Wieso geht ein 19-jähriger „HTLer“ nach der Matura nach Ghana, und was erlebt er dort? Wir haben Rafael Schmalzel dazu befragt.

LINZ/Jugendredaktion Ella, Lisa, Eva.
Rafael Schmalzel trägt ein fröhlich-buntes Hemd, als wir ihn zum Interview in einem kleinen Café, in dem es nach frischem Gebäck riecht, treffen. „Aus Ghana. Eine gemusterte Boxershort habe ich auch mitgenommen!“, verkündet er lachend und bestellt einen großen Braunen. Der 20-Jährige beschloss nach dem Abschluss der HTL, für ein Jahr in dieses Land zu gehen und dort ein Voluntariat zu machen. Seine Beweggründe? „Ich musste ja sowieso den Zivildienst machen“, zuckt er mit den Schultern, „Meine Mutter brachte mich dann auf die Idee und ich habe mich spontan bei „Volontariat bewegt“ für einen Zivilersatzdienst angemeldet.“ Die Organisation bietet jungen Erwachsenen die Möglichkeit, für zwölf Monate in einem Sozialprojekt mitzuarbeiten.
Händchen halten auf der Straße
Nach einigen intensiven Vorbereitungswochenenden ging es los nach Ghana. Hatte er Ängste oder Unsicherheiten? „Nein, eigentlich gar keine. Ich war nur gespannt darauf, wie es sein würde, plötzlich als Minderheit, als Fremder in einem Land zu leben.“, schildert Rafael. Doch die Afrikaner hätten ihn sehr offen und freundlich aufgenommen. Zusammen mit drei anderen Volontären wohnte er in einem Bungalow und arbeitete an einer Technical Senior High School als Elektronik-und Webdesignlehrer. Bei der Frage nach den Herausforderungen des Aufenthalts zuckt der sympathische Steyrer verlegen die Schultern. „Tests zusammenstellen mag ich gar nicht.“ Mit der fremden Kultur hatte er keine Schwierigkeiten. Wenn er von seinen Erlebnissen schildert, zeigt sich seine Liebe für die ghanaische Bevölkerung. „Christen und Muslime leben religiös, aber sehr friedlich nebeneinander“, erzählt er. „Überall bekommt man Wasser angeboten. Und manchmal kann man befreundete Männer oder Frauen auf der Straße sehen, die Händchen halten. Das ist irgendwie süß!“
Kulinarik und Kultur
Vor allem das Essen habe es ihm angetan. Meist kochen die Frauen in der eher traditionellen Rollenaufteilung Ghanas. Es gibt Fleisch und Reis zu jeder Mahlzeit, Mais und Bohnen, Cashews, Eintöpfe, Maniokwurzel und „Fufu“, ein Nationalgericht. Auf zahlreichen kleinen Straßenständen werden verschiedenste Produkte und kulinarische Leckerbissen verkauft. Die Kultur sei ganz anders, meint Raffael, als Unterschiede zu Österreich fallen ihm spontan die schwer bewaffnete Polizei und das ghanaische Schönheitsideal ein. „Dicke Frauen gelten als schön.“
Freizeit und Reisen
Während wir mit ihm sprechen, surrt eine Fliege um seinen Kopf. Mit einer einzigen Handbewegung fängt er sie geistesabwesend ein und zeigt sich gleich darauf darüber bestürzt. „Das wollte ich nicht, ich wollte die gar nicht umbringen!“ Wir beruhigen ihn und fragen nach seinen Freizeitbeschäftigungen. „Nach der Schule habe ich oft mit den Schülern Fußball gespielt oder Computer repariert. Eigentlich gab es immer etwas zu tun.“ Er zeigt uns ein traditionelles Spiel mit klackernden Samen als Spielsteinen und einige Fotos, auf denen die Schule und seine Schüler zu sehen sind. Raffael wollte auch etwas mehr von Ghana sehen, deshalb reiste er in den Ferien. Er besuchte Küste und Regenwald; war mit den typischen kleinen Bussen unterwegs.
Erinnerung, die bleibt
Wir wollen wissen, ob sein Aufenthalt irgendetwas verändert hat. „Verändert nicht“, sagt er bescheiden. „Aber ich hoffe, ich konnte den Schülern etwas fürs Leben mitgeben.“ Persönlich habe das Volontariat sein Interesse an anderen Kulturen und am Reisen erweckt. Er würde nicht ein zweites Mal in dasselbe Land gehen, aber er könnte sich vorstellen, noch einmal etwas Ähnliches zu machen. Nach dem Einsatz war es ein wenig schwer, in das gewohnte Umfeld zuhause zurückzukehren. Und was vermisst Rafael aus Ghana am Meisten? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Dass man nicht überall Essen kaufen kann!“
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