Schulplatz verloren: 14 Jugendliche mit Beeinträchtigungen stehen ohne Perspektive da
VÖCKLABRUCK. In Vöcklabruck verlieren 14 Jugendliche mit Beeinträchtigungen ihren Schulplatz – eine Lösung ist nicht in Sicht. Während Stadt und Land die Verantwortung hin und her schieben, wächst der Bedarf an Integrationsklassen rasant. Die Stadtgemeinde fühlt sich im Stich gelassen.

In Vöcklabruck droht 14 Jugendlichen mit Beeinträchtigungen ein ungewisses Schuljahr: Ihre Schulplätze fallen weg – und eine Lösung ist nicht in Sicht. Die Eltern wurden darüber bei einem Elternabend ohne Vorwarnung informiert. Während sie um die Zukunft ihrer Kinder bangen, schieben Stadt und Land die Verantwortung hin und her.
Die NEOS kritisieren die Situation scharf. Felix Eypeltauer, Landessprecher und Klubobmann der NEOS im oberösterreichischen Landtag: „Es ist inakzeptabel, dass 14 Jugendliche mit Beeinträchtigungen von einem Tag auf den anderen ohne Perspektive dastehen. Wir sprechen hier nicht nur über einen Schulplatz, sondern über ihre Chance auf Bildung, soziale Teilhabe und eine Zukunft. Dass Stadt und Land seit Jahren vom Platzmangel wissen und trotzdem keine Lösung erarbeitet wurde, ist verantwortungslos.“
Auch LAbg. Julia Bammer, Bildungssprecherin der NEOS, fordert ein schnelles Handeln: „Es kann nicht sein, dass die betroffenen Familien jetzt alleine gelassen werden.“ Die Situation sei seit Langem bekannt, dennoch würden sich die Zuständigen in Stadt und Land gegenseitig die Verantwortung zuschieben. „Wir fordern, dass Stadt, Land und Bildungsdirektion umgehend eine Lösung auf den Tisch legen, die den Jugendlichen den Schulbesuch im Herbst garantiert. Es muss rasch und entschlossen gehandelt werden, genau das erwarten wir jetzt von allen.“
Stadtgemeinde fühlt sich „im Stich gelassen“
Die Stadtgemeinde Vöcklabruck sieht sich hingegen mit einer dramatisch steigenden Nachfrage konfrontiert. Die Pestalozzischule, die 2021 unter Bürgermeisterin Elisabeth Kölblinger eröffnet wurde, wird von der Stadtgemeinde für den gesamten Bezirk erhalten. Während die Schülerzahlen in der Stadt konstant geblieben sind, hat sich die Zahl der Integrationskinder aus anderen Gemeinden im Bezirk fast verdoppelt. Waren es vor drei Jahren noch 329 Anträge auf sonderpädagogischen Förderbedarf, sind es mittlerweile 604.
Bürgermeister Peter Schobesberger (SP) weist die Kritik zurück, man hätte die Situation vorhersehen können: „Wir müssten pro Jahr zwei neue Klassenräume bauen. Es tut mir leid, aber das geht weder logistisch, noch erlauben das die gesetzlichen Fristen.“
Investitionen laufen, doch Genehmigungen fehlen
Die Stadt hat seit der Eröffnung der Schule bereits mehrere zusätzliche Klassen geschaffen, darunter zwei neue Räume im Jahr 2023 durch Umnutzung von Horträumlichkeiten. Zudem wurde eine zusätzliche Hortklasse in einem Schulcontainer errichtet. Eine Aufstockung des Schulgebäudes um sechs weitere Klassen ist bereits in Planung – die Hälfte der geschätzten 3,5 Millionen Euro soll die Stadt selbst tragen. Dennoch wartet Vöcklabruck seit vier Monaten auf eine Antwort aus dem Büro der Bildungslandesrätin.
Gleichzeitig bleibt der Platzmangel akut: Über zwanzig Erstklässler aus Vöcklabruck, die gerne die Pestalozzischule besuchen würden, müssen diesen Herbst auf andere Schulen ausweichen.
Fehlende integrative Arbeitsplätze verschärfen das Problem
Besonders problematisch ist, dass für Schüler mit Beeinträchtigungen nach der Schulzeit kaum integrative Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Bisher konnten freiwillige 11. und 12. Schuljahre noch ermöglicht werden – ab Herbst ist das nicht mehr möglich. Ein Problem, das nicht nur Vöcklabruck betrifft: Auch in anderen Integrationsschulen wie Gmunden gibt es seit Jahren keine zusätzlichen freiwilligen Schuljahre mehr.
Die dramatischen Zahlen sprechen für sich: Im vergangenen Jahr gab es für fünf Absolventen aus diesem Bereich nur einen einzigen integrativen Arbeitsplatz.
Bürgermeister Schobesberger macht die schwierige Lage der Stadt deutlich: „Die Stadt Vöcklabruck tut, was sie kann, um den sprunghaft steigenden Bedarf im Bezirk zu decken. Jedes Jahr bauen wir aus. Eigene Kinder werden abgewiesen. Integrative Arbeitsplätze fehlen. Jetzt hauen alle auf die Stadtgemeinde. Wir fühlen uns im Stich gelassen.“
Bildungslandesrätin Christine Haberlander (VP) begrüßt, dass der Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für Jugendliche mit Behinderungen im neuen Regierungsprogramm festgehalten ist. Der OÖ. Landtag habe dies bereits mehrfach gefordert. „Gleichzeitig wissen wir, dass die räumlichen Kapazitäten eine große Herausforderung darstellen werden“, erklärt sie gegenüber den OÖNachrichten.