Werkstatt, Autoreinigung und Wäscherei, Küchendienst und Hausreinigung. Zudem liefern externe Unternehmen Aufträge in die Anstalt. „Letztes Jahr haben wir beispielsweise über eine Million Mausefallen in der Werkstatt zusammengebaut“, weiß Justizwachkommandant Alfred Praml. Frauen sind in der JA Ried von den männlichen Insassen getrennt untergebracht. Im Frauentrakt befinden sich aktuell neun Insassinnen. Mit 28 vertretenen Nationen spielen Sprachbarrieren eine Rolle, die mithilfe von Videodolmetschern und Hausordnungen in 56 Sprachen überwunden werden. Das Leben in der JA Ried ist stark reglementiert. Der Tagesablauf beginnt um 6 Uhr mit der zentral gesteuerten Tagwache. Freizeit und Arbeitszeiten sind festgelegt, Besuche sind viermal pro Woche möglich, jedoch nur mit elektronischer Voranmeldung. Nach jedem Besuch erfolgt eine Durchsuchung der Insassen. „Besondere Regelungen gibt es für Familienbesuche: In speziellen ,Kuschelzellen‘ können Insassen mit ihren Kindern bis zu vier Stunden in privater Atmosphäre verbringen. Dies dient dem Erhalt familiärer Bindungen und der sozialen Wiedereingliederung“, berichtet Richard Stagl.

Einbindung der Öffentlichkeit

Philip Christl möchte den Vollzug transparenter machen. Deshalb plant die JA Ried am 12. April einen „Tag der offenen Tür“, zu dem die breite Öffentlichkeit eingeladen ist. Zuvor gibt es am 15. März einen Probelauf für einen „Family and Friends Day“, bei dem Insassen bis zu zehn Personen aus ihrem privaten Umfeld einladen dürfen. So sollen die Besucher das Umfeld kennenlernen und Berührungsängste abbauen. Foto- und Videoaufnahmen sind in Justizanstalten jedoch mit Einschränkungen verbunden. Sicherheitsrelevante Bereiche und Insassen dürfen nicht gefilmt werden, um den Datenschutz zu gewährleisten.

Personalbedarf und bauliche Herausforderungen

Wie in vielen öffentlichen Institutionen gibt es auch im Justizvollzug einen Personalmangel. Die Ursache sieht Christl in strukturellen Entscheidungen der Vergangenheit: „Der Personalabbau im öffentlichen Dienst wurde vor 30 Jahren begonnen. Damals mag es Sinn gemacht haben, heute aber nicht mehr.“ Trotz der Herausforderungen lobt der Anstaltsleiter sein Team: „Wir haben in Ried eine niedrige Krankenstandsquote und ein engagiertes Team, das an einem Strang zieht.“ Auch die bauliche Substanz des Gefängnisses, das 1890 als modernste Anstalt Österreichs galt, erweist sich als robust. „Die Hütte fällt noch lange nicht zusammen“, erzählt Philip Christl schmunzelnd.

Gesamt: 151 Insassen, davon 142 Männer und neun Frauen Exekutivbedienstete: 54, davon elf Frauen Zivile Bedienstete: 15, davon elf Frauen

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